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FORSCHUNG/432: Was bringt der Klimawandel? Die Zukunft unterm Stahlgerüst (UFZ Newsletter)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Newsletter Juni 2013

Die Zukunft unterm Stahlgerüst

Von Kerstin Viering



"Ich komme so oft hierher", sagt Dr. Martin Schädler. "Und jedes Mal denke ich, das ist der Wahnsinn". Durchaus mit einem gewissen Stolz lässt der Biologe den Blick über das Gelände der Versuchsstation in Bad Lauchstädt bei Halle schweifen. Der "Wahnsinn" besteht hier aus zehn riesigen Stahlkonstruktionen, die an Gewächshäuser ohne Dach und Wände erinnern. Fünf davon lassen sich mithilfe von aufgerollten Folien in Zelte mit offenen Giebelseiten verwandeln. Computergesteuert natürlich. Das Gelände ist erschlossen wie ein Neubaugebiet - Wasserversorgung, Strom und Internet inklusive. Ein ganz normales Versuchsfeld hat sich in ein Dorado für Wissenschaftler verwandelt, die sich für die ökologischen Folgen des Klimawandels interessieren.

"Global Change Experimental Facility" (GCEF) nennt sich die neue Versuchsanlage, die momentan weltweit ihresgleichen sucht. Vier Jahre Planungs- und Bauzeit stecken in der Helmholtz-Ausbauinvestition, finanziert mit vier Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium, Sachsen und SachsenAnhalt. Zudem jede Menge neue Ideen - und reichlich Arbeit für Martin Schädler.

Einen spannenderen Job als seinen kann sich der wissenschaftliche Koordinator des Großprojektes derzeit kaum vorstellen. "Ich weiß inzwischen alles über Alu-Steckverbindungen und frostfreie Fundamente", sagt der Ökologe schmunzelnd. Doch jetzt würde er sich gern mal wieder mit Forschung beschäftigen. Und dem steht nichts im Wege. Die Bauarbeiten sind beendet, am 19. Juni wird die "Global Change Experimental Facility" offiziell eröffnet. Martin Schädler und seine Kollegen sind sicher, dass in den nächsten Jahren spannende wissenschaftliche Neuigkeiten aus Bad Lauchstädt kommen werden.


Mehr Platz, mehr Zeit

Rund um die Welt versuchen Forscher schon seit Jahren, den Folgen des Klimawandels auf die Ökosysteme mit Experimenten auf die Spur zu kommen. Sie haben beispielsweise mehrfach untersucht, wie sich künstlich erhöhte Temperaturen oder verringerte Niederschläge auf bestimmte Pflanzen auswirken. "Solche Versuche hatten bisher allerdings zwei große Mängel", sagt Dr. Stefan Klotz, der am UFZ das Department für Biozönoseforschung leitet. Es fehlte ihnen oft sowohl an Langfristigkeit als auch an Fläche. In den drei Jahren, die ein typisches Doktorandenprojekt dauert, sind die wirklich interessanten Prozesse oft noch gar nicht richtig in Gang gekommen. Und die üblichen kleinen Versuchsflächen haben gleich mehrere Nachteile. So lassen sich großräumige Vorgänge auf ein paar Quadratmetern einfach nicht beobachten. Wie sich zum Beispiel die Struktur von komplexen Artengemeinschaften verändert, bekommt man da oft gar nicht mit. Zudem sind kleine Flächen störungsanfällig, der Zufall kann die Untersuchungen stark beeinflussen. "Da braucht nur eine Maus einen Gang zu graben, schon verfälscht das die Ergebnisse", erklärt Stefan Klotz. Und schließlich sind sich die Forscher verschiedener Disziplinen auf den MiniParzellen oft gegenseitig im Weg: Wenn die Bodenkundler ihre Proben genommen haben, bleibt den Botanikern mitunter nicht mehr viel Vegetation zum Untersuchen übrig.

Umso verführerischer war die Idee einer größeren Versuchsanlage mit längerer Laufzeit. Vor etwa fünf Jahren haben drei UFZMitarbeiter angefangen, an entsprechenden Konzepten zu tüfteln. Beteiligt waren neben Dr. Stefan Klotz der Biologe Dr. Harald Auge und Prof. François Buscot, der am UFZ das Department für Bodenökologie leitet. Rasch war den Forschern klar, dass sie die Landschaft nicht nur durch die Klimabrille betrachten wollten. "Gerade in Europa hat ja auch die Landnutzung große Auswirkungen auf die Ökosysteme", erläutert Stefan Klotz. Der ehrgeizige Plan sah daher vor, gleichzeitig den Einfluss von Klima und Landnutzung zu untersuchen. Eine Weltpremiere in der ökologischen Forschung.

