Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → LANDWIRTSCHAFT

ENERGIE/086: Erneuerbare Energien auf dem Prüfstand (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 1/2011


Erneuerbare Energien auf dem Prüfstand

Von László Maráz


EEG Novelle muss nachhaltigere Landwirtschaft fördern Trotz der Irritationen, die mit der Einführung von E 10 verbunden sind, dürften demnächst in punkto Bioenergien wichtigere Debatten geführt werden. Denn in diesem Jahr novelliert die Bundesregierung das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das in den vergangenen Jahren maßgeblich zum Ausbau des Anteils von alternativem Strom beigetragen hat. So konnten 2009 16 Prozent des gesamten Stromverbrauches durch Erneuerbare Energien abgedeckt werden, zu dem die Bioenergie wiederum rund ein Drittel beigesteuert hat. Die Neuerungen sollen zum 1. Januar 2012 in Kraft treten.

Dass die verschiedenen Akteure hierüber sehr unterschiedliche Ansichten haben, liegt auf der Hand. Einigkeit herrscht allein darin, dass Fehlentwicklungen, die sich aus der teilweise massiven Förderung der Erzeugung und energetischen Verwendung von Nachwachsenden Rohstoffen ergeben haben, korrigiert werden müssen.


Andere Prioritäten

Die Debatte um E10, den Ottokraftstoff (Benzin und Super) mit einer Beimischung von 10% Ethanol, zeigt aber auch, wo für viele Beteiligte die Prioritäten liegen. So warnen zwar viele Umwelt- und Entwicklungsorganisationen vor der massiven Verwendung von Ethanol, weil damit große Mengen von Stärke- und Zuckerrohstoffen nicht für Nahrungsmittel, sondern für die Mobilität aufgebraucht werden. Auch der Beitrag des Ethanol-Einsatzes zum Klimaschutz bleibt umstritten: Zwar soll etwa der Anbau von Zuckerrohr dank der hohen Ernteerträge deutlich weniger Treibhausgase erzeugen, als dies beim fossilen Sprit der Fall ist. Laut Nachhaltigkeitsverordnung sind ja mindestens 35% Einsparung nachzuweisen. Solange nämlich der Einfluss von indirekten Landnutzungsänderungen noch längst nicht geklärt ist und die Aussagen dazu von " dies verschlechtert die Treibhausgasbilanz nur geringfügig" bis hin zu "führt dazu, dass Biosprit schädlicher fürs Klima ist als Benzin" reichen, kann der Klimaschutzbeitrag der Biokraftstoffpolitik jedenfalls infrage gestellt werden.

Doch um ökologische und soziale Nebenwirkungen kümmern sich nur wenige Autofahrer. Neben der sicheren Versorgung, geringerer Abhängigkeit von Importen und bezahlbaren Preisen ist es vor allem die Sorge um den Schaden für das eigene Auto und nicht für das Klima, die so viele dazu bewegt, erst einmal den teureren fossilen Sprit zu tanken. Für eine häufig als Autofahrernation bezeichnete Republik ist es kein Ruhmesblatt, dass nicht einmal aus technisch-wissenschaftlicher Sicht Klarheit darüber herrsch, ob der E10-Kraftstoff für die Motoren schädlich ist oder nicht. Denn das Problem ist nicht neu: Schon der damalige Umweltminister Sigmar Gabriel sah sich im April 2008 dazu gezwungen, die für 2009 geplante Einführung von E10 aus technischen Gründen zu stoppen.


Vermaisung der Landschaft stoppen

Mit der anstehenden Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sollen auch die Anreize für die Stromerzeugung aus Biomasse überprüft werden. So hat die massive Förderung des Maisanbaues für den Betrieb von Biogasanlagen viele Kritiker auf den Plan gebracht. Viele Anwohner wehren sich gegen die Biogasanlagen, weil sie das Landschaftsbild stören und Geruchsbelästigung befürchtet werden. Vor allem aber ist es die sogenannte "Vermaisung" der Landschaft, die viele stört. So wuchs die Anbaufläche von Biogas-Mais von etwa 70.000 Hektar (2005) auf 560.000 Hektar (2010). Während Rapsfelder im Frühjahr wenigstens schön gelb blühen und man auch dann die Landschaft sehen kann, wenn man zwischen Rapsfeldern wandert, sind Maisfelder grüne Wüsten. In vielen Fällen wird Mais mehrmals nacheinander angebaut, was für die Böden nicht gut ist. Düngemittel, Pestizide und öde Agrarmonokulturen prägen ganze Landstriche.

