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KLIMA/355: Zentralamerika - Klimawandel bedroht Landwirtschaft, Ernährung und Wasserversorgung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. November 2014

Zentralamerika: Klimawandel bedroht Landwirtschaft, Ernährung und Wasserversorgung - Staaten sollen Gefahren auf der COP20 Priorität einräumen

von Diego Arguedas Ortiz


Bild: © Diego Arguedas Ortiz/IPS

José Alberto Chacón pflanzt in Costa Rica Bohnen auf Terrassen an
Bild: © Diego Arguedas Ortiz/IPS

San José, 27. November (IPS) - Beunruhigt über die negativen Folgen der globalen Erwärmung für die Landwirtschaft, Wasserversorgung und Nahrungssicherheit Zentralamerikas haben zivilgesellschaftliche Organisationen die Staaten der Region aufgefordert, diesen Herausforderungen auf der Vertragsstaatenkonferenz (COP20) der UN-Klimarahmenkonvention im Dezember in der peruanischen Hauptstadt Lima Priorität einzuräumen.

"Zentralamerikanische Organisationen, die sich für Klimagerechtigkeit, Nahrungssicherheit und nachhaltige Entwicklung einsetzen, haben ihre gemeinsamen Positionen abgesteckt", berichtete Tania Guillén, Expertin für Klimaschutz des Nicaraguanischen Humboldt-Zentrums. Ziel der Organisationen sei es nun, Einfluss auf die zentralamerikanischen Regierungen zu nehmen, damit diese auf der COP20 die Interessen der regionalen Gesellschaften angemessen verträten.

Wie Guillén weiter betonte, soll ein zentralamerikanischer Dialog garantieren, dass die Anpassung an die Klimaveränderungen zum Eckpfeiler eines neuen Abkommens wird. Zudem gelte es Wege zu finden, um die bereits verursachten Klimaschäden auszugleichen. "Studien zeigen, dass die Region zehn Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Beseitigung der Schäden durch den Wirbelsturm 'Mitch' ausgegeben hat", sagte sie. Der Hurrikan, bei dem 1998 Tausende Menschen in Zentralamerika ums Leben gekommen und Sachschäden in Höhe von Milliarden US-Dollar entstanden waren, markiere den Beginn eines Risikomanagements in der Region.


'Erklärung von Zentralamerika'

Am 14. November verabschiedeten Umweltorganisationen wie die Zentralamerikanische Allianz für Resilienz, der Regionale Solidarpakt für Klimamanagement und das Forum Verletzliches Zentralamerika auf einer Konferenz zu den Folgeschäden eine gemeinsame Erklärung. Darin verlangen sie unter anderem, dass die sieben Regierungen der Region die 'Erklärung von Zentralamerika' auf dem Treffen in Lima in der ersten Dezemberhälfte unterstützen.

Eine ähnliche Forderung hatte bereits im September das Fünfte Regionaltreffen 'Schutzloses Zentralamerika, vereint fürs Leben' gestellt. Die Anliegen der Zivilgesellschaft sind durch Studien abgesichert, denen zufolge das zwischen zwei Ozeanen gelegene Zentralamerika den Auswirkungen der Klimaveränderungen kaum etwas entgegensetzen kann.

In dem 2012 veröffentlichten Bericht über die wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels für Lateinamerika hatte die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) prognostiziert, dass die Niederschläge in der Region bis zum Jahr 2100 um mindestens elf Prozent zurückgehen werden. In diesem Jahr hat ein Report des Weltklimarats der Vereinten Nationen diese Vorhersage bestätigt.

Dem Agrarsektor drohen verheerende Verluste. Wenn die globale Erderwärmung in der bisherigen Geschwindigkeit fortschreitet, könnten die negativen Folgen für die Agrarwirtschaft nach CEPAL-Schätzungen zu einem Absinken des zentralamerikanischen Bruttoinlandsprodukts um fast 19 Prozent führen.


Masterplan für Flussbeckengebiete in Costa Rica

Die Zivilgesellschaft will dem nicht tatenlos zusehen. In Costa Rica arbeitet das Zentrum für Tropische Landwirtschaft und Höhere Bildung (CATIE) mit den Behörden zusammen, um einen Plan für die Bewirtschaftung von Flusseinzugsgebieten umzusetzen. Der Plan bezieht sich unter anderem auf den Barranca-Fluss, der durch produktives Agrarland verläuft, bevor er in den Pazifik mündet.

Bild: © Neil Palmer/Ciat

Honduranischer Bauer auf seinem Maisfeld
Bild: © Neil Palmer/Ciat

"Wir entwickeln einen Masterplan für das Gebiet und achten dabei verstärkt auf künftige Klimaszenarien", erläuterte die CATIE-Koordinatorin Laura Benegas. Das Forschungszentrum führt zudem ein ambitioniertes Programm zum Schutz und zur Verbesserung von Saatgut durch, das in Costa Rica die Nahrungssicherheit gewährleisten soll.

Die Regierung des Staates Belize, der zurzeit den Vorsitz des Zentralamerikanischen Integrationssystems (SICA) innehat, sicherte den Umweltgruppen bereits zu, dem Kampf gegen den Klimawandel Priorität einzuräumen. Die Organisationen sind dennoch skeptisch, ob die Delegationen bei COP20 diese Position bei den Gesprächen in Lima tatsächlich vertreten werden. "Die Zivilgesellschaft hat darauf keinen Einfluss", meinte Alejandra Granados, Vorsitzende der costaricanischen Organisation 'CO2.cr'.


Regionale Allianzen

Zum Vorteil gereicht Zentralamerika immerhin der Umstand, dass Costa Rica derzeit den Vorsitz der Unabhängigen Allianz Lateinamerikas und der Karibik führt, eines Zusammenschlusses von Staaten mit mittleren Einkommen, die gemeinsam mit der UN-Klimarahmenkonferenz auf eine Initiative zur Anpassung an den Klimawandel dringen. Dieser Gruppe gehören Chile, Guatemala, Kolumbien, Panama und COP20-Gastgeber Peru an.

Während eines Treffens am 23. September am UN-Hauptsitz in New York verpflichteten sich die Staaten Zentralamerikas auf umweltfreundlichere Wirtschaftsstrategien. Costa Rica bekräftigte seinen Vorsatz, bis spätestens 2021 kohlenstoffneutral zu sein. Nicaragua versprach in erneuerbare Energien zu investieren und Guatemala sagte zu, zwischen 2016 und 2020 rund 3,9 Millionen Hektar Land wiederaufzuforsten.


Honduras am stärksten gefährdetes Land

Anders als die Industriestaaten und Schwellenländer trägt Zentralamerika kaum zum Klimawandel bei. Während China und die USA gemeinsam 45 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen produzieren, kommt Zentralamerika auf einen Anteil von lediglich 0,8 Prozent.

Gemäß dem Globalen Klimarisiko-Index von 'GermanWatch' zählen jedoch drei zentralamerikanische Länder zu den zehn Staaten der Welt, die im Zeitraum 1993 bis 2012 am stärksten von den Klimaveränderungen betroffen waren. An erster Stelle auf der Liste steht Honduras. Nicaragua nimmt den vierten und Guatemala den zehnten Platz ein, gefolgt von El Salvador (13), Belize (22), Costa Rica (66) und Panama (103). (Ende/IPS/ck/2014)


Links:

http://www.ipsnews.net/2014/11/central-american-civil-society-calls-for-protection-of-local-agriculture-at-cop20/
http://www.ipsnoticias.net/2014/11/sociedad-centroamericana-pide-proteger-su-agricultura-en-cop-20/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 27. November 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. November 2014