Dieses Konzept überzeugte auch ein inter­ nationales Gutachter-Gremium und die Geldgeber. Im Jahr 2009 konnten die Bauarbeiten für die Versuchsanlage beginnen. Es folgte eine spannende und mitunter nervenaufreibende Zeit. Ständig neue Fragen: Wie lassen sich die großen Stahlgerippe aufrichten, ohne dass schwere Baufahrzeuge die späteren Versuchsflächen aufwühlen und verdichten? Wie befestigt man die Planen an den Gerüsten, ohne dass sie beim nächsten Windstoß abreißen? Alles Probleme, die gelöst werden mussten. Und trotzdem sind die Wissenschaftler-Träume in Bad Lauchstädt Realität geworden. "Ohne Bauverzögerungen und Kostenexplosion", wie Martin Schädler betont.


Klimawandel durch Folie
Nun ragen auf dem Gelände zehn Stahlgerüste in den Himmel, die sich ähneln wie ein Ei dem anderen. Jeder dieser Blöcke besteht aus fünf unterschiedlich genutzten Parzellen. Eine davon ist für konventionellen Ackerbau reserviert, eine weitere für den Ökolandbau. Ein intensiv bewirtschaftetes Grasland soll vier bis fünf Mal im Jahr gemäht werden, ein weniger intensiv genutztes nur zweimal. Der letzte Bereich bleibt schließlich den knabbernden Mäulern einer kleinen Schafherde überlassen.

Jede dieser Parzellen ist 16 Meter breit und 24 Meter lang, das für die Untersuchungen vorgesehene Kernstück in ihrem Zentrum misst immerhin 12 mal 15 Meter. Das ist groß genug, um die Fläche mit landwirtschaftlichen Maschinen bearbeiten zu können. Weder werden sich die Messgeräte gegenseitig im Weg sein, noch können Einflüsse vom Rand der Fläche die Ergebnisse zu sehr verfälschen. Und es gibt genug Platz für komplexere ökologische Entwicklungen. "Wir werden die Folgen des Klimawandels und der Landnutzung dort also unter einigermaßen realistischen Bedingungen beobachten können", sagt Martin Schädler. In fünf der zehn Blöcke werden die Forscher ein Klima schaffen, wie es in Zukunft in der Region herrschen könnte. Es sind vor allem zwei Trends, die sich bei fast allen Berechnungen der Klimaforscher zeigen: Mitteldeutschland soll künftig wärmere Nächte und trockenere Sommer erleben.

Und beides lässt sich in der Versuchsanlage simulieren. Sobald die Sonne untergeht, schließen sich bei den fünf Klimawandel-Blöcken die Foliendächer und die Seitenwände fahren herunter. Wie bei einem Gewächshaus staut sich dann die Wärme unter der Folie. Was das bewirkt, haben die UFZ-Forscher bereits an einem kleineren Prototyp getestet: Wenn Dach und Wände geschlossen sind, liegen die Nachttemperaturen über der Fläche bis zu drei Grad höher als ohne diese Maßnahme. Und der erste Bodenfrost tritt zwei bis drei Wochen später auf.

Der Regen, der nachts über Bad Lauchstädt fällt, wird durch das geschlossene Dach ebenfalls abgefangen. Damit sind die Forscher ihrem Ziel, die Niederschlagsmenge in ihren fünf Klimawandel-Blöcken um 20 Prozent zu senken, schon einen Schritt nähergekommen. Sollte das noch nicht reichen, wird ein Regensensor aktiv. Der kann das Dach bei Bedarf auch tagsüber schließen, damit es auf der Fläche noch trockener wird. Das abgefangene Wasser wird gesammelt, und sollte das Dach einmal zu viel Niederschlag abgefangen haben, lässt sich der Boden damit über eine Sprinkleranlage künstlich beregnen.

Die Anlage hält Temperaturen und Niederschläge also nicht konstant, wie es Klimawandel-Experimente häufig tun. Sie drängt nur die tatsächlich auftretenden Verhältnisse ein Stück weiter Richtung warm und trocken. Die natürlichen Schwankungen von Temperatur und Niederschlag bleiben so erhalten. Schließlich wird es auch in Zeiten des Klimawandels immer mal wieder kältere Jahre zwischen den warmen und feuchtere zwischen den trockenen geben. "Wir spielen in dieser Anlage mit dem natürlichen Klima-Rhythmus", erklärt Stefan Klotz. Ein weiterer neuer Forschungsansatz, der die "Global Change Experimental Facility" so besonders macht.


