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FORSCHUNG/481: Klimawandel & Trinkwasserversorgung - Alles wird anders (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 1042, vom 30. Juli 2014, 33. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Klimawandel & Trinkwasserversorgung: Alles wird anders



Wie sich der Klimawandel auf die Trinkwasserversorgung auswirken könnte, ist Schwerpunktthema der DVGW-Fachzeitschrift ENERGIE-WASSER-PRAXIS (EWP) 6/2014. In mehreren Kurzaufsätzen wird über aktuelle Forschungsprogramme zu dieser Fragestellung informiert. Fazit: In Zeiten des Klimawandels wird in vielen Schutzzonen und Einzugsgebieten vieles nicht so bleiben, wie es derzeit noch ist. Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF fasst deshalb die wichtigsten Aussagen der EWP-Fachaufsätze nachfolgend zusammen.


Wird es für Hamburg kritisch?

Mit den "Auswirkungen von möglichen Klimaänderungen auf die Grundwasserneubildung in der Metropolregion Hamburg" beschäftigen sich FRANK HERMANN ET AL. in der EWP 6/14, S. 34-35. Die Autoren erläutern zunächst, dass Hamburg einen Teil seines Trinkwasserbedarfs aus der Lüneburger Heide deckt. Dort muss schon heute zur Sicherung hoher Erträge in der Landwirtschaft eine intensive Feldberegnung durchgeführt werden. "Ein Großteil der für die Feldberegnung benötigten Wassermengen wird aus den Grundwasserleitern der Region gefördert." Aus diesen Grundwasserleitern fördert aber auch die öffentliche Wasserversorgung. Ob die Entnahmen für Landwirtschaft und Trinkwasserversorgung weiterhin nachhaltig erfolgen können, hänge von einer ausreichend hohen Grundwasserneubildung ab. Wie sich die Grundwasserneubildung in Zeiten des Klimawandels ändern könnte, hänge davon ab, welche Klimamodelle und welche Regionalisierungen man nutzt. Je nachdem "ergibt sich für die Metropolregion Hamburg eine große Bandbreite möglich erscheinender zukünftiger Entwicklungen". Die Autoren haben es mit dem Klimamodell REMO versucht. Die damit durchgeführten Rechengänge haben ergeben, dass sich künftig der Zeitraum ohne Grundwasserneubildung von April bis Oktober erstrecken könnte. Derzeit ist die Periode ohne nennenswerte Grundwasserneubildung noch auf die Monate Mai bis August beschränkt. "Möglicherweise" könnte die Verlängerung der Trockenperiode zur Folge haben, "dass die Wasserversorgung für die Bevölkerung und der erhöhte Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft nicht mehr in allen Teilen der Metropolregion Hamburg nachhaltig aus den Grundwasserleitern der Region gedeckt werden kann."

Im Hinblick auf die prognostizierten "Verteilungskonflikte" geben die Autoren allerdings zu bedenken, "dass keine Aussage gemacht werden kann, wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit der gezeigten Projektion der Grundwasserneubildung ist". Die Autoren schlagen vor, künftig nicht nur mit einem Klimamodell zu rechnen, sondern mit einem Ensemble verschiedener Klimamodelle, weil man damit die Bandbreite möglicher Entwicklungen besser aufzeigen könne.

Weitere Auskunft:
Dr. Frank Wendland
Forschungszentrum Jülich GmbH
IBG-3 - Agrosphäre
Tel.: 02461/61-3165
E-Mail: f.wendland@fz-juelich.de


Zukunftsfähige Feldberegnung

Um die Reduzierung von "Nutzungskonkurrenzen - zukunftsfähige Feldberegnung und Wasserbedarf der öffentlichen Versorgung" geht es AXEL LIETZOW ET AL. in der EWP 6/14, S. 39. Die Autoren berichten, dass in Niedersachsen die Beregungswassermenge schon 2008 230 Mio. Kubikmeter betragen hat. Niedersachen weist mit 310.000 ha oder 12 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche die größte Beregnungsfläche unter allen Bundesländern aus - "mit deutlich zunehmender Tendenz". Aufgrund der Klimawandel-Projektionen wird angenommen, dass sich für den Zeitraum 2071 bis 2100 der Beregnungsbedarf auf 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausdehnen könnte. In den Landkreisen Uezlen und Gifhorn werden bereits heute "etwa 90 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen beregnet". Da durch die Ausweitung der Beregnung Nutzungskonkurrenzen zunehmen könnten, wurde in Niedersachen ein Gesamtkonzept "Zukunftsfähige Sicherung der Feldberegnung" erarbeitet.

Das Konzept kann unter
www.umwelt.niedersachsen.de/grundwasser/bewirtschaftung/
heruntergeladen werden.

