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GENTECHNIK/677: BUND gewinnt Klage - Behörden müssen Gen-Rapsstandorte bekanntgeben (BUND SH)


BUND Landesverband Schleswig-Holstein e.V. - Kiel, 3. September 2009

BUND gewinnt Klage gegen das Landwirtschaftsministerium

Behörden müssen Gen-Rapsstandorte bekannt geben


Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch auf umfassende Information über die im Jahr 2007 versehentlich mit nicht zugelassenem, gentechnisch verändertem Raps bestellten Felder. Die Lage der betroffenen Äcker muß nun flurstücksgenau offen gelegt werden. So urteilte das Verwaltungsgericht in Schleswig über die Klage des BUND gegen das Landwirtschaftministerium auf Bekanntgabe der fraglichen Flächen. Es handelt sich dabei um 48 Schläge mit einer Gesamtfläche von rund 300 Hektar von 20 Landwirten in den Kreisen Dithmarschen, Plön, Ostholstein, Rendsburg-Eckernförde und Storman.

Der BUND berief sich bei seiner Anfrage an das MLUR auf das Umweltinformationsgesetz (UIG). Danach hat jeder Bürger das Recht, Umweltdaten einzusehen. Dieses Recht verweigerte das zuständige Ministerium dem BUND. "Für die sture Blockadehaltung des Landwirtschaftsministers bezahlen die nun Bürger unnötige Prozeßkosten", empört sich Carl-Heinz Christiansen, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND Schleswig-Holstein und Imker. "Der Landwirtschaftsminister ist hier offenkundig schlecht beraten gewesen, denn die Rechtslage war eindeutig." Vergleichbare Gerichtsentscheide gibt es aus Niedersachsen.

Das UIG ist von seiner Konzeption her verbraucherfreundlich, denn es sieht für die Bürger kurze Bearbeitungszeiten von lediglich vier Wochen vor. Doch die gesetzliche Garantie kurzer Bearbeitungszeiten nützt den Informationsbedürftigen wenig, wenn per Gericht daraus langfristige Termine geschoben werden. Der Sinn und Zweck des UIG wird dadurch unterlaufen. "Durch die Verzögerungstaktik des Landwirtschaftsministers wird das an sich begrüßenswerte Umweltinformationsgesetz ad absurdum geführt, beschwert sich Christiansen. Der BUND stellte seine Anfrage auf Nennung der Gen-Rapsflächen bereits im September 2007. Jetzt erst, zwei Jahre später, erfolgt per Gerichtsurteil eine Anweisung zur Antwort.

Der BUND begründete seinen Anspruch auf Bekanntgabe der Flächen mit einem öffentlichen Interesse. Außer den betroffenen Landwirten, die das nicht zugelassene Gen-Rapssaatgut der herbizidresistenten Sorte "Taurus" versehentlich ausgebracht hatten, sind auch andere Landwirte, an den Daten interessiert. Benachbarte konventionelle Landwirte und Öko-Bauern möchten ggf. ihre Anbauplanung umstellen und einen Raps- oder Kohlgemüseanbau in den Folgejahren vorsorglich nicht mehr vornehmen, weil Kontaminationen mit im Boden verbliebenen Gen-Rapssamen befürchtet werden. Der winzige Rapssame ist bis zu zwanzig Jahre lang keimfähig. Selbst geringe Kontaminationen mit gentechnisch verändertem Raps können mit den Jahren zum Problem werden, da eine Rapspflanze immerhin bis zu 500 Samen produziert.

Interesse an einer Bekanntgabe haben zudem Imker, Gärtner, Gartenbesitzer und Kleingärtner. Das Erbmaterial der Gen-Rapspflanze kann mit hoher Wahrscheinlichkeit auf andere Kohlgewächse wie Broccoli, Rosenkohl, Steckrüben, Wirsing und auf Radieschen übertragen werden. Imker möchten ihrer Kundschaft guten Gewissens nicht gentechnisch kontaminierten Honig verkaufen. Es ist für sie sogar von existentiellem Interesse. Mit gentechnisch veränderten Organismen belastete Lebensmittel sind quasi unverkäuflich.

Der Naturschutz begründet sein Interesse auch mit der Möglichkeit einer Übertragung der Gen-Rapssamen auf Wildpflanzen. Diese werden ggf. in ihren Eigenschaften verändert. Im Gegensatz zu einer chemischen Verunreinigung baut sich eine gentechnische nicht zwangsläufig im Laufe der Zeit ab. Sie kann sogar zunehmen. Gentechnische Verunreinigungen haben die Eigenschaft, sich selbständig zu vermehren. Daher besteht ein hohes öffentliches Interesse an einer Bekanntgabe der in 2007 gentechnisch verunreinigten Felder. So sah es auch das Verwaltungsgericht.

Der BUND fordert eine Bekanntgabe aller Flächen auf denen mit GVO kontaminiertes Saatgut ausgebracht wurde im Online-Standortregister des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).


Hintergrund:

Nach Feststellung der illegalen Ausbringung ordnete das MLUR an, den aufgelaufenen Raps unterzupflügen. Allerdings verpflichtete das Ministerium die Landwirte nicht, eine längere Anbaupause von Raps vorzunehmen. Auch ein Controlling wurde nicht veranlaßt. Bei der Gen- Rapsaussaat ist vermutlich aber nur ein Teil aufgelaufen. Keimfähige Körner befinden sich immer noch im Boden, insbesondere da gepflügt und nicht oberflächennah eingearbeitet wurde. Gen-Rapssamen könnten in den Folgejahren auflaufen.

Nr. 43


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Quelle:
Presseinformation Nr. 43, 03.09.2009
Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2009