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PROTEST/002: Peru - Angst um Wasserquellen, Ureinwohner setzen Proteste gegen Goldbergbau fort (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Dezember 2011

Peru: Angst um Wasserquellen - Ureinwohner setzen Proteste gegen Goldbergbau fort

von Angel Páez


Lima, 7. Dezember (IPS) - Die nordperuanische Region Cajamarca wehrt sich gegen ein großes Goldminenprojekt, das von der Regierung in Lima unterstützt wird. Behörden und Einwohner der Andenregion Cajamarca haben angekündigt, trotz des von Präsident Ollanta Humala verhängten Notstands ihre Proteste fortzusetzen.

Die Conga-Mine, deren Wert rund 4,8 Milliarden US-Dollar beträgt, soll von dem Bergbauunternehmen 'Yanacocha' in 4.000 Metern über dem Meeresspiegel betrieben werden. 25 Kilometer südwestlich von Conga verwaltetet die Firma bereits die größte Goldmine in ganz Lateinamerika, die dem US-Konzern 'Newmont Mining' und dem Unternehmen 'Buenaventura' in Lima gehört.

Indigene Bauern in der Umgebung von Conga warnen davor, dass der Minenbetrieb vier Seen im Hochgebirge so sehr schädigen könnte, dass nicht mehr genug Wasser für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen würde. Sie erhalten dabei Rückhalt von den lokalen Behörden, Umweltschützern und unabhängigen Experten.

Der Newmont-Konzern, der gemeinsam mit Buenaventura künstliche Wasserreservoirs als Ersatz für die Seen anlegen will, setzte die Arbeiten an der Mine Ende November aus, nachdem Humala für 60 Tage den Notstand in der Region ausgerufen hatte. Von dem Projekt sind vor allem die Distrikte Encañada, Sorocucho und Huasmin betroffen. Die größtenteils arme Bevölkerung lebt von Landwirtschaft und Viehzucht und ist daher dringend auf sauberes Wasser angewiesen.


Öffentliches Leben in Cajamarca wochenlang blockiert

Regierungschef Salomón Lerner hatte trotz langer Verhandlungen mit den Protestierenden in der Stadt Cajamarca am 4. Dezember keinen Kompromiss erreichen können. Die Aktionen hatten das öffentliche Leben in der Stadt wochenlang lahm gelegt.

"Wir werden erst dann ein Abkommen unterzeichnen, wenn Yanacocha seine Geräte aus dem Gebiet von Conga abzieht. Seine bloße Präsenz ist für die Bauern bereits eine Provokation", sagte der Vorsitzende der regionalen Verteidigungsfront in Cajamarca, Idelso Hernández. "Minister Lerner hat uns allerdings gesagt, wir könnten Yanacocha nicht dazu zwingen, seine Maschinen abzutransportieren. Das hat uns deutlich gezeigt, wo die Regierung steht."

Laut Hernández befindet sich nach wie vor Polizei in dem Gebiet, um die Geräte zu bewachen. "Ziel ist, unter einem Vorwand Gewalt zu schüren. Die Regierung reicht uns eine Hand zum Dialog, während sie in der anderen einen Knüppel hält."

Wilfredo Saavedra von der Umwelt-Verteidigungsfront in Cajamarca sagte IPS, man habe sogar einen geplanten Streik Anfang Dezember abgesagt, um die Verhandlungen zu erleichtern. Dennoch habe die Regierung eine große Zahl Soldaten nach Cajamarca geschickt. Auch der Oberkommandierende der Streitkräfte, General Luis Howell, sei am Ort gewesen. Saavedra warf der Regierung vor, nach einem Vorwand für eine Militäraktion gegen die Protestierenden gesucht zu haben.

Während des zweimonatigen Notstands sind in der Verfassung garantierte Rechte wie Versammlungs- und Bewegungsfreiheit ausgesetzt. Die Sicherheitskräfte sind autorisiert, nach eigenem Ermessen Häuser zu durchsuchen. Wie Humala ankündigte, wird die Armee der Polizei bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung helfen. Ziel der Maßnahme sei es, die seit dem 24. November geschlossenen Schulen, Geschäfte, Busstationen, Märkte sowie den Flughafen wieder zu öffnen.

Als Humala, ein links orientierter ehemaliger Armeeoffizier, während des Wahlkampfes Cajamarca besuchte, sicherte er den Minengegnern dagegen noch Unterstützung zu. Seinen Gesinnungswandel nach der Wahl rechtfertigte er damit, dass die Anwohner von dem Gold- und Kupferbergbau finanziell entschädigt würden.


Mehrheit der Bevölkerung verarmt

Cajamarca gehört bereits zu den Regionen Perus, die die größten Einnahmen aus dem so genannten 'Minenkanon' erhalten. Daten des Wirtschafts- und Finanzministeriums belegen, dass allein der Distrikt Encañada seit 2007 umgerechnet rund 8,1 Millionen Dollar erhalten hat. Die breite Bevölkerung hat daraus allerdings keinen Nutzen ziehen können.

Ein Report des Nationalen Statistikamts von 2009 belegt, dass 75 Prozent der Menschen in Encañada und Sococucho unterhalb der Armutsgrenze leben. Die Ombudsstelle 'Defensoría del Pueblo' berichtete kürzlich, dass bei etwa 60 Prozent der 154 sozialen Konflikte in den 25 Regionen des Landes Umweltthemen im Vordergrund stehen.

Kritik kam auch von dem Parlamentsabgeordneten Mesías Guevara, der der mit Humala verbündeten Partei 'Perú Posible' angehört. Die Bewohner von Cajamarca hätten nicht mit dem Notstand gerechnet, sagte er IPS. "Diese extreme Maßnahme wird die Unzufriedenheit weiter schüren."

Die Menschen seien nicht generell gegen Bergbau, erklärte er. Sie wollten aber vorher dazu befragt werden. Nach peruanischem Recht sind Bergbauprojekte erst nach Konsultationen mit den lokalen Gemeinden gestattet. Lerner habe jedoch nicht verstanden, dass ein Abkommen erst nach Gesprächen mit den Bauern unterzeichnet werden könne, kritisierte Saavedra. (Ende/IPS/ck/2011)


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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2011