Im Rahmen der EEG-Novelle sollen solche Fehlentwicklungen korrigiert und vermieden werden. Vor allem die finanzielle Förderung des Anbaues nachwachsender Rohstoffe (dem NawaRo Bonus) soll auf den Prüfstand. Ein Beispiel: Die Stromerzeugung einer kleinen Biogasanlage (Leistung kleiner als 150 KW elektrisch) wird mit 11, 67 Cent pro Kilowattstunde gefördert. Bei Anwendung von Kraft-Wärme-Kopplung (also der Nutzung der Abwärme) kommen noch einmal 3 Cent dazu. Nutzt die Anlage den Güllebonus und verwendet als Rohstoff mindestens 30% Gülle, bekommt sie auf die gesamte Strommenge noch einmal 4 Cent dazu. Macht zusammen 18,67 Cent. Vor allem solche Kombinationen der Boni haben viele Anlagen erst profitabel gemacht. Die Folge: in einigen Regionen stiegen die Pachtpreise, Wiesen und die meisten Stilllegungsflächen wurden umgeackert.


Umweltfreundlichere Landwirtschaft fördern

Der NABU fordert, die Förderung von Bioenergieproduktion grundlegend neu auszurichten, um die Nachhaltigkeit und die öffentliche Akzeptanz zu erhalten. Das Bonussystem soll vereinfacht werden. Nur noch solche Anlagen, die hohe Umweltstandards einhalten, sollen gefördert werden. Denn zu viel Grünland wurde in den vergangenen Jahren umgebrochen, zu gering war die Energieausbeute bei vielen Anlagen. In vielen Fällen wurde die Abwärme gar nicht genutzt - eine ungeheure Energieverschwendung. Der NABU fordert daher, nur noch zwei Boni zu zahlen. Einen Umweltbonus für den Einsatz von naturverträglicher Anbaubiomasse (Mischkulturen, Kleegras, Extensivgrünland und Dauerkulturen). Verbot des Grünlandumbruches, durch den ja große Mengen an Humus verrotten, was die Treibhausgasbilanz massiv verschlechtert und auch der Biodiversität schadet. Dies würde den Anlagen bis 500 kW 9 Cent einbringen.

Zusätzliche 4 Cent können diese Anlagen dann erhalten, wenn sie Reststoffe einsetzen (Bioabfälle, Grünabfälle, Gülle und andere Wirtschaftsdünger), allerdings nur für den Anteil der tatsächlich eingesetzten Reststoffe. Güllebasierte Kleinanlagen können, wenn sie einen Tierbestand aus der Standortregion nachweisen, sogar auf 6 Cent hoffen. In der Tat gibt es Alternativen zum Mais: Futterroggen und Futterhirse, Ganzpflanzensilage aus Wintergerste und Wintertriticale, das Ackergras "Landsberger Gemenge" und bislang weniger bekannte Pflanzen wie die Durchwachsene Silphie.


Widersprüchliche Politikziele?

Doch spätestens hier werden die Widersprüche zwischen den verschiedenen Umweltzielen deutlich. Denn die Pflanze mit den bisher weitaus höchsten Biogaserträgen ist der Mais. Auch die Kosten steigen, denn die bisherigen Anlagen sind für andere Substrate nicht optimiert worden. Gras kann nicht so gut gehäckselt werden, wie Mais, viele Sorten müssen erst noch auf höhere Biogaserträge hin gezüchtet werden. Ohne entsprechende Förderung ist der Einsatz solcher Alternativen kaum möglich.

Die Folge: Baut man weniger ertragreiche Pflanzen an, braucht man größere Flächen. Damit wächst die Flächenkonkurrenz zu anderen Verwendungen (Lebensmittel, Naturschutz). Vorausgesetzt, man will die geplanten Anteile von Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieaufkommen erreichen.

Doch hier empfiehlt es sich, Prioritäten festzulegen und die Folgen seiner Zielsetzungen abzuwägen. Ist Grünland einmal umgebrochen, dauert es sehr lange, bis der Bodenhumus und Biodiversität wieder hergestellt werden können. Überhaupt ist es grob fahrlässig, Raubbau an unseren Böden zu betreiben, denn dies hat fatale Folgen für jede Produktion. Man wird den Ausbau der Erneuerbaren Bioenergien auf die Mengen begrenzen müssen, die nachhaltig erzeugbar sind.


