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LANDWIRTSCHAFT/057: Ugandas Palmöl (Expedition nachhaltige Entwicklung)


Expedition nachhaltige Entwicklung

Ugandas Palmöl
Eine Recherchereise im April 2013

Von Jonathan Happ und Kathy Becker



Nachdem Indonesiens Wälder nahezu komplett gerodet und in monotone Palmölplantagen umgewandelt wurden, ist Wilmar, der größte Palmölproduzent der Welt, dabei in Afrika die gleichen lukrativen Geschäfte zu machen - Urwaldzerstörung und Verletzung der Rechte der Menschen vor Ort inklusive. Katja Becker und Jonathan Happ haben auf einer Recherchereise durch Uganda diese Entwicklung dokumentiert. In Uganda firmiert Wilmar als Bidco.

Plastikkanister mit der Aufschrift Bidco - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 1: Bidco Produkte. Die alten Bratfettkanister, die einen wichtigen Bestandteil der ugandischen Küche ausmachen, werden überall im Land als Wasserkanister weiter verwendet. Hier im Hintergrund eine gerodete Fläche.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ


08.05.2013 - Wenn es Abend wird in Kampala, verwandeln sich die Straßenseiten der ugandischen Hauptstadt zu kilometerlangen Essenspromenaden. Überall werden kleine Holzkohleöfen und Grills herausgeholt, auf denen in Töpfen und Pfannen auf heißer Flamme Chapatis, eine Pfannkuchen-ähnliche Speise, Hühnchen und Pommes gebraten, gegrillt und frittiert werden. Alle Speisen sind fetttriefend und neben jedem Stand steht ein immer gleichaussehender 10 bis 20 Liter Speiseölkanister, aus dem fröhlich nachgekippt wird. Diese Speiseöle sind fester Bestandteil der lokalen Küche, in Supermärkten füllen sie ganze Regalwände.

Doch die Öle, die von hoher Bedeutung für die Ernährungssicherheit sind, müssen zu großen Teilen aus dem Ausland importiert werden, da es nur wenig Flächen in dem afrikanischen Land gibt, auf denen Sonnenblumen, die klassische Ausgangspflanze, angebaut werden. Zudem fehlt es auch an entsprechender Verarbeitungsindustrie.

Verkaufsstand einer Bäuerin mit Bananenstauden - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 2: Ein wichtiges Grundnahrungsmittel in Uganda
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Um diesem Problem entgegenzugehen, wurden von Regierungsvertretern bereits 1995 erste Strategien und mögliche Allianzpartner gesucht. Der Kernansatz lag schon damals in der Kultivierung von Palmenöl, einer eigenen Palmengattung, die murmelgroße, dunkelrot glänzende Früchte trägt. Presst man diese aus, erhält man ein Öl, dass sich sowohl zu Speiseölen als auch als Treibstoffträger, Stichwort E10, verarbeiten lässt. Ursprünglich stammt die Palmensorte aus Westafrika, wurde aber durch Agrarforscher stark weiterentwickelt und insbesondere in großem Maßstab in Indonesien angepflanzt. Den Verantwortlichen in den Ministerien schwebte ein in der Dimension ähnlicher Anbau wie in dem asiatischen Land vor, in dem ganze Landstriche komplett umkultiviert werden sollten. Und somit lag der erste Partner auf der Hand - Wilmar, der wohl weltgrößte Palmenölproduzent sollte auch in Uganda die Handelsgeschäfte übernehmen.

Luftbild von Plantagenpflanzungen - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 3: "Bereinigte Landschaft"
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ


Wilmar heißt hier Bidco

In Uganda tritt Wilmar unter dem Namen Bidco auf. Der Konzern bringt zum einen sämtliches Wissen in die Partnerschaft ein und stellt andererseits wesentliche Ressourcen bereit. Dies sind insbesondere die Setzlinge der Pflanzen, die Fabrik zum Auspressen der Frucht, die auf dem Festland in Jinja gelegene Raffinerie und die benötigten Düngemittel. Als Austausch für sein Engagement wurde Bidco von seiten der ugandischen Regierung eine Gesamtfläche von 26.500ha versprochen, von denen bereits 6.500ha auf der Bugala Insel übergeben wurden.