Vergleiche unter Stahlgerippen

Neben den fünf Klimawandel-Blöcken stehen zum Vergleich fünf weitere, die den unveränderten Bad Lauchstädter Temperaturen und Niederschlägen ausgesetzt sind. Sie haben das gleiche Stahlgerüst, nur ohne faltbare Dächer und Wände. Was der Klimawandel auf den wärmeren und trockeneren Flächen tatsächlich bewirkt, kann man schließlich nur herausfinden, wenn ansonsten in allen Blöcken die gleichen Bedingungen herrschen. Wer kann schließlich wissen, ob nicht schon der schmale Schatten des Stahlgerippes die darunter wachsende Vegetation verändert? Solche Verfälschungen wollen die Forscher möglichst ausschließen.

Um nach der Bauphase überall gleiche Startvoraussetzungen zu schaffen, haben die Projektmitarbeiter im Frühjahr zunächst Hafer auf alle Flächen gesät. Im Herbst steht dann die Aussaat der für die unterschiedlichen Nutzungstypen vorgesehenen Ackerfrüchte und Grasmischungen auf dem Programm, die Schafherde wird im nächsten Jahr ihren Dienst aufnehmen. Die Anlage soll dann mindestens 15 Jahre laufen, damit die Forscher Entwicklungen und Unterschiede in der Tier- und Pflanzenwelt und im Boden dokumentieren können. Den laufenden Betrieb wird das UFZ finanzieren, die Projektmitarbeiter hoffen aber auch auf Drittmittel für spezielle Forschungsprojekte. Mit der GCEF bietet das UFZ eine hervorragende Infrastruktur - nicht nur für Wissenschaftler aus der Helmholtz-Gemeinschaft oder dem Deutschen Biodiversitätsforschungszentrum iDiv, sondern auch für viele internationale Forschergruppen.

Mit Kollegen der Universitäten in Jena, Halle und Leipzig haben die UFZ-Forscher schon im Vorfeld zusammengearbeitet. "Auf kleineren Flächen haben wir zum Beispiel verschiedene Fragen der Trockenheitsresistenz untersucht", berichtet Stefan Klotz. Es ging dabei unter anderem darum, geeignete Mischungen für die Einsaat der Graslandparzellen zusammenzustellen. Diese sollten Arten enthalten, die unterschiedlich gut mit Trockenheit zurechtkommen. Doch es gab bei der Auswahl der Samen noch mehr zu beachten. So ist das intensiv genutzte Grünland genau wie in der landwirtschaftlichen Realität viel weniger artenreich als das seltener gemähte. Während auf ersterem vor allem etliche beliebte Futtergräser wachsen, besteht letzteres aus einem abwechslungsreichen Mix von verschiedenen Gräsern und Kräutern.


Theorien im Realitäts-Check

Das gibt den Forschern die Möglichkeit, ein altes Dogma der Ökologie zu überprüfen: Reagieren artenarme Ökosysteme wirklich empfindlicher auf Umweltveränderungen als artenreiche? Erklären ließe sich so ein Effekt durchaus. Vielleicht sind artenarme Lebensgemeinschaften einfach stärker auf alle Mitglieder angewiesen. Wenn auch nur ein paar davon die neuen Bedingungen nicht verkraften und aussterben, droht das ganze System zusammenzubrechen. In artenreichen Ökosystemen dagegen finden sich möglicherweise leichter Ersatzspieler, die neben ihren eigenen auch die Funktionen der ausgefallenen Arten übernehmen können. Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass artenreiche, selten gemähte Wiesen besser mit dem Klimawandel zurechtkommen als artenarmes Intensiv-Grünland. "Wir sind gespannt, ob das wirklich stimmt", sagt Stefan Klotz.

