Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

MEER/047: Umwelt - Meeresschutz erhält die ganze Erde, Interview mit UNEP-Vizechefin Mohamed (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. Mai 2012

Umwelt: Meeresschutz erhält die ganze Erde - Interview mit UNEP-Vizechefin Mohamed

von Thalif Deen



New York, 15. Mai (IPS) - Bei der Expo 2012 in der südkoreanischen Küstenstadt Yeosu kommt dem UN-Umweltprogramm UNEP, das unter anderem für den Schutz der Ozeane zuständig ist, eine Schlüsselrolle zu.

"Aus UN-Perspektive sind die Meere Teil dessen, was man allgemein als 'global commons' bezeichnet. Deshalb sollte man gegen jede Bedrohung dieser weltweit vorhandenen Ressource angehen", sagt die stellvertretende UNEP-Exekutivdirektorin Amina Mohamed im IPS-Interview.

In den Meeren seien sowohl die größten Tiere der Welt - Blauwale - als auch die kleinsten Lebewesen -Bakterien - zu finden, erinnert Mohamed, die auch den Rang einer stellvertretenden UN-Generalsekretärin einnimmt. "Unsere Ozeane zu schützen, ist gleichbedeutend mit dem Schutz unseres Planeten, erklärt die ehemalige kenianische UN-Botschafterin in Genf, die außerdem Co-Generalbevollmächtigte der Expo 2012 ist.

Das herausragende Thema der Weltausstellung, die vom 12. Mai bis 12. August stattfindet, sind der 'lebende Ozean' und der Schutz der weltweiten Meeresökosysteme. In dem Pavillon der Vereinten Nationen sind mehr als 20 UN-Institutionen und internationale Organisationen vertreten, die ihre gemeinsamen Anstrengungen für eine nachhaltige Nutzung der Meere und Küstenregionen vorstellen.

Zu ihnen gehören das UN-Entwicklungsprogramm UNDP, die Internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO, das Weltagrarprogramm FAO, die Internationale Meeresbodenbehörde, der Weltklimarat IPCC, die Non-Profit-Organisation 'International Ocean Institute' und das Welternährungsprogramm WFP.

Wie Mohamed erklärt, spielen Küsten und Meeresressourcen eine Schlüsselfunktion für wirtschaftliche Entwicklung und Wachstum. Ihrer Ansicht nach haben sie das Potenzial, im Einklang mit den Zielsetzungen des im Juni bevorstehenden Rio+20-Gipfels einen Übergang zu einer 'grünen' Wirtschaft und einer nachhaltigen Zukunft zu schaffen. Es folgen Auszüge aus dem Interview.

IPS: Wie wichtig ist der Schutz der Meeresressourcen im Kontext der globalen Umwelt?

Amina Mohamed: Der Schutz maritimer Ressourcen - vor allem der Ozeane - ist aus mehreren Gründen sehr wichtig. Die Meere machen mehr als 70 Prozent unseres Planeten aus und sind entscheidend für den Erhalt der lebenserhaltenden Systeme der Erde, vor allem im Hinblick auf die Klimaregulierung. Sie bieten zudem Milliarden von Menschen Nahrung und Einkommen.

Ozeane, Küsten und Inseln sind große Lieferanten unterschiedlicher Rohstoffe und ökologischer Dienstleistungen, die unerlässlich für das Überleben der menschlichen Zivilisation sind. Wir müssen uns diese Bedeutung der Ozeane daher immer vor Augen halten.

Meere, Küsten und Inseln haben während der gesamten Geschichte der Menschheit Fundamente der kulturellen Entwicklung gebildet. Wir müssen also unsere Anstrengungen beim Schutz und bei der Entwicklung der maritimen Kulturen verstärken, um sie dabei zu unterstützen, die Meeresressourcen auf Dauer zu erhalten und zu garantieren, dass die heutige und die kommende Generation daran einen gerechten Anteil haben.