Karte der Insel Bugula (oder auch Bugala) links zeigt seit 1998 vernichtete Waldflächen und Restwald, Karte rechts zeigt Gebiete mit Bidco-Ölpalmen, Ölpalmen von Kleinbauern und Restwaldflächen - Grafik: © Ministry of Agriculture, Animal Industry and Fisheries, 2011 (Republic of Uganda)

Abb. 4: Die Ssese-Inselgruppe im Victoriasee beheimatete einst unzählige Vogelarten und einen besonders dichten Regenwald - jetzt stehen hier Ölpalmen ordentlich in Reih und Glied.
Quelle: Kalangala District Statistical Abstract 2010: Bugula Island Oil Palm Development
Grafik: © Ministry of Agriculture, Animal Industry and Fisheries, 2011 (Republic of Uganda)

Diese Insel, die die Provinzhauptstadt Kalangala beheimatet, war vor Projektbeginn noch ein abgeschiedenes Tropenparadies von rund 30.000 Hektar im Victoriasee, die inmitten der Ssese-Inselgruppe liegt. Der Name ist auf eine Plage der TseTse-Fliege im ausklingenden 19ten Jahrhundert zurückzuführen, aufgrund derer nahezu die gesamte Inselbevölkerung auf das Festland ausgewandert ist. Auch deswegen war die Insel nur relativ dünn besiedelt und zeichnete sich durch einen bemerkenswerten, dichten Regenwald aus, der unzählige Vogelarten beheimatete und fast das gesamte Land bedeckte. Zu riesigen Teilen wurde dieser einmalige Lebensraum inzwischen abgeholzt; ordentlich reihen sich nun Palmen in Reih und Glied. Für Bidco arbeiten hier nun 1500 Arbeiter.

Wald mit dichtem Unterholz - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 5: Einst bedeckte dichter Regenwald fast das gesamte Land
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Der überwiegende Teil von ihnen stammt ursprünglich nicht von der Insel, sondern ist aus den nördlichen Regionen Ugandas teilweise mit ihren Familien zusammen zugezogen. Die Hoffnung auf gut bezahlte Arbeitsplätze und den damit verbundenen Weg aus der Armut ist aber leider nicht aufgegangen.

"Wir verdienen pro Tag 3.500 UgSh (etwas mehr als ein Euro). Von diesem Geld werden am Monatsende unsere Gummistiefel, unsere Macheten und unsere verbrauchten Nahrungsmittel abgezogen, sodass wir vielleicht 30.000 UgSh in bar ausgezahlt bekommen" erzählt uns Ken, der bereits seit 1,5 Jahren für Bidco arbeitet. Warum er die Arbeit nicht einfach niederlegt und wieder in seine Heimatregion zurückkehrt, beantwortet er mit einem schiefen Lächeln: "Die Heimreise kostet mich über 60.000 UgSh und ich kann dort doch nicht mit leeren Händen auftauchen."

Ein Arbeiter sitzt vor einem Plastikplanenzelt an einer Kochstelle; zwei Bidco-Kanister, barer Boden, im Hintergrund Gras - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 6: Die Arbeiter, die für Bidco den Urwald roden und anschließend die Palmen-Setzlinge pflanzen, hausen unter unvorstellbar miserablen Bedingungen in Zelten aus Plastikplanen, die der Konzern ihnen zur Verfügung stellt.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

'WELCOME TO THE LAND OF PEACE, PALMS AND PROSPERITY' (Willkommen im Land des Friedens, der Palmen und des Wohlstands) verspricht ein großes Schild vor dem bemalten Haus und preist 'Fortune Butto' in Tüten an - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 7: Bidcos Versprechen. Einige Häuser wurden fürs hier übliche Marketing mit Produktwerbung von Bidco bemalt. BUL ist die Abkürzung für "Bidco Uganda Ldt". In Kalangla selbst gibt es lediglich zwei Bidco Produkte zu erwerben. Bidco hat bei Projektbeginn den Bau eines Produkteshops in Kalangala versprochen, damit auch die Menschen hier Zugang dazu bekommen.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

In Uganda gibt es zudem Arbeitsschutzgesetze mit klaren Aussagen über maximale Arbeitstage und -stunden, Mutterschutz, Krankengeld und Urlaub. Für uns ist es wirklich schwer nachzuvollziehen, wie sich ein internationaler Konzern, gefördert durch die Weltbank und andere private, internationale Investoren, diesen staatlichen Vorschriften komplett entziehen kann.