Auch andere Theorien soll die Anlage in Bad Lauchstädt einem Realitätstest unterziehen. So haben Stefan Klotz und seine Kollegen Modelle für die zukünftige Verbreitung von Pflanzenarten entwickelt. Dazu haben sie das heutige Verbreitungsgebiet und die Ansprüche verschiedener Arten analysiert. Aus Klimamodellen haben sie dann abgeleitet, in welchen Regionen die einzelnen Arten in Zukunft günstige Bedingungen vorfinden und aus welchen sie verschwinden könnten. "Zu den Verlierern des Klimawandels werden wohl feuchtigkeitsliebende Pflanzen wie die Kuckuckslichtnelke gehören", erklärt Stefan Klotz. Arten wie der Wiesensalbei, die auf warmen und trockenen Standorten wachsen, könnten dagegen von den neuen Bedingungen profitieren und ihr Verbreitungsgebiet ausdehnen. Allerdings muss auch nicht jeder Wärmefan der Pflanzenwelt künftig auf der Gewinnerseite stehen. Denn ein Faible für hohe Temperaturen heißt nicht unbedingt, dass ein Gewächs auch lange Trockenperioden verträgt.

Ob sich die einzelnen Arten in der Realität tatsächlich so verhalten wie in den Modellen, werden die Forscher in Bad Lauchstädt live miterleben können. Sie werden verfolgen, welche Arten in den Klimawandel-Blöcken häufiger werden, welche seltener, und ob manche vielleicht ganz verschwinden. Auf kleinen Flächen wollen sie auch potenzielle pflanzliche Zuwanderer aus dem Süden aussähen und beobachten, ob die sich unter Klimawandel-Bedingungen besonders gut etablieren. Und natürlich wollen sie sehen, ob weitere Wärmefans die Flächen auf natürlichem Weg erobern. "Wind und Vögel werden ja auch von außen einige neue Samen in die Flächen tragen", sagt Stefan Klotz. Vielleicht warten die nur auf ihre Chance.


Mikro-Evolution und Heuschrecken-Hunger

Selbst Pflanzen, die bisher nicht so gut für die Bedingungen des Klimawandels gerüstet sind, müssen nicht unbedingt aussterben. Womöglich können sich manche relativ rasch an die neuen Herausforderungen anpassen - etwa, indem sie effektivere Strategien gegen Hitze und Trockenheit entwickeln. "Mikroevolution" nennen Biologen solche Prozesse, bei denen keine neuen Arten, sondern nur besser angepasste Populationen entstehen. Auch solche Vorgänge wollen die Forscher in der neuen Anlage untersuchen. "Die Größe der Flächen und der lange Untersuchungszeitraum bieten tolle Chancen dafür", sagt Martin Schädler. Vielleicht keimen aus den Samen der Klimawandel-Blöcke ja irgendwann Gewächse mit besonders raffinierten Blattbeschichtungen, die über ihre Oberfläche weniger Wasser verlieren. Oder sie lassen sich Härchen wachsen, die zum gleichen Effekt führen.

Wer ein realistisches Bild von den ökologischen Folgen des Klimawandels gewinnen will, muss neben den Pflanzen auch die Tierwelt unter die Lupe nehmen. "Sonst wäre das ja, als würde man bei einem Auto die Metall- und die Plastikteile getrennt betrachten", sagt Martin Schädler. Die einzelnen Komponenten eines Ökosystems aber sind oft noch enger und auf kompliziertere Weise miteinander verzahnt als die Bauteile eines Fahrzeugs.

Sehr komplexe Beziehungen gibt es zum Beispiel zwischen Pflanzen und Insekten. Und es ist durchaus wahrscheinlich, dass der Klimawandel da an etlichen Stellen dazwischenfunkt. So mögen die haarigen und beschichteten Blätter eine Pflanze zwar vor Wasserverlust schützen. Es ist aber keineswegs gesagt, dass sie den Heuschrecken und anderen sechsbeinigen Vegetariern dann noch schmecken. Und wenn die Pflanzenfresser verschwinden, hungern auch die Arten, die sich von ihnen ernähren. Das alles kann weitreichende Folgen haben. "Wir wissen, dass sich Ökosysteme mit Insekten ganz anders entwickeln als ohne", sagt Martin Schädler. Niemand aber kann bisher genau sagen, wie der Klimawandel in diesem komplizierten Spiel von Fressen und Gefressenwerden mitmischen wird. Die neue Versuchsanlage soll auch in dieser Hinsicht mehr Licht ins Dunkel bringen.


