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VIELFALT/110: SAVE eNews 3/2010 - Sicherung der Artenvielfalt (SAVE)


SAVE eNews 3/2010 - Donnerstag, 4. November 2010

Ein vierteljährlicher Informationsdienst der europäischen SAVE Foundation (Safeguard for Agricultural Varieties in Europe)

Inhaltsübersicht:
- ELBARN: Das europäische Arche- und Rettungsnetzwerk
- SAVE Jahrestreffen 2010 in Criewen, Deutschland
- Workshop "Netzwerk seltene Nutztierrassen in Griechenland, Focus auf Kleinviehrassen"
- Ausradierung eines einmaligen Rinderbestandes
- Kurznachrichten (3)
- Auszug der wichtigsten Veranstaltungen


ELBARN: Das europäische Arche- und Rettungs-Netzwerk

Kofinanziert von der Europäischen Kommission unter der Ratsverordnung (EC) Nr. 870/2004 ELBARN (European Livestock Breeds Ark and Rescue-Net) wurde im Rahmen der Ratsverordnung (EC) Nr. 870/2004 von 2007 bis 2010 als konzertierte Aktion unter "AGRI GENRES Aktion 066" von der Europäischen Kommission unterstützt. Die folgende Zusammenfassung gibt einen Überblick über das Projekt.

Ziele und Inhalte:

Gefährdete Nutztierpopulationen möglichst schnell und effizient - besonders in Notsituationen oder bei unvorhergesehenen Ereignissen - zu retten, ist ein zentrales Anliegen des ELBARN Projektes. Hierfür ist eine gute Planung im Vorfeld von Aktionen unerlässlich. Dazu gehört die Überprüfung der bestehenden Gesetze und Vorschriften, um nicht an rechtlichen Hürden zu scheitern. Ferner ist es wichtig, das Bewusstsein um die Bedeutung der tiergenetischen Ressourcen bei Veterinären und amtlichen Stellen zu stärken. Die ELBARN Arche- und Rettungsstationen (A&RCs) liefern den Rahmen für erfolgreiche Rettungsaktionen - die eigentlichen Massnahmen aber müssen durch geeignete Regelungen und qualifizierte Partner unterstützt werden.

Primäres Ziel ist die Vernetzung existierender Arche Stationen und Förderung geeigneter Rahmenbedingungen für die professionelle Erhaltung gefährdeter Rassen (durch Zuchtmanagement und Notfallpläne). Dieser Service umfasst auch die Förderung von Produkten und Dienstleistungen und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Einbezug von gefährdeten Nutztierrassen in die landwirtschaftliche Produktion und Bewusstseinsbildung sind wichtige Instrumente zur Sicherung der Agrobiodiversität. Gezieltes Zuchtmanagement ist der wichtigste Faktor für die Erhaltung der genetischen Variabilität bei kleinen Populationen. Hierfür können die ELBARN Arche- und Rettungsstationen (A&RCs) einen geeigneten Rahmen bieten, wie z.B. durch die Haltung von Nukleusbeständen und Zuchtkoordination mit anderen Bauern und A&RCs, wenn lokale Zuchtorganisationen fehlen. Damit wird ein essentieller Teil der in situ Erhaltung erfüllt. Marketing ist ein wichtiger Bereich der Erhaltungsarbeit, um die Finanzierung von A&RCs zu sichern. Die Stationen sollten so unabhängig wie möglich sein, denn eine ausschliessliche Abhängigkeit von staatlichen Subventionen ist z.B. bei Finanzkürzungen gefährlich. Neben dem Marketing konkreter Produkte wie Milch, Fleisch und Wolle, können auch Dienstleistungen wie Landschaftspflege, Tourismusförderung und Erziehung vermarktet werden. Die jeweilige Strategie hängt stark vom Typ der Station, ihrer Lage, ihrem jeweiligen Vermarktungspotential sowie den möglichen Konsumenten und Absatzmärkten ab. Die europäischen Länder weisen grosse Unterschiede bei Vermarktungsmöglichkeiten, Kultur, Einkommen, Kaufkraft und Konsumverhalten auf, was die Erarbeitung generell gültiger Richtlinien erschwert.

Anfang 2009 wurden "Area Workshops" in den vier definierten europäischen "ELBARN Regionen" (Nord-West Europa, Zentral- und Nord-Ost Europa, Mediterrane Region, Süd-Ost Europa), in Ghent, Belgien, Roznov, Tschechien, Legnaro, Italien und in Blagoevgrad, Bulgarien durchgeführt. An jedem Workshop nahmen Experten und Interessenvertreter der jeweiligen Region teil. Jeder Teilnehmer hatte besondere Schwerpunkte und praktische Erfahrungen in der Erhaltungsarbeit. Für jede der vier Regionen wurde zusammen mit den regionalen Partnern ein sog. "Area Action Plan" entwickelt, angepasst an die jeweiligen regionalen Bedürfnisse. Diese Aktionspläne sind daher repräsentativ für die Sichtweise der Teilnehmer am ELBARN Projekt in den Regionen.


