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MEER/166: Kurswechsel oder Kosmetik? - Prüfung von Auswirkungen der Ölförderung in der Adria (OceanCare)


OceanCare - News, 1. Dezember 2014

Kurswechsel oder Kosmetik?

Kroatische Regierung leitet Prüfung möglicher negativer Auswirkungen der Ölförderung in der Adria ein



Wädenswil, 1.12.2014. Der kroatische Umweltminister, Mihael Zmajlovic, gab bekannt, vor der Lizenzvergabe zur Ölerschliessung in kroatischen Gewässern eine strategische Umweltprüfung durchzuführen. Das Ergebnis entscheide über die weitere Vorgehensweise. Mit diesem Schritt gehe die kroatische Regierung auf die Bedenken seitens der Öffentlichkeit - insbesondere der Fremdenverkehrsbranche und Umweltschützer, darunter OceanCare - ein. Kritiker der Ölerschliessungspläne bleiben jedoch skeptisch!

"Die strategische Umweltprüfung (SUP) ist eine Selbstverständlichkeit und ersetzt keinesfalls umfassende Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP), die man schon vor mehr als einem Jahr hätte durchführen müssen, bevor man mit der intensiven Beschallung der Adria für die Ölsuche begonnen hat", sagt Sigrid Lüber, Präsidentin der internationalen Meeresschutzorganisation OceanCare, und fügt hinzu: "Trotzdem begrüssen wir den aktuellen Entscheid und hoffen auf ein kritisches und transparentes Verfahren, also einen Kurswechsel anstelle einer kosmetischen Behandlung des Projektes."

Von September 2013 bis Januar 2014 führte das norwegische Unternehmen Spectrum ohne jegliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in der Adria ausgedehnte seismische Tests durch. Die Aktivitäten in Kroatiens ausschliesslicher Wirtschaftszone - rund 35.000 km² Meeresfläche - markierten den Beginn des Runs auf die Öl- und Erdgasvorkommen in der kroatischen Adria. Die seismischen Tests wurden auf rund 12.000 Kilometern Forschungsfahrt erhoben und lieferten Daten zu Öl- und Erdgasvorkommen. Mit so genannten Airguns oder Druckluftkanonen wurden über fünf Monate ununterbrochen etwa alle 10 Sekunden Schallwellen von bis zu 240 Dezibel in Richtung Meeresgrund abgefeuert. Über die negativen Auswirkungen kann auf Grund der mangelhaften Überwachung nur spekuliert werden. Als auffällig bezeichnet OceanCare, dass zwischen Oktober und Dezember 2013 an der italienischen Adriaküste 286 Meeresschildkröten tot angeschwemmt wurden. Laut Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare, ist die Frage, ob der Lärm die Tiere in den Tod getrieben hat, Gegenstand von Untersuchungen an der Universität von Padua. Die Resultate seien noch nicht öffentlich.

Das angekündigte Verfahren ist eine Risikoeinschätzung für die weitere Suche nach Ölressourcen sowie für Bohrungen und Erschliessungen von Ölquellen und soll bis März 2015 durchgeführt werden. Im Anschluss daran soll es eine neuerliche öffentliche Konsultation geben. Laut Regierungsangaben gibt es von sechs Ölfirmen Anfragen um Lizenzen für 15 der 29 zwischen 1000 und 1600 km² grossen Gebiete, die für die Ölförderung in Frage kommen. Die Firmen dürften dann innerhalb von fünf Jahren Detailuntersuchungen durchführen, sowie identifizierte Ölfelder 25 Jahre lang erschliessen.

Die Adria ist Lebensraum zahlreicher bedrohter Arten, darunter der Grosse Tümmler und die auf intensive Lärmquellen besonders sensibel reagierenden Schnabelwale, die im November 2014 an der Tagung der Bonner Konvention den höchsten Schutzstatus erhielten. "Suche und Erschliessung von Ölquellen in Kernzonen der Schnabelwale sind nicht vertretbar. Das Ergebnis des Prüfverfahrens wird auch eine Aussage über den Stellenwert des Artenschutzes sein", sagt Nicolas Entrup, Konsulent für OceanCare. "Die Intensivierung der Erschliessung von Ölquellen im Mittelmeer ist mit einer modernen Energiepolitik nicht vereinbar", so Entrup abschliessend.

Über OceanCare
OceanCare ist Initiantin der Kampagne "Silent Oceans" und setzt sich seit 1989 weltweit für die Meeressäuger und Ozeane ein. Mit Forschungs- und Schutzprojekten, Umweltbildungskampagnen sowie intensivem Einsatz in internationalen Gremien unternimmt die Organisation konkrete Schritte zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den Weltmeeren. Seit Juli 2011 ist OceanCare von den Vereinten Nationen als Sonderberaterin für den Meeresschutz anerkannt, sowie seit einigen Jahren offizieller Partner von ACCOBAMS.

www.oceancare.org, www.silentoceans.org

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Quelle:
News vom 1. Dezember 2014
Herausgeber: Verein OceanCare
Oberdorfstr. 16, Postfach 372, Ch-8820 Wädenswil
Tel.: +41 (0) 44 780 66 88, Fax: +41 (0) 44 780 66 08
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2014