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GEFAHR/038: Einsatz von Spritzmitteln bedroht Artenvielfalt in Europa (idw)


Georg-August-Universität Göttingen - 11.02.2010

Einsatz von Spritzmitteln bedroht Artenvielfalt in Europa

Agrarökologen der Universität Göttingen belegen schädliche Wirkung


(pug) Größere Felder, weniger Grün- und Brachflächen, verstärkter Einsatz von Spritz- und Düngemitteln - durch die immer intensivere landwirtschaftliche Nutzung von Flächen sind in den vergangenen 50 Jahren zahlreiche Pflanzen- und Tierarten ausgestorben. Doch welche Faktoren führen zur Abnahme der Artenvielfalt? Und in welchem Zusammenspiel? Diesen Fragen sind Wissenschaftler der Abteilung Agrarökologie an der Fakultät für Agrarwissenschaften der Universität Göttingen zusammen mit Forschern aus acht europäischen Ländern nachgegangen. In einer groß angelegten Studie haben sie untersucht, wie sich einzelne Faktoren auf die Vielfalt von Pflanzen, Käfern und bodenbrütenden Ackervögeln auswirken. Auch die biologische Schädlingsbekämpfung durch natürliche Fressfeinde wurde am Beispiel von Blattläusen untersucht.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass eine Verdopplung der landwirtschaftlichen Produktion auf Getreidefeldern einhergeht mit einem Verlust der Hälfte der Pflanzenarten und einem Drittel der Laufkäferarten und Vögel. Das hat nach Ansicht der Forscher mehrere Ursachen: Agrarlandschaften verlieren ihre Vielfalt, Büsche und Brachflächen verschwinden und die Äcker werden immer größer. Außerdem nimmt europaweit der Einsatz von Chemikalien in der Agrarwirtschaft zu. In jeder der neun untersuchten Regionen, die über Ost- und Westeuropa verteilt waren, haben die Forscher eine Vielzahl von Merkmalen zur Charakterisierung der Landschaft und zur Intensität der Bodenbearbeitung erhoben. Diese Faktoren wurden anschließend detailliert statistisch ausgewertet. Die Analyse kam zu einem klaren Ergebnis: Hauptursache für die Verringerung der Tier- und Pflanzenvielfalt sind Spritzmittel wie Insektizide und Fungizide. Der Einsatz von Insektiziden reduziert zudem die biologische Schädlingsbekämpfung. Dagegen hatte eine organische Bewirtschaftung des Bodens, bei der weniger oder gar keine Pestizide eingesetzt wurden, zwar einen positiven Einfluss auf die Vielfalt der Pflanzen und Laufkäfer; die Brutvögel konnten davon allerdings nicht profitieren. Da Vögel, genauso wie viele Säugetiere, Tagschmetterlinge und Bienen, größere Landschaftsbereiche bewohnen, sind sie auch betroffen, wenn beispielsweise auf Nachbarfeldern Pestizide eingesetzt werden.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Pestizide trotz der jahrzehntelangen Bemühungen der Europäischen Union, deren Einsatz zu verringern, nach wie vor die größten negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt haben. Zudem beeinflusst der Pestizid-Einsatz weitere Funktionen der betroffenen Ökosysteme wie zum Beispiel die biologische Kontrolle von Schädlingen. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass die Artenvielfalt in Europa nur erhalten werden kann, wenn die Verwendung von Spritzmitteln in großen Teilen der Landwirtschaft auf ein Minimum beschränkt wird.

Die Ergebnisse der Studie sind unter dem Titel "Persistent negative effects of pesticides on biodiversity and biological control potential on European farmland" in der renommierten Fachzeitschrift "Basic and Applied Ecology" (2010) im Internet erschienen.


Kontaktadresse:
Prof. Dr. Teja Tscharntke
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Abteilung Agrarökologie
Waldweg 26, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-9205, Fax (0551) 39-8806
E-Mail: ttschar@gwdg.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.agroecology.uni-goettingen.de

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news355292

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution77


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Georg-August-Universität Göttingen - Pressemitteilung Nr. 27/2010,
Dr. Bernd Ebeling, 11.02.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2010