Denn den Aussagen verschiedenster Arbeiter nach bekommen die Frauen weder einen bezahlten Mutterschutz noch werden die vorgeschriebenen maximalen Arbeitszeiten eingehalten. Im Gegenteil, der Konzern "belohnt" sogar die Arbeiter, die 24 Tage am Stück durchgearbeitet haben mit einem 10kg Sack Maismehl, also einem Gegenwert von ca. 10.000 UgSh.

Notdürftige Behausungen und ein Unterstand mit Plastikplame unter dem einige Menschen auf Bänken sitzen, barer Boden, zwei Hühner, eine Kochstelle, im Hintergrund der See mit niedrig bewachsenem Ufer - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 8: Lebensbedingungen von Bidco-Arbeitern. Diese Arbeiter wandern mit den Feldern, auf denen Bidco neu anpflanzt. Da diese Arbeiten seit ca. einem Jahr abgeschlossen sind, haben diese Menschen seit dieser Zeit keine Arbeit mehr und bekommen somit auch kein Gehalt.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Es gibt zwei Formen von Arbeitern auf den Palmölplantagen von Bidco. Zum einen die Rodungseinheit, die durch das Land zieht und direkt neben den zu rodenden Flächen ihre Zelte aufbaut. Dort leben sie über Monate unter für uns unvorstellbaren Umständen, roden zunächst die Gesamtfläche und pflanzen anschliessend die Setzlinge an. Warum sie nicht in Steinhäusern wie die anderen Arbeiter leben, findet Ken schon nachvollziehbar, da sie ja immer den Ort wechseln müssen. Er wird erst nachdenklich als wir die Gesamtfläche der Insel benennen, auf der wir uns hier befinden und die derzeit noch das einzige Anbaugebiet von Bidco ist. Mit einem Fahrzeug lässt sich die Insel innerhalb einer Stunde komplett durchqueren - kann es so schwer sein, einen entsprechenden Transport für die Arbeiter zu organisieren?

Arbeitersiedlung im Nirgendwo: Gebäudekomplex inmitten endloser Anpflanzungen - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 9: Isolierte Arbeiterhäuser in den Plantagen. Die Arbeiterhäuser liegen isoliert in den Plantagen, abgeschnitten von den lokalen Märkten, Gesundheits- oder Bildungseinrichtungen. Auch hier haben wir Kinder angetroffen.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Die zweite Gruppe sind die Arbeiter, die die Plantagen später bewirtschaften, also insbesondere die Ernte einbringen. Die Wohnhäuser der Arbeiter befinden sich oftmals mitten in den Plantagen und sind von Märkten, Schulen oder Krankenstationen weitestgehend abgeschnitten. Sowohl die schulische Ausbildung der Kinder, die von den Arbeitern oftmals mitgebracht werden, als auch die ärztliche Versorgung ist für die Arbeitercamps nur rudimentär vorhanden, da Bidco über keine eigenen Ressourcen in diesem Bereich verfügt. Bis jetzt hat Bidco weder eine Schule noch ein Gesundheitszentrum eröffnet, obwohl dies wohl eine der ersten Versprechungen war.

Qualmende Industrieanlage mit zahlreichen Becken, dazwischen Sandwege - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 10: Ölmühle von Bidco. Offene Becken mit stinkenden Produktionsresten. Laut der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation NAPE besteht hier die Gefahr, dass die Becken bei Regen überlaufen können. Außerdem haben sie Sorge, dass schädliche Reste ins Grundwasser versickern.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ


