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KLIMA/406: Mangelndes Wissen - Gerade Bewohner gefährdeter Staaten unterschätzen Risiken (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. August 2015

Klima: Mangelndes Wissen - Gerade Bewohner gefährdeter Staaten unterschätzen Risiken

von Kitty Stapp


Bild: © Jason DeCrow/CC BY SA/2.5

Hurrikan 'Sandy' führte zu schweren Überschwemmungen, wie hier in Lindenhurst auf Long Island nahe New York
Bild: © Jason DeCrow/CC BY SA/2.5

NEW YORK (IPS) - Etwa 40 Prozent aller Erwachsenen weltweit haben das Wort 'Klimawandel' noch nie gehört. Die meisten sind sich jedoch darüber im Klaren, dass mit dem Wetter irgendetwas nicht stimmt. Dies geht aus einer Untersuchung hervor, die 119 Länder abdeckt.

Der Studie zufolge, die auf Gallup-Umfragen basiert und in der Fachzeitschrift 'Nature Climate Change' erschienen ist, gibt in erster Linie der Bildungsstand einer Person den Ausschlag dafür, inwieweit sie über das Phänomen des Klimawandels Bescheid weiß. Wer versteht, dass das Problem ein vom Menschen gemachtes und kein Naturphänomen ist, nimmt die mit dem Klimawandel verbundenen Gefahren demnach stärker wahr.

Letzteres hat sich vor allem in Lateinamerika und Europa bewahrheitet. In Afrika und Asien hingegen haben die Veränderungen der lokalen Temperaturen selbst die Wahrnehmung geschärft. Die Untersuchung fand ferner heraus, dass das Bewusstsein über das Problem sehr unterschiedlich ist. Zum Beispiel hatten zwei Drittel der befragten Ägypter, Bangladescher und Nigerianer noch nie vom Klimawandel gehört. In Nordamerika, Europa und Japan sind hingegen mehr als 90 Prozent der Bevölkerung informiert.


Klimagefahren müssen besser kommuniziert werden

Die Studie offenbart, wie notwendig maßgeschneiderte Klima-Kommunikationsstrategien für einzelne Länder sind. Es bestehe ein dringender Bedarf an Basiswissen, einer Vermittlung von Klimakenntnissen und einem öffentlichen Verständnis der lokalen Auswirkungen der Klimaveränderungen, um in der Bevölkerung Unterstützung für Gegenmaßnahmen zu gewinnen, heißt es in dem Bericht.

"Nicht zu wissen, in welchen Gefahren man schwebt, bedeutet eine noch größere Gefahr, weil man keine Vorkehrungen treffen kann", wurde Anthony Leiserowitz, Leiter des 'Yale Project on Climate Change Communication', von der 'Time' zitiert.

Untersuchungen zeigen, dass in den USA Parteizugehörigkeit und Ideologie wichtige Faktoren in Bezug auf die Einschätzung von Klimaproblemen sind. "Wenn US-Amerikaner einen höheren Bildungsabschluss haben, bedeutet das nicht zwingend, dass sie wissenschaftliche Forschungsergebnisse verstehen und akzeptieren", so Leiserowitz. Sie neigten vielmehr dazu, die Fakten herauszupicken, die ihren eigenen Überzeugungen entgegenkommen.

Für die US-amerikanischen Leugner des Klimawandels könnte es bald ein böses Erwachen geben. In derselben Ausgabe von 'Nature Climate Change' wird davor gewarnt, dass sich durch den Anstieg des Meeresspiegels, durch heftigere Stürme und stärkere Niederschläge die Risiken für die Bewohner großer Städte wie Boston, New York, Houston, San Diego und San Francisco gleich dreifach erhöhen werden.

Angesichts der Tatsache, dass fast 40 Prozent der US-Bevölkerung in Küstennähe lebten, hätten Überschwemmungen in den für gewöhnlich tief liegenden, dicht bevölkerten und hochentwickelten Gebieten verheerende Auswirkungen mit weitreichenden sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Konsequenzen.


Überschwemmungsschäden in Höhe von einer Billion Dollar

Vor zwei Jahren hatte die Weltbank in einer Studie gewarnt, dass die Flutschäden in den weltweiten Küstenstädten angesichts der fortschreitenden Erderwärmung und zunehmenden Klimaanomalien bis 2050 mit jährlich insgesamt bis zu einer Billion US-Dollar zu Buche schlagen dürften. Allein auf die vier Städte New Orleans, Miami, New York und Guangzhou könnten mehr als 40 Prozent dieser Kosten zukommen.

Andrea Thompson von der unabhängigen US-Klimainformationsorganisation 'Climate Central' meint dazu: "Die Wand aus Meereswasser, die die Winde eines Sturmsystems vor sich herschieben, können zusammen mit heftigen Regenfällen die Überschwemmungen auf zweierlei Weise verschlimmern. Niederschläge im Landesinnern verschärfen die Folgen der Sturmflut oder aber Wellen erhöhen den Wasserstand so sehr, dass der Abfluss des Regenwassers verhindert wird. In dem Fall sammelt sich das Wasser in den Straßen und dringt in die Häuser ein."

Viele Bundesstaaten der USA und Inselstaaten der Karibik haben die katastrophalen Auswirkungen von Wetterextremen bereits zu spüren bekommen. 2012 fegte beispielsweise der Hurrikan 'Sandy' über Jamaika, Kuba, die Bahamas und die Vereinigten Staaten hinweg. Auch in New York wurden Straßen, Tunnel und U-Bahnstrecken überflutet. In der gesamten Stadt fiel der Strom aus. Allein in den USA belief sich der Schaden auf etwa 65 Milliarden Dollar.

Der Autor der in 'Nature Climate Change' veröffentlichten Studie, Thomas Wahl, Wissenschaftler an der University of South Florida, empfiehlt Stadtplanern und Ingenieuren, solche Ereignisse in ihre Pläne zur Katastrophenhilfe aufzunehmen. (Ende/IPS/ck/06.08.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/07/nations-most-at-risk-have-least-familiarity-with-term-climate-change/

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IPS-Tagesdienst vom 6. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. August 2015

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