Ergebnisse:

Die dreijährige konzertierte Aktion mit insgesamt fünf Workshops führte zu einer gut vernetzten und motivierten Gruppe von engagierten Personen. Diese bilden eine wertvolle Ressource für die künftige Erhaltungsarbeit bei den autochthonen Nutztierrassen in Europa. Mehr als 400 Archestationen für autochthone Nutztierrassen in 43 europäischen Ländern sind in einer Online-Datenbank erfasst und können abgerufen werden. Jeder Eintrag enthält eine kurze Beschreibung der Station, Öffnungszeiten, eine Wegbeschreibung, eine Auflistung der Tierrassen und allfällige angebotene Produkte. Die Liste der Arche Stationen wächst kontinuierlich. Sie kann unter www.elbarn.net abgerufen werden. Durch Reisen vor Ort, insbesondere in die Länder Osteuropas, konnten potentielle Rettungsstationen identifiziert werden. Diejenigen Stationen, deren Eigentümer zu einer Kooperationsvereinbarung bereit waren, wurden erfasst und den entsprechenden nationalen Organisationen bekannt gemacht.

An den Area Workshops wurde das Bedürfnis zur Bildung einer pan-europäischen Gruppe betont, die die nationalen und regionalen Interessen in der Erhaltungsarbeit bis hin zur staatlichen Ebene kommuniziert. Einerseits um Probleme und Bedürfnisse auf nationaler Ebene besser bekannt zu machen und andererseits um mehr Lobby für autochthone Rassen hinsichtlich der Rechtsprechung auf EU Ebene zu schaffen. Die ELBARN Projektpartner beschlossen bereits, eine kleine, aber effektive Task Force für die dringendsten Probleme ins Leben zu rufen, die aus ELBARN Partnerorganisationen und Personen besteht, die Interesse und Engagement für das Projekt zeigten. Die ELBARN Task Force Gruppe ist der Ansicht, dass dieser Typ von Koodinationsarbeit - kollaborativ, transnational und auf allen Ebenen die Interessenvertreter einbeziehend - essentiell für eine langfristig nachhaltige Erhaltungsarbeit ist. Ziel ist es daher, basierend auf den guten Erfahrungen des gerade abgeschlossenen Arbeitsprogrammes und in Richtung einer nachhaltigen Zukunft auf einem breiteren Europäischen Level weiterzugehen.


Das ELBARN Projekt: Eine Partnerschaft von fünf NGO's:

Projekt Management - SAVE Foundation (Safeguard for Agricultural Varieties in Europe) www.save-foundation.net

RA E: (Razze Autoctone a Rischio di Estinzione): R.A.R.E. ist die erste private Initiative zur Erhaltung lokaler und gefährdeter Nutztierrassen in Italien. Die Erhaltung ist insbesondere zum Nutzen von wissenschaftlichen, kulturellen, ökonomischen und umweltrelevanten Werten, siehe: www.associazionerare.it

GEH, Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen: Die GEH entstand 1981 aus einer Gruppe von Züchtern, Haltern und Idealisten. Heute hat die GEH bereits über 2000 Mitglieder in ganz Deutschland. Die GEH kümmert sich um die praktische Lebenderhaltung der Vielfalt der Nutztierrassen in Deutschland, siehe www.g-e-h.de. Seit die GEH aktiv ist, ist keine Rasse in Deutschland mehr ausgestorben.

SLE: Steunpunt Levend Erfgoed [Living Heritage Centre]: Die SLE engagiert sich seit 20 Jahren für die Erhaltung lokaler Nutztierrassen und Geflügel in Belgien. Die SLE ist die einzige Organisation in Flandern, die sich für die lokalen Rassen und die Beibehaltung der Vielfalt des genetischen Erbes einsetzt, siehe www.sle.be.

Koordinator - EuroNatur: Die Stiftung Europäisches Naturerbe - EuroNatur (siehe www.euronatur.org) ist eine Non-Profit Organisation, die sich für die Erhaltung des Europäischen Naturerbes auf vielen verschiedenen Ebenen einsetzt, wie z.B. via besondere Artenschutzprojekte, Renaturierungsmassnahmen, Gebietsschutz, politische lobbying Aktivitäten oder Umwelterziehung. Euronatur verfügt ausserdem über ein breites Angebot an Büchern und Reiseführern, die über den EuroNatur onlineshop erworben werden können: www.euronatur-shop.com .


Publikationen

Auf der Webseite www.elbarn.net können alle im Folgenden aufgeführten Publikationen abgerufen werden. Aus der Datenbank aufrufbar sind ebenfalls über 400 Arche Stationen wie Bauernhöfe, Freilichtmuseen, Naturreservate, etc. in 43 Ländern, die traditionelle Rassen ihrer Region halten.

ELBARN Buch: Das reich illustrierte ELBARN Buch skizziert das Projekt, die Bedeutung der Agrobiodiversität generell und warum diese gefährdet ist. Viele Beispiele, Fallstudien, Bilder, Karten und Kontaktinformationen ergänzen die auch für Laien gut verständlichen Texte.