Bioenergie als Regelenergie

Doch es gibt ja noch andere und in vielen Fällen effektivere Maßnahmen, um die Verbrennung fossiler Energieträger zurückzufahren und den Ausstieg aus der Atomenergie zu realisieren. Im Bioenergiesektor sind diese vor allem technisch-organisatorischer Art. So müsste der KWK-Bonus nachgebessert werden, also die Förderung von Anlagen, die durch Kraft-Wärme-Kopplung die Abwärme besser verwenden und damit mehr Nutzen aus der Biomasse schöpfen. Wichtig wäre auch die Schaffung von Anreizen zur System- und Marktintegration für Regelenergie: Biogas kann gespeichert werden und gezielt dann zum Einsatz kommen, wenn etwa der Spitzenlaststrom besonders viel einbringt. Letztlich müssen sich die besonders effizienten Anlagen am Markt durchsetzen. Die Biogasbranche hat in den vergangenen Jahren dank der Förderung durch das EEG viele Innovationen und Effizienzsteigerungen hervorgebracht. Zwar soll es im Rahmen der Änderung des EEG ein Bestandsschutz für Altanlagen geben, was durchaus nachvollziehbar ist. Doch Anreize für mehr Effizienz würden die ökologischen und sozialen Kosten der Bioenergieproduktion gering halten.


Flächenkonkurrenzen anderer Art

Weitgehend unbeachtet bleiben andere Potentiale. So empören sich zwar viele durchaus zu Recht über den ausufernden Anbau von Biogasmais. 560.000 Hektar ist auch kein Pappenstiel. Doch wer weiß schon, dass die gesamte Anbaufläche für Mais in Deutschland zurzeit bei etwa 2,1 Millionen Hektar liegt? Von den drei Vierteln der Maisanbaufläche, die nicht zur Bioenergieerzeugung genutzt werden, wird das meiste für die Produktion von Futtermitteln gebraucht (ein anderer Teil dient der Erzeugung von Maisstärke für industrielle Zwecke und Nahrungsmittel). Statt "Tank oder Teller" könnten also auch Slogans wie "Fleisch oder Brot?" in den Schlagzeilen stehen.

Eine Verringerung unseres Fleischkonsums würde viel Platz schaffen, und dies nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Ländern, aus denen wir massenweise die Futtermittel importieren, mit denen die deutsche Landwirtschaft angeblich die halbe Welt mitversorgt. Fleisch zu essen ist eine ziemlich flächen- und energieintensive Ernährungstechnik. Den Deutschen Bauernverband aber plagen andere Sorgen. In einer Positionierung zum EEG thematisiert man zwar die Konkurrenz von Bioenergie zur Nahrungsmittelproduktion. Demnach müsse ein wesentliches Ziel der Novelle darin bestehen, eine "sinnvolle Verbindung zwischen Tierhaltung und Biogasproduktion" herzustellen, vor allem durch den gezielten Anreiz zur Nutzung von Gülle, Mist und Reststoffen. Dies mindere die Flächenkonkurrenz. Sinnvoll mag das für viele Landwirte sein, doch aus energie- und umweltpolitischer Sicht ist das zu wenig. Natürlich muss die Gülle, die wir im Rahmen der Fleischproduktion erzeugen, viel stärker als bisher für die Erzeugung von Bioenergie genutzt werden. Neben dem Energiegewinn wirkt sich auch die Vermeidung von Ammoniak-und Methanemissionen sehr günstig aus, und die Nährstoffe bleiben ja erhalten. Doch ist die aufwendige Erzeugung von Gülle wahrlich keine ökologische Form der Energieerzeugung.


Fazit

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist eine Erfolgsgeschichte und ein Exportschlager. Kaum eine Maßnahme hat so viele Innovationen in Gang gesetzt, Arbeitsplätze geschaffen und dazu beigetragen, Umweltschäden zu verringern und gleichzeitig Gelder, die bislang in Öl-exportierende Länder flossen, in die heimische Energieerzeugung zu investieren. Es lohnt, sich für eine EEG-Novelle zu engagieren, die Fehlentwicklungen abstellt, neue Anreize für ökologischere Energieerzeugung schafft, aber das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet. Die schlechten Erfahrungen der Pflanzenöl-Branche, die durch eine drastische Steuererhöhung fast komplett ausgelöscht wurde, sollten sich nicht bei der Biogaswirtschaft wiederholen. Doch auch sie muss sich mehr anstrengen, um effizienter zu wirtschaften. Die Solarbranche hat es soeben vorgemacht.