Nicht alle Palmen gehören Bidco

Aber nicht alle Palmen auf Kalangala gehören Bidco. Es gibt noch eine zweite Flächenart für Palmenöl. Die Flächen der sogenannten "Outgrower" oder "Small-Scaled-Farmer"; also Kleinbauern, die auf eigenes Risiko auf eigenem Land die Pflanze kultivieren. Dies sind circa 1.500 Kleinfarmer, die mittlerweile eine Fläche von 3.500ha bewirtschaften. Um diese zum Mitmachen zu bewegen, wurde die Weltbank mit ins Boot geholt. Über ihre Unterorganisation IFAD stellt sie beträchtliche Gelder zur Verfügung um den Farmern Kleinkredite zur Verfügung zustellen, die ab Erntebeginn, also nach ca. drei Jahren, zurückgezahlt werden müssen. Die Farmer bekommen nach Vertragsunterzeichnung einen Kredit, mit dem sie ihre Landflächen roden, ihre Setzlinge kaufen, ihren Pestizid- und Düngemitteleinsatz finanzieren und sich zudem auch Nahrungsmittel leisten müssen, da sie dafür nun kein Land mehr zur Verfügung haben. Dieser Kredit bringt bei den meisten vorerst einen gewissen Wohlstand, wir sehen viele Steinhäuser und auch Solarplatten auf den Dächern, von denen hier vor Projektbeginn niemand träumen mochte.

Ein Bauer hockt auf dem Boden mit Palmfrüchten, in der Hand eine Machete - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 11: Kleiner Outgrower: "Meine Brüder und ich waren früher Fischer. Als der Fischfang schwierig geworden ist haben wir versucht, Kaffee anzubauen. Der ist aber nicht gut gewachsen, hier auf meinem Land. Die Ölpalmen wachsen aber gut. Ich verdiene gut, konnte sogar ein neues Steinhaus bauen, seit ich die Früchte ernte." Das einzige Problem, welches er mit Bidco hat, ist der Transport der Früchte. Er beklagt, dass der Transport oftmals nicht am versprochenen Tag passiert und somit seine Früchte vergammeln. Dafür bekommt er dann kein Geld mehr.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Doch mit der Vertragsunterzeichnung verpflichtet sich der Farmer, für 25 Jahre Palmöl auf seinem Land anzubauen. Es ist einem Bauern nicht gestattet, sich aus dem Anbau von Palmenöl zurückzuziehen. Sollte ein Farmer vor Ablauf aus dem Vertrag ausscheiden wollen, ist er zum sofortigen Auszahlen sämtlicher Schulden verpflichtet. Kann er dies nicht finanzieren, gleichzeitig aber auch nicht seine Felder gewinnbringend bewirtschaften und die Kultivierung somit nicht fortsetzen, verliert er den Besitz der Pflanzen, welche dann an die Kalangala Oil Palm Trust Association (KOPGT) übergehen, einer wiederum staatlichen Organisation. Er bleibt dann zwar formal im Besitz seiner Flächen, hat aber keinerlei Rechte über die Zeit bis hin zum Ende des Vertrags, diese zu bewirtschaften oder die Ölpalmen zu entfernen. Die Pflege und Ernte des Palmölbestands wird in dem Fall komplett durch die Organisation übernommen.

Ein weiteres Zukunftsproblem der Outgrower ist, dass Bidco der einzige Abnehmer von Palmöl in Kalangala und in Uganda ist. Dadurch kann das Unternehmen die Abnahmebedingungen diktieren und unterliegt keinem Wettbewerb. Einige Farmer klagen: "Oftmals werden die geernteten Früchte nicht an den vereinbarten Tagen abgeholt, wodurch ein großer Teil am Straßenrand vergammelt. Den Verlust müssen wir dann vollständig tragen. Durch den fehlenden Wettbewerb kann der Preis diktiert werden und bietet dadurch keine langfristige Sicherheit für uns Farmer".

Diese Aussagen decken sich mit der Tatsache, dass über die letzten drei Jahre der örtlich bezahlte Kilo-Preis deutlich gesunken ist. Anzumerken ist dabei aber, dass es einen versprochenen Minimalpreis in Höhe von 200 Shilling pro Kilo gibt, der bislang eingehalten wird.

Laster mit Palmfrüchten, ein Bauer steht mit auf der Ladefläche - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 12: Transport der Früchte. Der Transport der Früchte wird durch Bidco/KOPGT durchgeführt. Es gibt eine Gebietsaufteilung, an welchen Tagen welche Orte angefahren werden.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Ein weiterer Diskussionspunkt stellt die Akquirierung der Landflächen für Bidco dar. Der Landbesitz in Kalangala ist relativ unübersichtlich, da vor drei bis vier Generationen viele der Landbesitzer aufgrund der Tsetse-Epedemie die Insel verlassen und sich auf dem Festland niedergelassen haben. Nachdem unter anderem durch die Regierung Programme gegen die Epidemie unternommen wurden, hat sich in einer neuen Generation die Insel wieder besiedelt, ursprüngliche Landbesitzer sind oftmals aber nicht zurückgekehrt.


