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WIRTSCHAFT/011: Asien - Zwei Partnerstädte vollziehen Wandel von der 'grauen' zur 'grünen' Wirtschaft (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. November 2011

Asien: Von der 'grauen' zur 'grünen' Wirtschaft - Zwei Partnerstädte vollziehen den Wandel

von Taro Ichikawa


Dalian, China, 22. November (IPS/IDN*) - Dalian in Nordchina und Kitakyushu in Westjapan haben sich mit ihrem Umweltengagement einen internationalen Namen gemacht. Die Partnerstädte, die in den 1960er und 1970er Jahren dem Smog aus den Schloten der Schwerindustrie ausgeliefert waren, haben den Übergang von der 'grauen' zur 'grünen' Wirtschaft vollzogen. Gemeinsam engagieren sie sich nun gegen den Klimawandel im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung.

Es war somit keine Überraschung, dass Dalian, Veranstaltungsort der Jahrestagungen der New Champions des Weltwirtschaftsforums 2007, 2009 und 2011, vom 19. bis 26. Oktober 2011 den ersten 'Low Carbon Earth Summit' ausrichtete.

Das Jahrestreffen der New Champions, auch bekannt als Sommer-Davos, ist die führende globale Unternehmerzusammenkunft in Asien, die 2007 in enger Zusammenarbeit mit China und der persönlichen Unterstützung von Ministerpräsident Wen Jiabao aus der Taufe gehoben wurde.

Die Konferenz in Dalian stand unter dem Motto 'Leading the Green Economy - Returning to Harmony with Nature' ('Die grüne Wirtschaft anführen - Rückkehr zur Harmonie mit der Natur'). Sie war vom Informations- und Forschungszentrum der Expertenstelle für auswärtige Angelegenheiten und dem Chinesischen Rat zur Förderung des internationalen Handels organisiert worden. Den Veranstaltern zufolge nahmen mehr als 4.000 Experten, Unternehmer und Regierungsvertreter an der Konferenz teil. Die Hälfte von ihnen kam aus 57 Ländern wie Deutschland, Indien, Japan, Kanada und USA.

Bedeutend war die Veranstaltung vor allem deshalb, weil die Notwendigkeit einer Niedrig-CO2-Wirtschaft inzwischen allgemein anerkannt wird - insbesondere seit der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen (COP 15). Auf der Konferenz wurde eine Vielzahl klimarelevanter Fragen unter Berücksichtigung der öffentlichen und privaten Sektoren behandelt. Auch zeichnete sich COP 15 als eine Plattform aus, die Entscheidungsträgern, Forschern und Industrieunternehmern Gelegenheit gab, ihr Wissen auszutauschen.

Um die Bedeutung der Veranstaltung in Dalian hervorzuheben, zitierte J. C. Kala, Generaldirektor des indischen Klimaforschungsinstituts 'Amity Institute of Global Warming and Ecological Studies' (AIGWES), den indischen Unabhängigkeitsführer Mahatma Gandhi, "Die Natur hat genug für jedermanns Bedürfnisse, nicht aber für jedermanns Gier."


Grünes Öko-Projekt

Mit dem Hinweis auf die historische sino-japanische Zusammenarbeit stellte der Geschäftsführer und Chef der Umweltabteilung der Tokyo Trucking Association (TTA), Keiji Endo, das Grüne Öko-Projekt vor, das vier Ziele verfolgt: Nachhaltigkeit, überschaubare Kosten, verlässliche Datensammlung und Akzeptanz bei den Lkw-Fahrern. Kraftfahrer, die sich durch eine umweltfreundliche Fahrweise hervortäten, würden ausgezeichnet und die Projektmanager in bis zu sieben Seminaren pro Jahr fortgebildet, erklärte Endo auf der Veranstaltung in Dalian.

Endo zufolge nimmt die Zahl der Teilnehmer am Grünen Öko-Projekt kontinuierlich zu. So hatten sich der Initiative bis Juli 2011 mehr als 530 Unternehmen mit 12.214 Lastwagen angeschlossen. Ferner konnte der Benzinverbrauch in den vergangenen vier Jahren drastisch gesenkt werden. Eingespart wurden 546 Großtankwagen beziehungsweise 14,4 Millionen US-Dollar. Für das Klima eine gute Nachricht. So wurden 22.888 Tonnen CO2 weniger in die Umwelt abgegeben und mit den Einsparungen 1.635.000 Zedern aufgeforstet. Auch die Zahl der Verkehrsunfälle sank um 40 Prozent.

"Wir können sagen, dass sich das Projekt sowohl in wirtschaftlicher als auch in gesellschaftlicher Hinsicht ausgezahlt hat", sagte Endo. Als nächsten Schritt werde man eine Datenbank zur Bewertung der Treibstoffeffizienz der unterschiedlichen Fahrzeugtypen einrichten.