Über und unter der Erde
Dabei endet das Interesse der Forscher nicht an der Bodenoberfläche. Denn auch die Vorgänge im Erdreich sind eng mit der oberirdischen Pflanzen- und Tierwelt verflochten. So lebt dort unten eine äußerst vielfältige Gemeinschaft von Kleintieren, Bakterien und Pilzen, die abgestorbene Pflanzenreste zersetzen - ein äußerst wichtiger Prozess, der die Nährstoffkreisläufe in Gang und den Boden fruchtbar hält. Doch auch die Arbeit dieser unterirdischen Müllwerker könnte sich im Zuge des Klimawandels verändern. So werden an Trockenheit angepasste Gewächse möglicherweise weniger Stickstoff enthalten, dafür aber mehr Kohlenhydrate wie Zellulose und Lignin, die ihnen Stabilität verleihen. Diese veränderte Zusammensetzung aber könnte dazu führen, dass die tote Pflanzensubstanz schlechter abgebaut wird. Zumal auch nicht jeder Zersetzer gut mit den künftigen Temperaturen und Feuchtigkeitsverhältnissen zurechtkommen dürfte.

Zwar laufen die Abbauprozesse normalerweise umso schneller ab, je wärmer es ist. Zu große Trockenheit wirkt sich jedoch ungünstig aus. aus. Manche Ökologen befürchten deshalb, dass die Zersetzung in den trockenen Sommermonaten künftig weitgehend zum Erliegen kommen könnte. Aber vielleicht hat das Bodenleben ja auch noch Tricks auf Lager, die das verhindern. "Wir werden uns da einfach überraschen lassen müssen", meint Martin Schädler.

Solche Überraschungen erlebt man aber doch lieber erst einmal in der Versuchsanlage - statt in ein paar Jahrzehnten vielleicht großflächig davon überrumpelt zu werden. Sollten bestimmte Formen der Landwirtschaft künftig nicht mehr richtig funktionieren, möchte man schließlich gern vorgewarnt sein. Und auch dazu soll die "Global Change Experimental Facility" neue Erkenntnisse liefern. Die Forscher sind gespannt, ob einige der fünf Landwirtschafts-Varianten besser mit dem manipulierten Klima unter den Kunststoffdächern zurechtkommen als andere. "Aus unseren Ergebnissen wollen wir auch Empfehlungen für die künftige Landnutzung ableiten", betont Stefan Klotz. Der stählerne "Wahnsinn" von Bad Lauchstädt hat also auch eine ganz praktische Komponente.

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GCEF-kompakt

Die Anlage mit einer Gesamtfläche von fast sieben Hektar (etwa 10 Fußballfelder) umfasst zehn Experimentierblocks mit jeweils fünf Parzellen, von denen jede einzelne 16 x 24 Meter groß ist und in denen unterschiedliche Landnutzungstypen getestet werden. Mobile Dächer und Seitenwände erlauben es, unterschiedliche klimatische Bedingungen zu erzeugen.


In der GCEF werden fünf Landnutzungstypen etabliert:

- extensive Graslandnutzung durch Mahd (1),
- ökologische Landwirtschaft (2),
- intensive Graslandnutzung (3),
- konventionelle Landwirtschaft (4),
- extensive Graslandnutzung durch Beweidung (5).

Welche Auswirkungen diese unterschiedliche Landnutzung hat, wird einerseits unter dem aktuell herrschenden Klima untersucht, andererseits unter möglichen Klimaszenarien bis Ende des 21. Jahrhunderts. Dazu werden auf der Hälfte der Versuchsparzellen zwei Phänomene simuliert:

- eine erhöhte Durchschnittstemperatur;
- ein verändertes Niederschlagsmuster, das vor allem darauf beruht, dass die Niederschläge aus der sommerlichen Vegetationsperiode hinaus verlagert werden.


UFZ-Ansprechpartner:
Dr. habil. Martin Schädler
Dept. Biozönoseforschung
e-mail: martin.schaedler@ufz.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 4:
Um nach der Bauphase in allen Experimentierblocks gleiche Startvoraussetzungen zu schaffen, wurde in diesem Frühjahr zunächst Hafer auf alle Flächen gesät. Im Herbst steht dann die Aussaat der für die unterschiedlichen Experimente vorgesehenen Ackerfrüchte und Grasmischungen auf dem Programm, die Schafherde wird 2014 ihren Dienst aufnehmen.

Abb. S. 6:
Für den täglichen Betrieb der GCEF ist eine Menge Technik erforderlich. Dazu gehört auch eine große Filteranlage, die die Qualität des abgefangenen und zur Wiederberegnung genutzten Regenwassers aufrechterhält.

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Quelle:
UFZ-Newsletter Juni 2013, S. 2 - 6
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2013