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PROTEST/061: Trinidad - Proteste gegen seismische Tests im Meer, Fischer fürchten um Existenz (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. November 2013

Trinidad: Proteste gegen seismische Tests im Meer - Fischer fürchten um Existenz

von Peter Richards


Bild: © Peter Richards/IPS

Der Vorsitzende des Fischerverbandes FFOS, Gary Aboud, bei der Festnahme in Port of Spain
Bild: © Peter Richards/IPS

Port of Spain, 25. November (IPS) - Die Demonstrationen in Trinidad und Tobago fanden zu Wasser und zu Lande statt. Und am Ende der bisher letzten Protestaktion gegen die seismischen Untersuchungen großer Energiekonzerne zur Identifizierung fossiler Brennstoffe auf dem Meeresgrund wurden drei Personen verhaftet: unter ihnen Gary Aboud, der Vorsitzende des lokalen Fischerverbandes FFOS.

Die Organisatoren der Proteste wollen sich aber nicht geschlagen geben. "Wir werden uns wieder versammeln und alles neu planen", versicherte Aboud. Ihm steht nun ein Gerichtsverfahren wegen Widerstands gegen seine Festnahme, Behinderung der Polizeiarbeit und Teilnahme an der nicht genehmigten Demonstration vom 12. November bevor.

Bei den seismischen Untersuchungen werden Luftdruckkanonen eingesetzt, die am Heck der Schiffe befestigt sind und riesige Mengen komprimierte Luft in das Wasser abgeben. Nach Erkenntnissen der US-Umweltorganisation 'Natural Resources Defence Council' hat der Einsatz der Luftdruckkanonen dazu geführt, dass der kommerzielle Fischfang zurückgeht, manchmal sogar in großen Seegebieten.

"Wir fordern das, was jedes Land der Welt bisher gefordert hat." Aboud weist darauf hin, dass die Praxis inzwischen so umstritten ist, dass die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) und die Welternährungsorganisation FAO im kommenden Februar ein Treffen einberufen werden, auf dem über eine Abmilderung der Folgen von seismischen Untersuchungen diskutiert werden soll.


Fischer fordern Mitbestimmung

Laut FFOS tendiert ein von der Regierung in Port of Spain eingesetztes Komitee dazu, diejenigen zu unterstützen, die gute Verbindungen zur Energieindustrie haben. "In dem Ausschuss sitzen nur zwei Fischer, dafür aber 14 Vertreter der Regierung", monierte Aboud. "Das ist eine Schieflage. Wir empfehlen, dass ein Wissenschaftler von den Fischern bestimmt wird und ein weiterer von der Regierung. Diese beiden Forscher sollen dann noch einen Kollegen benennen. Die Regierung hat bisher viele Jasager eingesetzt."

Der Minister für Nahrungsproduktion, Devant Maharaj, tritt solchen Vorwürfen entgegen. "Seismische Untersuchungen werden routinemäßig durchgeführt, um zu ermitteln, wie viel reiner Kohlenwasserstoff sich in den Gesteinsschichten befindet", erklärte er. Auf regionaler und internationaler Ebene seien mehrere Studien durchgeführt worden. Ein Strategiepapier mit dem Titel 'The National Seismic Operations of Trinidad and Tobago' dokumentiere die Auswirkungen solcher Untersuchungen auf verschiedene Fischarten. "Ein Entwurf vom Juli 2010 wurde an die Mitglieder des Ausschusses und andere Interessensvertreter ausgegeben und außerdem dem Energieministerium vorgelegt."

Kritiker fordern indes ein Moratorium für seismische Untersuchungen, solange die Regierung noch keinen Rechtsrahmen geschaffen hat. Darin soll festgelegt werden, dass Firmen vor der Vornahme solcher Untersuchungen eine unabhängige Umweltverträglichkeitsstudie vorlegen müssen. "Auf der ganzen Welt ist das die normale Vorgehensweise", betonte Aboud und wies auf einen Richterspruch in Mexiko hin, wonach seismische Tests nicht in Meeresgebieten zulässig sind, durch die die Migrationsrouten von Fischen verlaufen.

Der Zorn der Fischer richtet sich vor allem gegen den britischen Konzern BP und die staatliche Erdölgesellschaft von Trinidad und Tobago, 'Petrotrin'. Aboud berichtete, dass er bereits mit Vertretern der Gewerkschaftsbewegung gesprochen habe. Er will nun auch mit Religionsführern zusammenkommen, um sie zur Unterstützung der Fischer zu bewegen.

Petrotrin beharrt jedoch darauf, dass die Pläne den gängigen Bestimmungen entsprächen. Man werde zudem Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die seismische Untersuchung im Einklang mit internationalen Sicherheits- und Umweltstandards vonstatten gehe, hieß es.


Staatliches Erdölunternehmen wiegelt ab

In einer ganzseitigen Presseanzeige versicherte das Unternehmen, Forschungsergebnisse hätten belegt, dass die Untersuchungen kaum Auswirkungen auf die Fischbestände hätten. Statistisch gesehen würden durch die Druckwellen täglich nur 0,0012 Prozent der Fischeier und -larven vernichtet. Im Vergleich dazu liege die natürliche Sterblichkeitsrate bei fünf bis 15 Prozent täglich. "Das Geräusch, das bei der Untersuchung entsteht, geht nicht über 250 Dezibel hinaus. Das entspricht dem Geräusch eines Schiffes in der Nähe der Wand", so Petrotrin.

Anfang des Jahres führte BP eine 275 Millionen US-Dollar teure seismische Studie durch. Der Regionaldirektor des Konzerns, Norman Christie, zeigte sich hinsichtlich der Zukunft der Erdölindustrie von Trinidad und Tobago zuversichtlich.

Aboud hält die Argumente der Unternehmen jedoch für nicht stichhaltig. "Sie behaupten, keinen Sprengstoff zu verwenden. Doch der Schall der Luftdruckkanonen entspricht 260 Dezibel, der eines Düsenflugzeugs liegt bei nur 140 Dezibel. Die Schmerzgrenze für das menschliche Gehör beträgt 130 Dezibel. Jede Druckkanone ist also fast doppelt so laut wie ein Flugzeug und ebenso laut wie eine Sprengstoffdetonation." (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.nrdc.org/oceans/files/seismic.pdf
http://www.imo.org/Pages/home.aspx
http://www.ipsnews.net/2013/11/trinidadian-fishers-choose-jail-over-seismic-bombing/

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IPS-Tagesdienst vom 25. November 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2013