Wie Endo betonte, profitiert das Projekt von technologischen Neuerungen wie digitalen Tachografen und Fahrtenschreiben. Dennoch macht das Grüne Öko-Projekt weder größere finanzielle Investitionen noch eine ausgeklügelte Technologie erforderlich. Es werde lediglich ein Stück Papier benötigt: das sogenannte Fahrmanagementblatt, auf dem die entscheidenden Angaben festgehalten werden.

"Die Sammlung genauer Daten ist entscheidend, um die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen", meinte Murtaza Ziauddin, Berater für Matrix-Stimulation bei der Firma 'Pressure Pumping & Chemistry'. "Allerdings ist es extrem schwierig, an repräsentative Angaben zu kommen. Und oft ist der Prozess, konkrete Maßnahmen umzusetzen, viel zu komplex."

Endos Projekt besticht seiner Meinung nach durch Schlichtheit und Effizienz. Es erlaubt die Sammlung repräsentativer Daten, motiviert zum Mitmachen und schafft für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. "Dass sich dieses Projekt mit Stift und Papier umsetzen lässt, macht es auch interessant für Länder wie China", meinte Hiroshi Maji, Vorsitzender der japanischen 'ASUA Corporation'. Zwar sei das Grüne Öko-Projekt eine kleine Initiative, doch potenziere sich seine Wirkung durch die Zunahme der Teilnehmer.

Maji begrüßte die Wahl von Dalian als Veranstaltungsort für den Low Carbon Earth Summit. Die Stadt war von 1906 bis zum Ende des zweiten Weltkriegs und dem Sieg über Japan 1945 Sitz der 'South Manchuria Railway Company' und stand über den Hafen Moji mit der chinesischen Stadt Kitakyushu in reger Verbindung. In Dalian und seinem Umland hat auch die gemeinsame Geschichte beider Länder des 20. Jahrhunderts ihre Spuren hinterlassen.


Reger Austausch

Aus einem Hintergrundpapier zur chinesisch-japanischen Umweltzusammenarbeit geht hervor, dass Dalian im Mai 1979 zur +++Schwester(n)stadt von Kitakyushu wurde. Seither sind die Umweltschutzbehörden beider Städte und KITA, die 'Kitakyushu International Training Association', im steten Dialog. So nehmen Japaner an Umweltkursen in Dalian teil und kehrten mit erweiterten ökologischen Fachkenntnissen und Managementfähigkeiten in ihre Heimat zurück.

Japans ehemaliger Ministerpräsident Ryutaro Hashimoto hatte China 1997 zum 25. Jahrestag der Normalisierung der sino-japanischen Beziehungen besucht und Peking vorgeschlagen, chinesische Vorzeigestädte für die bilaterale Umweltzusammenarbeit auszuwählen. Der Vorschlag fand die Zustimmung von Gastgeber Li Peng, und am Ende wurde Dalian als eine Modellstadt ausgewählt. Seither profitiert nicht nur die Umwelt von Dalian von dem Modellstadt-Projekt. Auch lokale Unternehmen, die sich für den Umweltschutz engagieren, werden belohnt.

Dalian wiederum kam zugute, dass Kitakyushu - zwischen Tokio und Schanghai gelegen, - zum japanischen Zentrum der Schadstoffkontroll- und Recyclingtechnologie aufgestiegen ist. Die Stadt nimmt für sich in Anspruch, die +++(")[']internationale Hauptstadt für nachhaltige Energie' zu sein.

In den 1960er Jahren fanden in Kitakyushu die ersten Umweltproteste des ostasiatischen Landes statt. Angeführt wurden die Demonstrationen von Hausfrauen im Stadtteil Sanroku-cho, die sich darüber beschwerten, dass ihre im Freien aufgehängte Wäsche ständig verdreckte. Inzwischen berät Kitakyushu Schwesterstädte wie Dalian bei der Wasserklärung.

1992 gehörte Kitakyushu zu den zwölf Weltmetropolen, deren Umweltprogramme auf dem Erdgipfel in Brasilien mit dem 'Local Government Honours Award' der Vereinten Nationen ausgezeichnet wurden. Innerhalb Japans ist die Stadt in Sachen Schadstoffbeseitigung und Recycling führend.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) würdigte die Umwelterfolge von Kitakyushu als Beispiel für den gelungenen Übergang einer 'grauen' zu einer 'grünen' Stadt. Mit Unterstützung Kitakyushus gelang es Dalian, sich 2001 für den 'Global 500 Award' der UN-Umweltorganisation (UNEP) zu qualifizieren. (Ende/IPS/kb/2011)

* Der von 'Global Cooperation Council' und 'Globalom Media' erstellte Informations- und Analysendienst IDN-InDepthNews ist Partner von IPS-Deutschland.


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. November 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2011