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POLITIK/386: Agrarministerkonferenz - Mehr Raum für Flüsse, weniger Antibiotika (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1019 vom 13. Sept. 2013 32. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)



Länder-Agrarminister wollen Flüssen mehr Raum ....

Die Agrarministerkonferenz der deutschen Bundesländer hat am 30. Aug. 2013 in Würzburg auch eine Fülle von Beschlüssen gefasst, die im Hinblick auf die Hochwasservorsorge und den Gewässerschutz für RUNDBR.-LeserInnen von Interesse sein könnten. Zuvorderst sind die Beschlüsse zu einem verbesserten Hochwasserrückhalt in der Fläche zu nennen (siehe Kasten). Dabei schlagen die MinisterInnen unter dem Eindruck der großen Flut von Juni 2013 (s. RUNDBR. 1017/1-2, 1015) zwar die Neubegründung von Auewäldern vor, andererseits verlangen sie aber auch, dass die Hochwasserrückhaltegebiete weiterhin landwirtschaftlich nutzbar bleiben sollen. Um die notwendigen Flächen für Rückhaltepolder und Retentionsareale zusammenzubekommen, wollen die AMK-TeilnehmerInnen "auch das Instrument der Flurbereinigung verstärkt einzusetzen", um dadurch Landnutzungskonflikte zu beseitigen sowie eine Umsetzung der Schutzmaßnahmen zu forcieren. Für das Flächenmanagement wollen die Ministerinnen, Minister und Senatoren der Agrarressorts der Länder die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft "Nachhaltige Landentwicklung" (ARGE Landentwicklung) beauftragen, "ein Papier mit Best-Practice-Beispielen zu erstellen und strategische Lösungsansätze zu formulieren".

... und Landwirten mehr Geld geben

Zur Finanzierung des Flächenerwerbs für den Hochwasserrückhalt heißt es im AMK-Beschluss, "dass bei der Durchführung von Hochwasserschutzmaßnahmen zur Beschleunigung der Maßnahme versucht werden sollte, sofern und soweit diese land- und forstwirtschaftliche Flächen beeinträchtigen, abgestimmte Entschädigungsregelungen für Beeinträchtigungen land- und forstwirtschaftlicher Flächen festzulegen".

Zusätzlich haben sich die AgrarministerInnen der Länder unter TOP 9 dafür ausgesprochen, dass der Bund im Rahmen des bisherigen Finanzierungsin strumentes der GAK (Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz) mehr Geld für die Hochwasservorsorge und -anpassung im ländlichen Raum bereitstellen solle. Auch ihre schon wiederholt vorgetragene Forderung, die Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Nutzflächen für Siedlung, Infrastruktur und Naturschutz zu reduzieren, flankieren die AgrarministerInnen jetzt zusätzlich mit einem Hochwasservorsorgeargument:

Ökologischer Hochwasserrückhalt 1929

"Die Erfahrungen bei allen großen Hochwässern in der jüngeren und älteren Vergangenheit haben gezeigt, dass wesentlich kleinere Schäden eingetreten wären, wenn es gelungen wäre, das Überschwemmungsgebiet angemessen freizuhalten. Gerade bei der Freihaltung des Überschwemmungsgebietes wirkt sich die Tatsache ungünstig aus, dass die großen Schadenhochwässer in den letzten hundert Jahren immer nur in einzelnen Gruppen von wenigen Jahren mit einer dazwischenliegenden Ruhezeit von drei bis vier Jahrzehnten aufgetreten sind. In der Zwischenzeit beruhigt sich die Bevölkerung in dem Glauben, dass die Zeit der großen Hochwasserschäden vorüber sei und wird nachlässig. In Folge dessen entstehen an gefährdeten Stellen im Überschwemmungsgebiet Gebäude, die nicht so eingerichtet, wie es mit Rücksicht auf die Hochwassergefahren zweckmäßig wäre. Auch die Bodenbearbeitung im Überschwemmungsgebiet nimmt nicht mehr Rücksicht auf die Verwüstungen, die durch Hochwasser angerichtet werden können." Aus: Jahrbuch für die Gewässerkunde Norddeutschlands 1929; "Gutachten zur Untersuchung der Ursachen der großen Hochwässer...."

"Die Agrarministerkonferenz sieht in der Reduzierung der Flächeninanspruchnahme auch einen wirksamen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Versickerungs- und Wasserspeicherfähigkeit von Böden. Damit wird ein Beitrag geleistet zur Verminderung des Wasserabflusses in Oberflächengewässern, wodurch der Hochwassergefahr entgegengewirkt wird."

Weitergehend verlangen die AgrarministerInnen "die Einführung einer neuen Abgabe für Flächenneuinanspruchnahme, die zweckgebunden für Entsiegelungsmaßnahmen oder Flächenrecycling zu verwenden" sei.