Der Autor ist Koordinator der AG Wald im Forum Umwelt und Entwicklung und Koordinator der Plattform nachhaltige Biomasse.


*


Die Durchwachsene Silphie

Diese Pflanze (Silphium perfoliatum L. aus der Gattung Silphium aus der Familie der Asteraceae (Korbblütler)) wird bislang erst versuchsweise als Energiepflanze angebaut, ihre Kultivierung ist aktuell noch mit Schwierigkeiten verbunden.

Es muss nicht immer Mais sein. Auch andere Pflanzen können für die Biogaserzeugung verwendet werden und bieten damit die Möglichkeit, die Vielfalt im Energiepflanzenanbau zu steigern. Eine als Energiepflanze besonders vielversprechende Art ist die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum). Diese hohe, gelbblühende Pflanze hat gegenständige, am Stängel zusammengewachsene Blattpaare, die einen kleinen Becher bilden, mit dem die Pflanze Tauwasser auffangen und aufnehmen kann. Dadurch ist sie gut an Trockenstandorte angepasst, während andere Biomasselieferanten wie Mais Feuchtigkeit nur aus dem Boden beziehen können und ausreichend Niederschläge brauchen.

Auch im Hinblick auf hohe Biomasseerträge und hohe Methanausbeuten ist die Silphie vielversprechend: Die Erträge bewegen sich ab dem zweiten Jahr zwischen 13 und mehr als 20 Tonnen Trockenmasse pro Hektar und auch die Methangehalte sind mit denen von Mais vergleichbar.

Da in ihrer Heimat, den gemäßigten Breiten Nordamerikas, ähnliche klimatische Bedingungen wie bei uns herrschen, gedeiht die Silphie auch im nördlichen Europa. Sie gedeiht auch auf mäßigen Böden, aber auf Stickstoffdüngung kann nicht verzichtet werden. Zurzeit untersucht die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL), welche Arten sich für den Anbau eignen. Anbau

Die Silphie ist eine ausdauernde, mehrjährige Pflanze, die sich mindestens zehn Jahre lang beernten lässt. Zwar ist der Aufwand im Pflanzjahr relativ hoch, denn die Silphie muss noch gepflanzt werden, was bei 40.000 Stück pro Hektar viel Geld kostet. Hat sich der Bestand dann gut etabliert, wird man ihn unter Umständen so schnell nicht wieder los, denn die Silphie bildet ein weitverzweigtes Wurzelsystem aus. In den Folgejahren fallen zwar niedrigere Kosten an, doch fraglich ist noch, wie der große Aufwand im ersten Pflanzjahr verringert und so überhaupt erst ein Markteintritt für die Art zu schaffen ist. Ohne diesen wird sich die Silphie nicht als kommerzielle Energiepflanze etablieren können. Den Bedenken gegenüber steht jedoch das große Potenzial der massenwüchsigen, ausdauernden und - abgesehen vom ersten Jahr - sehr anspruchslosen Pflanze.


Ausblick

Die Durchwachsene Silphie wurde als Energiepflanze in Deutschland bislang nur in Thüringen in Versuchsanbauen der TLL systematisch untersucht. Die dort gesammelten vielversprechenden Ergebnisse müssen noch einige Jahre weiter abgesichert werden.

Quelle & nähere Informationen:
TLL, M. Conrad, Tel.: 036427 - 868 131
http://www.energiepflanzen.info/pflanzen/portraets/durchwachsene-silphie.html


*


E 10 - Debatte - Autofrei!

Bei allem Verständnis für die Sorgen vieler Bürger zeigt die aktuelle Debatte um die Einführung von E10 doch, dass die Unversehrtheit des eigenen Autos für viele wichtiger scheint, als der Schutz der Regenwälder, die Lösung der Hungerkrise oder der Klimaschutz. Allenfalls sorgen sich manche Akteure noch darum, ob Haferflocken, Fleisch oder Essig teurer werden, weil die Anbauflächen auch hierzulande knapper werden und in manchen Regionen der Mais nicht in Viehmägen, sondern in die Biogasanlagen wandert.

