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FORSCHUNG/277: Netz CliNCA zum Klimawandel in Zentralasien wird mit 1,2 Mio. Euro unterstützt (idw)


Justus-Liebig-Universität Gießen - 26.06.2009

Anpassungsstrategien zum Klimawandel

Lernen am Beispiel einer Extremregion: Erfolg bei DAAD-Drittmitteleinwerbung
Klimanetzwerk CliNCA wird mit 1,2 Millionen Euro unterstützt


Das größte Projektvolumen in seiner zehnjährigen Geschichte konnte das Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung (ZEU) einwerben: Das Klimanetzwerk CliNCA (Climate Network for Central Asia) wird ab sofort mit 1,2 Millionen Euro vom Deutschen Akademischen Austauschdienst unterstützt. Die Professoren Michael Schmitz und Hans-Georg Frede vom Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung (ZEU) der Justus-Liebig-Universität Gießen als Wissenschaftliche Koordinatoren stellten das Projekt am 26. Juni im Rahmen eins Pressegesprächs im Zeughaus vor.

Das größte Projektvolumen in seiner zehnjährigen Geschichte konnte das Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung (ZEU) dank der Initiative von Prof. Schmitz (Agrar- und Entwicklungspolitik) und von Prof. Frede (Landschafts-ökologie und Ressourcenmanagement) erfolgreich einwerben. Lediglich die Anträge zweier Universitäten - Hohenheim und Gießen - wurden nach dem dreistufigen Bewerbungsprocedere des DAAD als förderwürdig anerkannt.

Der Gießener Ansatz betrachtet den globalen Klimawandel als Bedrohung für den zentralasiatischen Wasserhaushalt und für die Wasserqualität - mit heute noch unabsehbaren Folgen für die Landwirtschaft. Parallel dazu ist eine Abwanderung insbesondere junger Wissenschaftler in andere Regionen zu verzeichnen, so dass es im Hinblick auf die anstehenden Herausforderungen an Problemlösungskompetenz bei den Verantwortungsträgern in den zentralasiatischen Staaten mangelt.

Obwohl die tatsächlichen Auswirkungen des weltweit begonnenen Klimawandels nur szenariohaft darstellbar sind und regional noch nicht konkret prognostiziert werden können, besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass insbesondere Entwicklungsländer in sehr starkem Maße betroffen sein werden. Zu den Brennpunkten gehört vor allem die Region Zentralasien, die sich aus den fünf ehemaligen Sowjetrepubliken Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan, Kirgistan und Kasachstan, dem Gebiet der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang sowie aus einigen Provinzen des nördlichen Afghanistans zusammensetzt.

Durch das ZEU bestehen bereits seit über zehn Jahren intensive Forschungskontakte nach Zentralasien, die sich in interdisziplinären Ansätzen schon frühzeitig mit der Klimawandel-Problematik befasst haben. Eine erstmalig ganzheitliche Betrachtung und Bewertung des Klimawandels in Zentralasien erfolgte im Jahr 2003 durch die Gießener Geographen Prof. Dr. Ernst Giese und Dr. Ivo Moßig. 2008 wurde auf Initiative von Prof. Dr. Hans-Georg Frede und seiner Mitarbeiterin Dr. Katrin Schneider in Zusammenarbeit mit dem Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam das Forschungsprojekt "Regionales Netzwerk - Wasser in Zentralasien" gestartet, das sich mit Fragen zur (zukünftigen) Wasserverfügbarkeit und Wassernutzung befasst. Hierbei stehen die Implikationen des Klimawandels bereits im Mittelpunkt der Untersuchung.

Bei CliNCA steht die Frage im Vordergrund, welche Optionen für die Region bestehen, um auf diese scheinbar unvermeidliche Entwicklung reagieren zu können. Zentralasien ist eine konfliktträchtige Region, denn Verteilungskämpfe um knappe Ressourcen (vor allem Wasser), ethnische Konflikte und eine extreme soziale Segregation der Bevölkerung waren schon zu Sowjet-Zeiten dort allgegenwärtig. Schmelzende Gletscher, Versalzung der Böden, das Austrocknen des Aralsees und der Kollaps der tajikischen Elektrizitätsinfrastruktur im harten Winter von 2007/2008 sind eindeutige Indizien für eine enge Verflechtung zwischen Klimawandel, Wasserverfügbarkeit, Energiesicherheit und einer nachhaltigen Entwicklung in den von der Bewässerungslandwirtschaft in sehr hohem Maße abhängigen zentralasiatischen Ländern.

Da kurzfristig keine technischen und politischen Lösungsansätze in der zentralasiatischen Region bestehen, wird ein Bemühen um einen konsequenten Klimaschutz (Mitigation) allein - ohne die Entwicklung von standortspezifischen Anpassungsstrategien und deren Umsetzung (Adaption) - nur wenig Erfolg zeigen. Adaptionsstrategien können jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn die Abwanderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gestoppt und dessen Wissenstand auf ein europäisches Niveau gebracht werden kann.

Das auf fünf Jahre angelegte CliNCA-Projekt möchte daher durch Lehrtätigkeiten und den Aufbau wissenschaftlicher Kapazitäten Aus- und Fortbildung von Nachwuchswissenschaftlern dem Brain-Drain in der Region entgegenwirken und den internationalen, wissenschaftlichen Austausch forcieren. Mit Hilfe der beantragten Förderinstrumente soll die Zusammenarbeit im Bereich der Klimafolgenforschung sowohl im Hinblick auf umweltwissenschaftliche als auch ökonomische Fragestellungen gestärkt und ausgebaut werden. Insgesamt werden dafür 27 Stipendien für ausländische Nachwuchswissenschaftler und elf Stipendien für deutsche Wissenschaftler (von der Studierenden- bis zur Professorenebene vergeben. Zu den netzwerkbildenden Maßnahmen gehören unter anderen zwei Sommerschulen, die in Gießen sowie in den beteiligten Partnerinstituten (Samarkand State University Usbekistan, Deutsch-Kasachische Universität, Central Asian Institute of Applied Geosciences Kirgistan, Interstate Coordination Water Commission of Central Asia Usbekistan) stattfinden werden. Weiterhin sind die Finanzierung zahlreicher Forschungsaufenthalte sowie die Teilnahme zentralasiatischer Nachwuchswissenschaftler am englischsprachigen Masterstudiengang "Transition Studies" zur methodischen Weiterbildung vorgesehen.


Kontakt:

Institut für Agrarpolitik und Marktforschung, Zeughaus
Prof. Dr. P. Michael Schmitz
Telefon: 0641 99-37060
Mirza Nomman Ahmed
Telefon: 0641 99-37050
Senckenbergstraße 3, 35390 Gießen

Institut für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement
Prof. Dr. Hans-Georg Frede
Telefon:? 0641 99-37380
Dr. Katrin Schneider
Telefon: 0641 99-37394
Heinrich-Buff-Ring 26-32
35392 Gießen

Dr. Matthias Höher
Geschäftsführer des ZEU
Senckenbergstraße 3
35390 Gießen
Telefon: 0641 99-12700

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-giessen.de/cms/fbz/zentren/zeu
Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung der JLU Gießen


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Justus-Liebig-Universität Gießen, Charlotte Brückner-Ihl, 26.06.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2009