AMK: Für die Neuschaffung von Auewäldern

Unter den Tagesordnungspunkten 12 und 40 haben die AgrarministerInnen festgestellt, "dass den Flüssen bei Hochwassersituationen wieder mehr Platz eingeräumt werden" müsse. Dazu schlagen die MinisterInnen und Senatoren vor, die bestehenden Aktionsprogramme zum Hochwasserschutz zu beschleunigen. Zugleich stellen die AMK-TeilnehmerInnen fest,

"dass die Umsetzung von vorbeugenden, Scheitel brechenden Hochwasserschutzmaßnahmen im Wesentlichen auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen möglich ist. Die Eigentümer und Nutzer land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke sind deshalb beim geplanten beschleunigten Ausbau der Hochwasserschutzmaßnahmen Hauptbetroffene. Daher müssen Grundeigentümer und Nutzer frühzeitig in die Planungen eingebunden und deren Interessen angemessen berücksichtigt werden. Damit kann die für eine schnelle Verbesserung des Hochwasserschutzes notwendige Mitwirkung der Eigentümer und Nutzer land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen gestärkt werden. Die landwirtschaftliche Nutzung in den Überschwemmungsgebieten muss innerhalb des geltenden rechtlichen Rahmens weiterhin zulässig sein. Sie sehen in der Erhaltung oder Begründung von Auewäldern einen Beitrag zum Hochwasserschutz, sofern keine negativen Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss zu erwarten sind. Hierzu sind regionale Konzepte erforderlich, die mit der Landwirtschaft und den weiteren berührten Belangen abgestimmt sind."

AMK für weniger Antibiotika in der Nutztierhaltung

Im Hinblick auf den immer noch zu hohen Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung - und dem damit verbundenen Eintrag von Resistenzgenen in den Wasserkreislauf (siehe RUNDBR. 1018/4) - haben sich die Ministerinnen, Minister und Senatoren der Agrarressorts der Länder unter TOP 31 zur Forderung durchgerungen, "dass der Einsatz von Antibiotika, die in der Humanmedizin als Reserveantibiotika Verwendung finden, weitestgehend der Humanmedizin vorbehalten sein muss". Ferner wenden sich die MinisterInnen mit der Bitte an die Bundesregierung, "dass Arzneimittel mit dem Wirkstoff Monensin nicht missbräuchlich als Leistungsförderer in der Rinderhaltung zum Einsatz kommen". Um den Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung zu reduzieren bitten die AMK-TeilnehmerInnen den Bund, "von den im Arzneimittelgesetz neu eingeführten Verordnungs-Ermächtigungen zeitnah Gebrauch zu machen".

Rot-grüne Landwirtschaftsminister für freiwilligen Anwendungsverzicht

Die Landwirtschaftsministerinnen der acht überwiegend von der SPD regierten Bundesländer haben zusätzlich folgende "Protokollerklärung" dem AMK-Protokoll anfügen lassen:

"Auch der Einsatz solcher Antibiotika, die zur Entwicklung von Kreuzresistenzen gegenüber antibiotischen Wirkstoffen führen, die in der Humanmedizin als Reserveantibiotika eingesetzt werden, sollte in der Tiermedizin aufgrund der damit verbundenen Resistenzproblematik ausgeschlossen werden. Sie fordern die Bundesregierung auf, durchzusetzen, dass eine Zulassung dieser Wirkstoffe für die Anwendung in der Tiermedizin - auch auf europäischer Ebene - nicht erfolgt. Die Bundesregierung wird gebeten, neben einem grundsätzlichen Verbot bereits für die Tiermedizin zugelassener Präparate - wie in den skandinavischen Nachbarstaaten bereits praktiziert - eine freiwillige Vereinbarung der Tierhalter, Tierärzte und/oder Wirtschaft zum Verzicht der Anwendung solcher Wirkstoffe zu erzielen."

AgrarministerInnen tatenlos gegenüber der Nitratschwemme

Soweit es den Grundwasserschutz betrifft, wäre angesichts des überbordenden Anbaus von Energiepflanzen und der ungeregelten Verbringung von Gärresten aus Biogasanlagen sowie von Gülle (siehe RUNDBR. 1005/3-4, 1004/4, 984/2-3, 963/1-3) ein AMK-Beschluss zur Reduzierung der Nitratbelastung des Grundwassers wünschenswert gewesen. Diesbezüglich wären schon längst Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie erforderlich gewesen. Unter "TOP 19 EU-Nitratrichtlinie zeitnah umsetzen" muss man aber im Protokoll der AMK die peinliche Aussage lesen: "Kein Beschluss".

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1019
Herausgeber:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2013