Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

MEER/096: Pazifik - Plastikmüll bedroht marinen Artenreichtum (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Juni 2013

Pazifik:
Millionen Tonnen Plastikmüll - Bevölkerungswachstum bedroht marinen Artenreichtum

von Catherine Wilson


Bild: © Catherine Wilson/IPS

Mehr als zehn Millionen Einwohner der kleinen Inselentwicklungsländer sind für ihr Überleben auf den Pazifik angewiesen
Bild: © Catherine Wilson/IPS

Sydney, 11. Juni (IPS) - Der immense Pazifik, der sich über 165 Millionen Quadratkilometer erstreckt, ist für die Bewohner der kleinen Inselentwicklungsländer eine Quelle des Lebens. Ohne den Ozean würden die Volkswirtschaften dieser Staaten zusammenbrechen. Hunger und Krankheiten nähmen überhand, und das Überleben der Menschen wäre gefährdet.

Während die Bevölkerung der Inseln rapide wächst, hängt die nachhaltige Zukunft dieses riesigen Ökosystems in der Schwebe. Die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Fortentwicklung der kleinen Inselentwicklungsländer erscheint als ebenso dringlich wie der Kampf gegen den Klimawandel und die Eindämmung der Umweltzerstörung, etwa durch Plastikabfälle.

Am Tag der Ozeane am 8. Juni hatte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon an die weltweite Staatengemeinschaft appelliert, "die Schädigung der Meeresumwelt durch Verschmutzung, Übernutzung und Übersäuerung umzukehren". Nirgendwo ist diese dreifache Gefahr so deutlich spürbar wie in der Pazifikregion.


Pazifik nimmt ein Drittel der Erde ein

Der größte Ozean der Welt bedeckt ein Drittel der Oberfläche der Erde. Damit ist er größer als alle Kontinente zusammen. Die natürlichen Prozesse des Meeres bestimmen das globale Klima. Der gute Zustand des Pazifiks ist ausschlaggebend für die Nahrungssicherheit der rund zehn Millionen Menschen der Region, deren jährlicher Fischkonsum das Drei- bis Vierfache des weltweiten Durchschnitts ausmacht. Die meisten Bewohner ländlicher Gebiete nutzen 60 bis 90 Prozent der Erträge des Meeres, um ihre eigene Existenz zu sichern. 47 Prozent aller Familien leben hauptsächlich vom Fischfang.

Auf regionaler Ebene trägt die kommerziell betriebene Fischerei, die von der Thunfischindustrie dominiert wird, etwa zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. In einem Viertel der pazifischen Inselstaaten macht sie außerdem 80 Prozent der Exporte aus. Die Fischerei in den Küstengewässern ist derzeit aber wegen Übernutzung, Umweltverschmutzung und Klimawandel in höchstem Maße bedroht.

In melanesischen Staaten wie den östlich von Papua-Neuguinea gelegenen Salomonen, die aus mehr als 900 bewaldeten Inseln bestehen, ist das Bevölkerungswachstum von jährlich 2,7 Prozent eine große Belastung für die Meeresressourcen. Schätzungen zufolge haben 55 Prozent der Pazifik-Inselstaaten die Gebiete um die Korallenriffe übernutzt.


'Großer Plastikmüllfleck'

Ein deutliches Beispiel für die Gefahr, die der Region droht, ist das 'Great Pacific Garbage Patch' (Großer Plastikmüllfleck), der als größte Abfallhalde der Welt gilt. Im so genannten Nordpazifikwirbel treiben etwa 3,5 Millionen Tonnen Plastikabfälle.

Joeli Veitayaki, der Direktor der Schule für Meeresstudien an der Universität des Südpazifiks auf den Fidschi-Inseln, hält die Beseitigung des Mülls für das größte Problem. "In einigen der am dichtesten besiedelten Gebiete gibt es keine Müllabfuhr oder Entsorgungssysteme", sagt er. "An anderen Orten wird nicht sachgemäß mit den Abfällen umgegangen."

Zu der Verschmutzung der Meere tragen vor allem Abwässer aus Städten, Landwirtschaft und Industrie sowie Plastikmüll bei. Im Umkreis bewohnter Inseln sind Plastiktüten, Behälter und Flaschen deutlich sichtbar. Studien haben ergeben, dass jährlich zwischen 12.000 und 24.000 Tonnen Plastik von den Fischen im Nordpazifik gefressen werden.

Das Weltkinderhilfswerk UNICEF berichtet, dass weniger als die Hälfte der Staaten in Ozeanien gute Sanitäranlagen besitzen. Abwässer sind daher weiterhin eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Meeren. Bis zu 25 Prozent der Menschen in ländlichen Gebieten haben keine Toiletten. Ungeklärte Abwässer aus vielen Städten werden direkt ins Meer geleitet.

In der Zukunft wird der Ozean besonders vom Klimawandel bedroht, der zu einem Anstieg der Wassertemperaturen und des Säuregehalts der Meere führt. Experten zufolge wird dies Veränderungen bei den Fischpopulationen und einen Zusammenbruch der Ökosysteme der Korallenriffe und ihrer Artenvielfalt zur Folge haben. Die Meeresorganismen werden bereits jetzt durch Überfischung und Verschmutzung bedroht.

Wie aus der Roten Liste der gefährdeten Arten der Weltnaturschutzunion (IUCN) hervorgeht, verzeichnet Papua-Neuguinea von allen Staaten der Region mit 196 bedrohten Meeresspezies die höchsten Verluste an Biodiversität. Darunter fallen vor allem Korallen, Haie und Schildkröten. In diesem Jahr hat das Sekretariat für das Regionale Pazifik-Umweltprogramm (SREP) ein Projekt gestartet, das Seeschweine (Dugongs), Meeresschildkröten, Wale und Delphine besser schützen soll.

Die Bewohner der Region stehen seit Tausenden von Jahren in einer engen kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehung zum Meer. Sie sehen nun die dringende Notwendigkeit, diese Ökosysteme für kommende Generationen zu bewahren. 2010 erklärte das Pazifische Inselforum, das kein einziges Land der Region aus eigener Kraft seine Meeresumwelt schützen könne. Wie Veitayaki erklärt, begann das Forum daraufhin mit der sogenannten 'Pacific Oceanmap'-Initiative, die Strategien auf nationaler Ebene formulierte.


Förderung von Schutzzonen

Die Maßnahmen schließen die allgemein anerkannte Entwicklung von Meeres-Management-Gebieten (MMA) ein. In der gesamten Pazifikregion gibt es etwa 1.200 solcher Schutzgebiete, die sich über rund 17.000 Quadratkilometer erstrecken. In zehn Prozent dieser Zonen dürfen keine Ressourcen vom Menschen genutzt werden.

Zu den wichtigsten Gebieten zählt etwa das Schutzgebiet der Phoenix-Inseln, das von der Regierung von Kiribati eingerichtet wurde. Dieser Inselstaat im Zentrum des Pazifiks besteht aus einem Korallenriff und 32 Atollen. Das weltgrößte Meeresschutzgebiet ist derzeit der eine Million Quadratkilometer große Meerespark der Cook-Inseln.

Experten zufolge wird der künftige Erfolg des Meeresschutzes von verlässlichen wissenschaftlichen Daten und der effizienten Umsetzung von Maßnahmen auf nationaler Ebene abhängen. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:
http://www.un.org/depts/los/reference_files/2013_WOD.pdf
http://www.usp.ac.fj/index.php?id=4248/
http://www.iucnredlist.org/
http://www.ipsnews.net/2013/06/the-future-of-the-pacific-ocean-hangs-in-the-balance/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. Juni 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2013