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WALD/145: Indigene - Kampf um schwindende Wälder wird härter (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. April 2014

Indigene: Kampf um schwindende Wälder wird härter

von Michelle Tullo


Bild: © Rolly Valdivia/IPS

Offene Wunden in der Amazonas-Region
Bild: © Rolly Valdivia/IPS

Washington, 10. April (IPS) - Indigenenführer aus Afrika, Asien, Australien sowie Nord- und Lateinamerika sehen sich bei ihrem Kampf um den Erhalt von Wäldern und Ökosystemen zunehmender Gewalt von Seiten der Bergbaufirmen ausgesetzt. Sie haben mit einem Treffen in Washington an den 1988 ermordeten brasilianischen Umweltschützer Chico Mendes und all die anderen Aktivisten erinnert, die ihr Engagement zur Rettung des Amazonas-Urwaldes mit dem Leben bezahlten.

"Der Kampf, den Chico Mendes begonnen hat, ist durch seinen Tod nicht beendet worden - im Gegenteil", sagte der UN-Menschenrechts- und Umweltberater John Knox. Doch nach wie vor würden Aktivisten, die sein Vermächtnis angetreten hätten, ihr Leben verlieren.

Wie aus einem 2012 veröffentlichten Bericht der Organisation 'Global Witness' hervorgeht, sind in den vorangegangenen zehn Jahren mindestens 711 Aktivisten, Journalisten und Angehörige indigener Gemeinschaften bei der Verteidigung von Landrechten getötet worden.

Die Teilnehmer des Treffens 'Chico Vive' (Chico lebt) konnten aber auch über Erfolge berichten. "2002 wollte ein argentinisches Erdölunternehmen in unserem Gebiet Bohrungen vornehmen. Einige unserer Mitglieder leisteten Widerstand und kamen ins Gefängnis. Wir wehrten uns gegen die Inhaftierungen und bekamen vor dem Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof Recht", sagte Franco Viteri, Vorsitzender der Vereinigung indigener Völker des ecuadorianischen Amazonasgebietes. "Unsere Stadt konnte daraufhin ihr Land zurückfordern und die Erdölfirma fernhalten."


Regierung Ecuadors Wankelmütigkeit vorgeworfen

Angesichts der Umweltzerstörung durch die Ölförderung im Norden Ecuadors lassen indigene Gemeinschaften im Süden des Landes nicht von der Verteidigung ihrer Territorien ab. Viteri berichtete, dass einige diesen Kampf nun schon seit einem Vierteljahrhundert mit Erfolg führten. Er sei aber noch längst nicht zu Ende, vor allem deshalb, weil die Regierung in Quito ständig ihre Haltung ändere.

"In seinen Reden gibt sich Präsident Rafael Correa als großer Umweltschützer. Auf der praktischen Ebene hat sich aber das Gegenteil gezeigt", erklärte Viteri. Die Regierung beute die Erdölfelder aus, weil China das Öl brauche und dafür bezahle. Die Volksrepublik hat ihren Blick in den vergangenen Jahren zunehmend auf Lateinamerika gerichtet. Wie aus einem Informationspapier der Umweltorganisation 'Amazon Watch' hervorgeht, kaufte sie 2013 fast 90 Prozent des gesamten Erdöls Ecuadors und stellte schätzungsweise 61 Prozent der auswärtigen Finanzierung bereit.

Auch viele andere Teilnehmer der Konferenz sprachen von negativen Auswirkungen des Bergbaus und anderer Aktivitäten zur Erschließung des Landes auf indigenen Territorien. "Wir werden von der Öl- und Gasindustrie, dem Bergbau, der Forst- und Landwirtschaft und von Staudämmen heimgesucht", erklärte Chief Liz Logan aus der Gemeinde 'Fort Nelson First Nation' in British Columbia in Kanada.

"Auf unserem Territorium können wir derzeit kein Wasser trinken, weil es durch die Öl- und Gasindustrie verseucht worden ist. Die Krebsfälle in unserer Gemeinschaft nehmen sprunghaft zu. Doch niemand will sich darum kümmern, weil dies ja zu der Erkenntnis führen könnte, dass die Bergbauunternehmen uns und das Vieh krank machen."

Logan beschrieb die Bemühungen zum Schutz der Gemeinde als "kleinen Tanz": Wenn sich die Regierung nicht an Abmachungen halte, müsse sie vor Gericht gebracht werden. Dann müsse dafür gesorgt werden, dass die Regierung den Anordnungen der Richter auch tatsächlich Folge leiste.


Klimawandel verschärft Landkonflikte

Viele Diskussionsbeiträge haben verdeutlicht, dass es eine offensichtliche Verbindung zwischen den Landkonflikten und dem globalen Klimawandel gibt. "Meiner Gemeinschaft gehören Kleinbauern und Hirten an, die von ihrem Vieh und ihrem Weideland abhängig sind", sagte Godfrey Massay vom Institut für Landrechte in Tansania. "Diese Menschen werden ständig von Großinvestoren bedroht, die ihnen ihr Land wegnehmen wollen. Noch mehr wird ihre Existenz allerdings durch den Klimawandel gefährdet."

Andrew Miller von 'Amazon Watch' sprach von dem Streit um den Staudamm Belo Monte in Brasilien, der sich zurzeit im Bau befindet. Indigene Gemeinschaften sind gegen das Projekt, weil es flussaufwärts riesige Landstriche überflutet und flussabwärts nicht mehr ausreichend Wasser vorhanden sein wird.

"Die Menschen führen ihren Kampf zwar auf lokaler Ebene, aber sie zeigen auch globale Trends auf, die mit dem Klimawandel in Verbindung stehen", erklärte Miller. Staudämme zur Produktion von Wasserkraft würden als Beitrag zur sauberen Energiegewinnung angepriesen. Dabei produzierten sie jede Menge Methan, das ein gefährliches Treibhausgas sei.

Aktivisten wie Viteri aus Ecuador sind fest entschlossen, die Wälder auch weiterhin zu verteidigen. "Wir gehen achtsam mit ihnen um, weil sie uns alles geben: Leben, Schatten, Nahrungsmittel und Wasser", betonte er. "Sie machen uns reich, auch wenn diese Art des Reichtums ein anderer ist. Das ist der Grund, warum wir kämpfen." (Ende/IPS/ck/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/04/indigenous-leaders-targeted-battle-protect-forests/

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IPS-Tagesdienst vom 10. April 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2014