Kleinbauern enteignet

In der ersten Projektierungsphase um das Jahr 1995 planten die staatlichen Projektmanager, die Flächen, die sie vertraglich für Bidco bereitstellen mussten, zu schaffen, indem sie den staatlichen Schutz von bestehenden Waldreservaten aufheben, um diese dann anschließend abholzen zu können. Doch auf dieses Vorhaben mussten sie später verzichten, denn die IFAD, die Kredite für das Projekt bereitstellt, hat in einer damaligen Politikänderung beschlossen, dass bei finanzierten Projekten keinerlei geschützter Regenwald zerstört werden darf. Daraufhin haben die Projektmanager einen Strategiewechsel durchgeführt und den Ankauf von Flächen fokussiert, die sich in dem Besitz von Menschen befinden, die zu dem Zeitpunkt nicht auf Bugala wohnten und entsprechende Landtitel über mehrere Generationen hinweg vererbt bekommen haben.

Doch es ist eine Fehlannahme, wenn man glaubt, dass das Land, nur weil der Besitzer fernab lebt, nicht bewirtschaftet wird. Es ist in Uganda nahezu üblich, dass sich Menschen auf freien Ländereien niederlassen, ihr Haus oder ihren Garten auch ohne Besitzurkunde auf dem Land haben. Viele Menschen wissen nicht einmal, dass es einen wirklichen Landbesitzer von dem von ihnen bewirtschafteten Land gibt, da sich dieser nie hat blicken lassen. Sie hoffen oder nehmen irrtümlich an, dass es sich um "Community-Land", Gemeinschaftsflächen handeln würde, auf denen man sich ansiedeln darf. Genau dies ist auf Bugala mehrfach passiert. Und genau dieses Land, ist nach Aussage zahlreicher Kleinbauern, ist ihnen, ohne vorher informiert worden zu sein, vom Staat weggenommen und an Bidco übergeben worden. Dabei verloren sie seit mehreren Jahren erfolgreich bestellte Felder mit Kaffeepflanzen, Kasava oder Süsskartoffel, womit ihnen und ihrer Familie die Lebensgrundlage entzogen wurde.

"Die Rodungen kamen für uns überraschend, plötzlich kamen die großen Maschinen und entwurzelten Bäume und zerstörten unsere Pflanzen", erzählt uns John. Dieser Vorgang wurde in der Regel von Polizisten in Uniformen mit Gewehren begleitet und geschützt, ein direktes Eingreifen hat sich daher niemand getraut. Beschwerden und Rückforderungen bei den Ministerien wurden nur teilweise versucht und nicht mit Erfolg gekrönt. John ist bis nach Kampala weitergereicht worden, um dann hier vor einer korrupten Front zu kapitulieren. Dem Farmer wurden die Landflächen bereits im Jahr 2010/2011 genommen.

Bauer zeigt von einer Anhöhe aus über weite Landflächen; im Hintergrund Lake Vitoria - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 13: Vertrieben. "Dieses Land gehörte dem Farmer John, hier hat er Kaffee angebaut und gut davon gelebt. Nun seht ihr, alles weg, alles Palmöl" erzählt uns dieser Bauer, der ebenfalls eine große Landfläche direkt nebenan verloren hat.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ


Riesige Plantagen statt ertragreiche Gärten

Weder er, noch irgendein anderer von uns besuchter Farmer hat eine Zahlung erhalten, die diesen Verlust kompensiert hätte. Ebenfalls wurden keine Ausweichflächen für die Betroffenen zur Verfügung gestellt, sodass sie nun viel weniger Landfläche zur Verfügung haben und oftmals einem neuen Gewerbe nachgehen bzw. zusätzliche Nahrungsmittel auf dem Markt einkaufen müssen.

Die Regierung und die Ministerien, die wir aufgesucht und eine Stellungsnahme erbeten haben, bestreiten diesen Vorgang vehement und bleiben bei ihrer Version, dass nur unkultiviertes Land an Bidco übergeben wurde. Eine erstaunliche Aussage, wenn man das offizielle Schreiben betrachtet, das John nachträglich erhalten hat. In diesem wird er aufgefordert, sämtliches von ihm bewirtschaftete Land zu räumen.