Weitere Auskunft zur partizipativen Erarbeitung des
Konzepts "unter Beteiligung aller Akteure" gibt es bei
Herrn Dipl.-Ing. Axel Lietzow
Leiter des Referates "Grundwasser- und Abfallwirtschaft,
Altlasten" im Landeamt für Bergbau, Energie und Geologie
(LBEG) im Geozentrum Hannover
Tel.: 0511/643-3512
E-Mail: axel.lietzow@lbeg.niedersachsen.de
Internet: www.lbeg.niedersachsen.de


Der wasser- und energieeffizienten Beregnung ...

... widmet sich Dr. JÜRGEN GROCHOLL in dem Aufsatz "Klimawandel - Anpassungsmaßnahmen in der Bewässerungslandwirtschaft" in der EWP 6/14, S. 40-41. Aufgrund von mehrjährigen Feldversuchen geht der Autor davon aus, dass mit reduzierter Bodenbearbeitung (Mulchsaat), einer Steigerung des Humusgehaltes und trockenresistenteren Sorten "insgesamt nur ein geringer Beitrag zur Sicherstellung einer ausreichenden Wasserversorgung für die Pflanzenbestände" zu leisten sei. Insofern werde bei abnehmenden Niederschlägen die jetzt schon große Bedeutung der Beregnung in Niedersachsen "noch steigen". Der Autor erläutert sodann, wie man die Beregnung möglichst wasser- und energieeffizient durchführen kann - wobei sich allerdings neue Nutzungskonflikte anbahnen. So sind Großflächenregner und Kreisberegnungsanlagen wasser- und energieeffizienter als die vielfach noch üblichen mobilen Beregnungsmaschinen mit "Kanone". Allerdings dürfen den Großberegnungsanlagen keine störenden Bäume, Sträucher und Hecken im Wege stehen. Das wiederum stehe den Wünschen des Naturschutzes im Wege, der sich eine kleinstrukturierte Landschaft mit einem Biotopverbundsystem wünscht. Ferner sei jetzt schon unter aktuellen Klimabedingungen festzustellen, dass die Grundwasserressourcen lokal für die notwendigen Beregnungswassermengen nicht ausreichen. Da sich dieser Mangel unter Klimawandelbedingungen noch verschärfen könnte, müsse man sich auf die Suche nach alternativen Quellen für den Beregnungswasserbedarf machen. Beispielsweise könne das Stapelwasser aus der winterlichen Zuckerrübenkampagne der Zuckerfabrik Uelzen zwischengespeichert werden, so dass der umliegenden Landwirtschaft im Sommer zusätzliches Beregnungswasser in der Größenordnung von 750.000 Kubikmeter zur Verfügung gestellt werden kann. Außerdem könne die Grundwasserneubildung verbessert werden, wenn im Wald Nadelbäume sukzessive durch Laubbäume ersetzt werden.

Weitere Auskunft zum Forschungsprojekt KLIMZUG-NORD,
das diesen Aufsatz inspiriert hat, bekommen
interessierte LeserInnen des WASSER-RUNDBRIEFS bei
Herrn Dr. Jürgen Grocholl
Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Bezirksstelle Uelzen
Tel.: 0581/8073-123
E-Mail: juergen.grocholl@lwk-niedersachsen.de
Internet: www.lwk-niedersachsen.de


Weniger Grundwasser - dafür mit höheren Nitratkonzentrationen

Eine "deutliche Zunahme des Bewässerungsbedarfs" in der Landwirtschaft prognostizieren auch DR. REINHARD FOHRMANN & DR. CHRISTINE KÜBECK in dem Aufsatz "Modellierung des Bodenwasserhaushaltes landwirtschaftlich genutzter Flächen im Kontext des Klimawandels" in der EWP 6/14, S. 42-44. Dies werde nicht nur die Nutzungskonflikte zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft verschärfen. Auch der Naturschutz werde negativ tangiert, wenn die Dimensionen von Grundwasserabsenkungstrichtern zunehmen und sich der grundwasserbürtige Abfluss in den Fließgewässern reduziere. Die Autoren befürchten auch eine weitere Aufkonzentrierung von Nitrat im Grundwasser, wenn ohnehin hoch Nitrat belastetes Grundwasser durch die Bewässerung sozusagen im Kreislauf gefahren wird. Die beiden IWW-Mitarbeiter plädieren für den Einsatz von Simulationsmodellen, um frühzeitig feststellen zu können, wo die Übernutzung von Grundwasserleitern und die Aufkonzentrierung von Nitrat im Grundwasser drohen. Darauf basierend könne man dann "Adaptionsmaßnahmen zur Risikominimierung" entwickeln.

Was man sich darunter vorstellen kann,
erfährt man hoffentlich bei
Dr. Reinhard Fohrmann
IWW Zentrum Wasser, Mühlheim a.d.R.
Tel.: 0208/40303-250
E-Mail: r.fohrmann@iww-online.de

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1042
Herausgeber:
regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser
im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU),
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2014