Die technischen Probleme lassen sich lösen, doch eine Vielzahl anderer Probleme bleiben.


Klimaschutz?

Ob der Ersatz von Benzin durch Ethanol wirklich zum Klimaschutz beiträgt, lässt sich nicht so genau sagen. Befürworter betonen, dass die Treibhausgasminderung auch durch die Nachhaltigkeits-Zertifizierung gewährleistet wird. Eine CO2-Einsparung von mindestens 35% ist vorgeschrieben, ab 2017 sogar 50%. Der Anbau von Zuckerrohr schafft das mit seinen hohen Ertragsmengen, solange man die Effekte der indirekten Landnutzungsänderungen (ILUC: Indirect land use change) nicht berücksichtigt. Kein Prüfer kann nachverfolgen, ob durch eine hierdurch verdrängte Produktion nicht andernorts Regenwald zerstört wird. Ein möglicherweise fataler Unsicherheitsfaktor. Solange ILUC nicht einigermaßen plausibel angerechnet wird, bleibt die Höhe des Klimaschutzvorteils von Ethanol, noch mehr aber von Palm- oder Rapsöl fraglich.


Zertifizierung?

Innerhalb der EU ist Deutschland ist bisher das einzige Land, in dem die Zertifizierung von Biokraftstoffen vorgeschrieben ist, auch wenn es bei der Umsetzung noch Anlaufschwierigkeiten gibt. Wie lange es dauern wird, bis die anderen Länder nachziehen, ist offen. Wenn die EU hier nicht für die Durchsetzung klarer Regeln sorgt, dürfte die Glaubwürdigkeit ihrer oh ohnehin in der Kritik stehenden Bioenergiepolitik weiter leiden.


Ernährungssicherung?

Jeder nachwachsender Rohstoff kann nur einmal verwendet werden. Zwar ist der Anbau von Roggen für die Ethanol-Erzeugung in Deutschland eine sinnvolle Anbauform, doch viele andere Produkte könnten auch für andere Zwecke verwendet werden. Das Hauptprobleme bleibt aber ungelöst: Der Flächenbedarf für die Fleischerzeugung ist um ein Vielfaches höher als das, was heute für Bioenergieproduktion verwendet wird. Doch ehrgeizige Versuche, den Fleischkonsum zu senken, sind kaum zu erkennen.


Benzin und Diesel?

Über Nachhaltigkeitskriterien für diese fossilen Energieträger wird kaum diskutiert. Warum auch: Eigentlich müssten wir darauf verzichten. Wenn der Abbau solcher fossilen Rohstoffe nicht sobald als möglich auf ein sehr geringes Niveau reduziert wird, lässt sich der Klimawandel nicht mehr aufhalten. Ob wir daneben noch etwas Bioenergie verbrennen, spielt dann kaum noch eine Rolle.


Was dann/Fazit?

Es kommt nicht so sehr darauf an, was man tankt, sondern ob man tankt. Es ist zu befürchten, dass die gesamte Debatte um E10, Biosprit und Palmöl von den wichtigeren Problemen und Herausforderungen ablenkt. Denn während sich trefflich darüber streiten lässt, ob Ethanol dem Motor gut tut, oder der Anbau von Ölpalmen dem Regenwald schadet, müssten wir uns mehr darum kümmern, unseren energieintensiven Lebenswandel zu ändern. Tank oder Teller? Fleisch oder Brot? Oder wie Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamts kürzlich sagte: "E 10 darf nicht das Aspirin für den Klimaschutz im Verkehr sein, sondern muss in eine verkehrspolitische Strategie eingebunden sein." Diese sucht man in Deutschland bisher vergebens.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten
Abbildung der Originalpublikation:

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Durchwachsene Silphie / Foto: L. Maráz


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V. Diese Publikation wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) offiziell gefördert. Der Inhalt gibt nicht unbedingt die Meinung des BMZ wieder.

Der Rundbrief des Forums Umwelt & Entwicklung, erscheint vierteljährlich, zu beziehen gegen eine Spende für das Forum.


*


Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 1/2011, S. 16-19
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
Koblenzer Str. 65 53173 Bonn
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Telefon: 0228/35 97 04, Fax: 0228/923 993 56
E-Mail: info@forumue.de
Internet: www.forumue.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2011