Andere Farmer, die Land besessen haben, wurden teilweise im Vorfeld gefragt, ob sie bereit seien, Ölpalmen auf ihrem Land anzubauen. Doch selbst einem Farmer, der an dem Projekt teilnehmen wollte, wurde das Land genommen, eine grosse Plantage von Bidco ersetzt nun den einstmals ertragsreichen Garten.

Das Ölpalm-Projekt wurde von der Weltbank finanziell unterstützt, um dem armen Bevölkerungsteil der Insel, der zuvor vom Fischfang gelebt hat, eine nachhaltige Einkommensmöglichkeit zu schaffen. Doch vorrangig scheinen nach Aussage einer Farmerin insbesondere einflussreiche Menschen und Politiker von dem Projekt zu profitieren, da sie weitaus besser informiert waren. Kurz nach Bekanntgabe des Projektes haben diese versucht, schnellstmöglich große Landteile billig von der lokalen Bevölkerung aufzukaufen um diese dann teilweise anschließend gewinnbringend wieder zu verkaufen, oder selbst mit Palmöl zu bepflanzen. So sind die großen Palmölflächen von 50-60 acres nun oftmals in Händen der reichen Leute aus der Stadt. Die wirklich arme Bevölkerung, die angeblich am meisten vom Projekt profitieren soll, verbleibt mit Kleinflächen von 5-10 acres, die kaum Gewinn abwerfen.

Ein Trecker und gerodetes Land - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 14: Straßenbau auf Buvuma. Die Regierung ist bereits dabei, die Straßen auf Buvuma auszubauen, damit Bidco dann auch dort Ölpalmen anpflanzen kann. Im Hintergrund eine bereits gerodete Fläche eines Kleinbauern.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Da Bidco bis heute lediglich 6.500ha Land bewirtschaftet, sie aber ein Anrecht auf 26.500ha haben, laufen derzeit Vorbereitungen, Palmenöl auch auf vier anderen Inseln in Uganda anzupflanzen. Einerseits auf drei Nachbarinseln von Bugula, anderseits auf Buvuma, einer relativ großen Insel nördlich von Jinja.


Neue Insel im Visier

Auf Buvuma hat sich, wahrscheinlich bedingt durch die isolierte Lage, ein Ökosystem und Lebensstil konserviert, wie er wohl landestypisch vor 20 bis 30 Jahren war. Ein Großteil der Insel erscheint als Mischform aus bewaldeten Gebieten und kleinbäuerlich genutzten Flächen. Über das gesamte Gebiet erstrecken sich kleine Stein- und Lehmhäuser, es gibt wenige dörfliche Ansiedlungen. Außerdem ist bemerkenswert, dass es nahezu keine Lebensmittel am Wegesrand zu kaufen gibt. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass jede Familie für sich alles anbauen kann, was sie zum Leben braucht. Darüber hinaus gibt es aber auch keine Stromleitungen oder andere Dienstleistungen; sowohl die örtlichen Schulen als auch die Krankenstation erwecken von außen einen unterfinanzierten Eindruck.

Drei Holzfäller im Wald, einer von ihnen sägt Bretter - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 15: Motorsäge. Wir folgen dem Lärm der Motorsäge und treffen erneut auf Männer, die aus den gerade gewachsenen Bäumen gekonnt Bretter herstellen.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Nach Aussage verschiedener Personen und Medienberichte wird auf Buvuma derzeit aktiv Land aufgekauft und gleichzeitig werden, wie auf Kalangala, Kleinbauern zum Einstieg in die Palmenöl-Produktion überredet. Auf der Insel werden derzeit große Landflächen in einem hohen Maße "bereinigt". Insbesondere werden dabei Waldflächen in mehreren Schritten umgewandelt. Zunächst werden von Holzfällern gerade gewachsene Bäume mit Motorsägen gefällt und vor Ort in mehrere Zentimeter dicke Bretter verarbeitet, die sie später auf dem Festland verkaufen. In einem zweiten Schritt bearbeiten andere Personen die minderwertigeren Bäume mit Macheten, um Kleinholz herzustellen. Dieses wird vor Ort aufgeschichtet und zu großen Teilen zu Holzkohle verarbeitet. Ein entsprechender Sack hat auf der Insel einen Gegenwert von 15.000 UgSh (ca. 5,- Euro). Vielerorts wurden die freigewordenen Flächen mit Reis oder Mais bepflanzt. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Pflanzen als Übergang ausgebracht werden, da sie nach drei Monaten bereits geerntet werden können und Bidco noch nicht soweit ist, auf Buvuma Ölpalmen anzupflanzen.