Ozeane sind zudem Routen für Handel und Austausch, die die Volkswirtschaften auf der gesamten Welt miteinander verbinden. Angesichts der Vernetzung der Ozeane sollten alle Länder danach streben, sie für die Schifffahrt und zum Nutzen der ganzen Menschheit sicher zu machen. Die Menschen sind von ihnen für ihr Wohlbefinden abhängig. Bei jedem zweiten Atemzug atmen wir Sauerstoff aus den Meeren ein.

IPS: Wird sich die Expo auch mit Themen wie dem Anstieg der Piraterie und dem Seerecht befassen, das im Wesentlichen auf die Vereinten Nationen zurückgeht?

Mohamed: Besucher des UN-Pavillons werden die Möglichkeit haben, sich über die UN-Seerechtskonvention zu informieren. Das Thema Piraterie wird wahrscheinlich nicht direkt angeschnitten. Wir wollen aber als wichtige Botschaft vermitteln, dass die Ozeane die Herzen und die Lunge des Planeten sind und entscheidenden Einfluss auf alle Lebensformen haben.

IPS: Welche besonderen Botschaften zu den Weltmeeren wollen Sie auf der Expo 2012 vermitteln?

Mohamed: Küsten und Ozeane sind belastbar, stoßen aber auch an Grenzen. Wenn Millionen Touristen sich jedes Jahr am Meer erholen und begrenzte Fischbestände überfischt werden, müssen wir ihnen Zeit geben, sich zu regenerieren. Pflege und nachhaltige Nutzung können dabei ausschlaggebend sein.

Außerdem haben landbasierte Tätigkeiten wie Landwirtschaft und Industrie einen wesentlichen Einfluss auf die gesamte Qualität unserer Ozeane. Ein schlechter Umgang mit Rohstoffen führt zu Verschmutzung durch Abwässer und Schadstoffemissionen, die die Luft belasten. Wir sollten daran denken, dass die Beseitigung von Verschmutzung teurer ist, als diese von vornherein zu vermeiden.

IPS: Wird der Schutz der Meeresressourcen auch auf der Agenda von Rio+20 stehen?

Mohamed: Das Thema wird bei der Konferenz auf der Tagesordnung stehen. Geplant sind Diskussionen, die sich auf unterschiedliche Fragen beziehen, unter anderem auf die Rolle der Ozeane beim Erhalt der Lebenserhaltungssysteme der Erde, die nachhaltige Nutzung der Meere und ihrer Rohstoffe und die gerechte Aufteilung der Ressourcen. Dabei wird auch die wirtschaftliche, soziale und ökologische Bedeutung der Korallenriffe für die Inselstaaten und an Küsten grenzenden Länder zur Sprache kommen.

Zusätzlich zu der prominenten Platzierung der Rolle der Meere in der Rio+20-Erklärung ist am 16. Juni ein 'Oceans Dialogue Event' im Pavillon der Rio-Konventionen geplant. Während des Gipfels soll auch der 'Tag der Ozeane' begangen werden.

IPS: Wie bedrohlich ist der Anstieg der Meeresspiegel für kleine Inselstaaten wie die Malediven, Tuvalu und die Salomonen?

Mohamed: Der Anstieg der Meeresspiegel ist eine ernsthafte Gefahr für die gesamte Welt. Schätzungen zufolge sind die Meere zwischen 1992 und 2011‍ ‍um durchschnittlich 2,5 Millimeter jährlich angestiegen. Daraus lässt sich klar ableiten, dass die kleinen Inselstaaten aufgrund ihrer Ungeschütztheit bei der nachhaltigen Entwicklung eine Sonderstellung einnehmen.

UNEP kann Informationen liefern, die den kleinen Inselstaaten dabei helfen, mit ihrer Lage umzugehen. Wir haben beispielsweise einen Bericht unter dem Titel 'Grüne Wirtschaft in einer blauen Welt' veröffentlicht, der unterschiedliche Möglichkeiten zur Lösung der Probleme aufzeigt. Diese Optionen reichen von dem Übergang zu grünem Wachstum in der Fischerei bis zur Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.unep.org/
http://www.worldexpo2012.com/
http://www.uncsd2012.org/rio20/index.html
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107729

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 15. Mai 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2012