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LANDWIRTSCHAFT/071: Afrika - Klimaforschung nutzen, Experten drängen auf nachhaltige Landwirtschaft (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Oktober 2014

Afrika: Aus den Erkenntnissen der Klimaforschung lernen - Experten drängen auf eine nachhaltige Landwirtschaft

von Busani Bafana


Bild: © Busani Bafana/IPS

Experten empfehlen Afrika, die Erkenntnisse der Klimaforschung für eigene Nachhaltigkeitsziele zu nutzen
Bild: © Busani Bafana/IPS

Marrakesch, 30. Oktober (IPS) - Afrika wäre in der Lage, sich schneller und nachhaltiger zu entwickeln, würde es die Erkenntnisse der Klimaforschung beherzigen. Diese Meinung vertreten Experten, die den Ländern der Region empfehlen, sich den Klimaveränderungen mit verbesserten Agrartechnologien und einer effizienteren Verwendung von Energie und Wasser anzupassen.

Den Analysten zufolge befindet sich Afrika an einem Scheideweg. Der zunehmend für wirtschaftliche und landwirtschaftliche Investoren interessante Kontinent sollte die Chance, die eine CO2-arme Wirtschaft darstelle, nutzen und die neuen Erkenntnisse und Informationen zur globalen Erwärmung in den Dienst der sozialen Entwicklung stellen.

"Der Klimawandel stellt Afrika nicht nur vor Herausforderungen, sondern bietet zugleich die Gelegenheit für Innovationen und Anpassungsmaßnahmen, die sich etwa durch wasser- und energiesparende Technologien bewerkstelligen ließen", betonte Fatima Denton, Leiterin der Abteilung für besondere Initiativen bei der UN-Wirtschaftskommission für Afrika (ECA), im IPS-Gespräch.

"Im Zentrum der Klimadebatte steht die menschliche Sicherheit. Wir könnten Nachhaltigkeit erreichen, indem wir die Daten- und Informationssysteme nutzen und bestimmte Sektoren und Entscheidungsträger mit dem nötigen Wissen ausstatten", versicherte Denton. Auch wenn Afrika sein derzeit bemerkenswertes Wirtschaftswachstum dem Bergbau verdanke, sollten die Länder der Region den Agrarsektor wiederbeleben, um sich im Rahmen der neuen Nachhaltigkeitsziele wirtschaftlich fortzuentwickeln.


Nachhaltige Landwirtschaft als Entwicklungsmotor

Denton zufolge wird die Landwirtschaft meist als ein Opfer des Klimawandels dargestellt. Dabei hätte sie das Zeug, unter bestimmten Voraussetzungen die Spielregeln im Sinne von mehr Nachhaltigkeit zu verändern. In Afrika beschäftigt der Agrarsektor mehr als 70 Prozent der Bevölkerung und ist für viele Länder der Region der Wirtschaftswachstumsmotor.

In dem Bestreben, Afrika klimasicherer zu machen, gewinnt das Konzept der klimasmarten Landwirtschaft an Bedeutung. So gibt CGIAR - ein globaler Zusammenschluss von 15 Agrarforschungszentren - fast die Hälfte seines Jahresetats für Untersuchungen aus, die der Frage nachgehen, wie Kleinbauern in Subsahara-Afrika von der klimasmarten Landwirtschaft profitieren könnten.

Die UN hatten auf ihrem Klimagipfel im September in New York die Globale Allianz für klimasmarte Landwirtschaft ins Leben gerufen. Die Initiative, an der sich Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und Wirtschaft beteiligen sollen, zielt auf die Förderung von Agrartechniken wie konservierende Landwirtschaft ('Conservation Agriculture' - CA), Agroforstwirtschaft, Mischkulturanbau, Fruchtwechsel, effizientere Vorhersagen extremer Wetterphänomene, eine Kombination von Pflanzenbau und Tierhaltung sowie ein verbessertes Wassermanagement, die eine ökologische Nahrungsproduktion bei gleichzeitiger Senkung der klimaschädlichen CO2-Emissionen gewährleisten sollen.

Ebenfalls im September hatte der Geschäftsführer des CGIAR-Konsortiums, Frank Rijsberman, erklärt, dass es ohne eine Mitwirkung der Milliarden Bauern, die die Welt ernähren und beackern, keine nachhaltige Entwicklung und keine Reduzierung der Auswirkungen des Klimawandels geben werde.

Das Unvermögen der afrikanischen Landwirtschaft, den Nahrungsmittelbedarf einer wachsenden Bevölkerung zu decken, hat dazu geführt, dass etwa 300 Millionen Menschen häufiger hungern müssen und die Regierungen der Länder gezwungen sind, Milliarden Dollar für Nahrungsmittelimporte auszugeben. Befürchtet wird, dass der Klimawandel die derzeitigen Agrarproduktionssysteme, die Umwelt und den Artenreichtum in Afrika schwer beeinträchtigen wird, sollten sich die globalen Treibhausgasemissionen nicht deutlich verringern lassen.

Der Weltklimarat hat in seinem fünften Sachstandsbericht darauf hingewiesen, dass ein Anstieg der Temperaturen um zwei Grad Celsius die existierenden Nahrungsmitteldefizite in Afrika vergrößern und damit die meisten Staaten der Region daran hindern wird, die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) der Vereinten Nationen zur Hungerbeseitigung zu erreichen.


Den Teufelskreis durchbrechen

Aufgrund des afrikanischen Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums ist die Einfuhr von Agrargütern in die Region beschleunigt worden und weit hinter die Ausfuhr afrikanischer Agrargüter zurückfallen. Das geht aus dem Jahrestrendbericht 2013 der Kommission der Afrikanischen Union hervor. Danach ist das Bilanzdefizit in den vergangenen fünf Jahren von knapp einer Milliarde Dollar auf fast 40 Milliarden gestiegen. Die Erkenntnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, die Landwirtschaft umfassend zu transformieren.

Francis Johnson, Wissenschaftler am Stockholmer Umweltinstitut, hält angesichts des ungedeckten afrikanischen Energiebedarfs und der Abhängigkeit der Region von fossilen Brennstoffen erneuerbare Energien wie Wind, Sonne und Wasserkraft für die entscheidenden Instrumentarien, um die nachhaltige Entwicklung des Kontinents zu erreichen.

Dem Experten zufolge sollte die Region auf saubere Energien umschwenken anstatt dem "schmutzigen Pfad der Industrieländer" zu folgen. "In Afrika dreht sich der Wettbewerb mehr um Wasser als um Land", meint er. Es gelte mit den richtigen Entscheidungen auf den Klimawandel zu reagieren.

Das Afrikanische Klimapolitikzentrum mit Sitz in Äthiopien schätzt die jährlichen Kosten, die Afrika durch Klimaanpassungsmaßnahmen und die Zunahme der CO2-Emissionen entstehen, auf 31 Milliarden Dollar. Auch könnten die erforderlichen Ausgaben für die Erreichung der MDGs bis Ende 2015 um 40 Prozent steigen.

Die Klimaanpassung könnte Afrika aus eigener Tasche bezahlen, meint Abdalla Hamdok, stellvertretender ECA-Exekutivsekretär. Der Kontinent müsse nur die illegalen Finanzströme unterbinden, die durch Machenschaften wie Steuerflucht und Steuerhinterziehung entstünden und mit jährlichen Verlusten in Höhe von mehr als 50 Milliarden Dollar einhergingen. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/10/sustaining-africas-development-by-leveraging-on-climate-change/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. November 2014