Ein junger Mann hockt auf dem Boden und sammelt Holzkohle in einen Sack; hinter ihm stehen mehrere gefüllte Säcke - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 16: Holzkohleproduktion. Die jungen Männer stellen hier aus den dickeren, aber nicht ganz gerade gewachsenen Bäumen Holzkohle her. Auf die Frage, ob sie dieses Land für Bidco gerodet haben antworten sie: "Das wissen wir nicht, aber das hier ist Privatland, nicht von Bidco, der Wald nebenan gehört Bidco." Der Wald nebenan ist bislang unberührt.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Relativ erstaunlich waren die Aussagen der meisten Menschen. Obwohl parallel auf diversen Flächen der Insel Rodungen stattfinden, hat nur ein Arbeiter gesagt, dass die von ihm bereinigte Fläche für Bidco, bzw. die Anpflanzung von Palmenöl gedacht ist. Die meisten Menschen gaben an, dass auf den Flächen die landestypischen Nahrungsmittel angepflanzt werden sollen. Ob dies Unwissen, Desinteresse oder gezielte Desinformation ist, wäre spannend herauszufinden.

Bauer mit Machete bearbeitet einen Baum im Wald - Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ

Abb. 17: Handarbeit. Dieser Mann hat eine große Fläche Wald mit seiner Machete bearbeitet. Auf der freien Fläche baut er bereits Reis und Mais an.
Foto: © Katja Becker und Jonathan Happ


Anmerkungen der SB-Redaktion:

Der ugandische Distrikt Kalangala umfaßt unter anderem die gesamte Ssese-Inselgruppe (84 Inseln) im Viktoriasee, die gleichnamige Hauptstadt liegt auf der Insel Bugala. Die Insel Buvuma mit dem gleichnamigen Ort liegt im ebenso genannten Distrikt; dieser umfaßt 52 Inseln des Viktoria-Sees ohne Festland.

Text im Schattenblick in der Autorenfassung. Der Artikel wurde im ROBIN WOOD Magazin Nr. 118/3.2013 veröffentlicht. Aus dieser Fassung stammen die Einleitung, die Zwischenüberschriften und die Bildunterschriften von Abb. 1, 4 und 6.

Expedition nachhaltige Entwicklung
Der Verein für gemeinnützige Jugendarbeit in Dibbersen e.V. (VfgJ) existiert seit 1999 und wurde maßgeblich zur Unterstützung für Projekte und Initiativen der örtlichen Jugendlichen gegründet. Seit 2006 macht sich der Verein zusätzlich die internationale Entwicklungszusammenarbeit zur Aufgabe. Hierunter fällt zum einen die direkte Unterstützung von lokalen Strukturen in Entwicklungsländern, und zum anderen die Förderung der Auseinandersetzung von Jugendlichen in Deutschland mit den Problemen und Lebensumständen Gleichaltriger in Afrika.Quelle: http://www.expedition-nachhaltige-entwicklung.de/verein.php


weitere Informationen:

URL: http://www.expedition-nachhaltige-entwicklung.de/2013-05-08_ugandas_palmoel.html

Fotogalerie
http://www.expedition-nachhaltige-entwicklung.de/2013/galerie.php?id=9

Video
http://www.expedition-nachhaltige-entwicklung.de/2013/video.php?id=7
http://www.expedition-nachhaltige-entwicklung.de/2013/video.php?id=6

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Quelle:
Expedition nachhaltige Entwicklung
Lausewiesen 17, 21357 Bardowick
Internet: www.expedition-nachhaltige-entwicklung.de
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 118/3.2013, S. 34-40
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mit freundlicher Genehmigung
der Autoren Katja Becker und Jonathan Happ
sowie der Redaktion des ROBIN WOOD Magazins


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2014