ELBARN Richtlinien: Dieses Set von Richtlinien steht insbesondere Arche- und Rettungsstationen zur Verfügung. Sie behandeln die Themenbereiche Rettung und Krankheiten, Arche- und Rettungsstationen, Erhaltungszucht und Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen.

Workshop Ergebnisse: Alle Präsentationen sowie Fotos und zusätzliche Dokumente der fünf Workshops im Rahmen des Projektes können abgerufen werden.

Umfragebericht: ein kurzer Bericht stellt die wichtigsten Ergebnisse des ELBARN "Fact Finding" Fragebogens dar.

Area Action Plans der vier "ELBARN Regionen" (Nord-West Europa, Zentral- und Nord-Ost Europa, Mediterrane Region, Süd-Ost Europa): Die `Action Plans' zeigen die Anforderungen und Bedürfnisse für die künftige Erhaltungsarbeit auf.

Breed Descriptions: Beschreibung von 641 typischen Rassen in Europa.

Alle gedruckten Publikationen können zum Versandkostenpreis beim SAVE Head Office bestellt werden.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Das ELBARN Team l-r: Martin Schneider-Jacoby (EuroNatur), Antje Feldmann (GEH), Markus Dressnandt (EuroNatur), Laura Milone (RARE), Hape Grünenfelder (SAVE), Elli Broxham (SAVE), Riccardo Fortina (RARE), Gabriel Schwaderer (EuroNatur), Staf Van den Bergh (SLE), Jef Aerts (SLE). Nicht auf dem Bild: Ulrich Donath (SAVE) und Anja Zimmermann (GEH)


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SAVE Jahrestreffen 2010 in Criewen, Deutschland

Das SAVE-Jahrestagung fand im Schloss Criewen im Nationalpark Unteres Odertal (nordöstlich von Berlin http://www.nationalpark-unteres-odertal.de/en ) mit 35 Teilnehmern aus 17 Ländern statt. Neben den regulären Sitzungen der SAVE Gremien wurde das 4. Europ. Seminar zur Agro-Biodiversität: "Agro Biodiversität - ein wesentlicher Bestandteil der biologischen Vielfalt" durchgeführt. Exkursionen ergänzten das reichhaltige Programm. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem SAVE Partner VERN (http://www.vern.de) (Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen in Brandenburg eV) und der Deutsch-Polnischen Akademie Schloss Criewen durchgeführt. (http://www.brandenburgische-akademie.de/)

Das internationale Seminar "Agrobiodiversität - ein wesentlicher Bestandteil der biologischen Vielfalt" war eine interessante Ergänzung zum Netzwerk-Treffen. Neben der Erläuterung laufender SAVE Projekte, stellten auch andere Organisationen ihre Arbeit vor. Die Themenpalette reichte vom Zustand der genetischen Ressourcen in Irland in der aktuell schwierigen Wirtschaftslage, einem Überblick über die Situation der genetischen Ressourcen in Litauen, bis zu einem faszinierenden Vortrag über Agrobiodiversität und Ökologie in Griechenland. Insgesamt stellten neun Teilnehmer ihre Projekte und die Situation in ihrem Land vor (siehe: www.save-foundation.net/Conferences/Criewen.htm)

Die geschlossene Sitzung der Projektkommission (PC) und des Rates der Kooperationspartner (CCP) sowie die Sitzung des Stftungsrates fand am 3. September statt. Der enge Zeitplan liess nur eine kurze Sitzung von CCP und PC zu. Bei der Planung des nächsten Treffens wird daher auf ein breiteres Zeitfenster geachtet werden, um Diskussionen mehr Raum zu geben. Im Rahmen der Sitzungen konnte ein neues Mitglied in das SAVE Netzwerk gewählt werden: Michél Jacobi repräsentiert den Verein "Safeguard for Agrobiodiversity in Transcarpathia, SATrans" und wurde von den SAVE Gremien herzlich willkommen geheissen. Der Stiftungsrat war nahezu vollständig vertreten. Geert Boink wurde als Repräsentant der SZH (Niederlande) anstelle von Anne Meinema im Stiftungsrat bestätigt. Diejenigen Teilnehmer, die nicht an den SAVE Sitzungen teilnahmen, konnten den Sortengarten Criewen geniessen. In dieser historischen Anlage wird eine grosse Bandbreite an Gemüsen, Früchten und Kräutern gezeigt sowie Pommersche Landschafe gehalten. Das reichhaltige Abendessen bestand aus regionalen Spezialitäten. Der zweite Tag der Veranstaltung begann mit einer Besichtigung des VERN-Sortengartens in Greiffenberg. Der Einblick in die Arbeit von VERN war sehr wertvoll und informativ, insbesondere die Erläuterungen, Probleme und Highlights bei der in situ Sortenerhaltung in Brandenburg durch die Gründungsmitglieder von VERN.

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
SAVE Stiftungsrat


Sortengarten Greiffenberg

Nicht nur die beindruckende Fülle von Pflanzen im Sortengarten, auch die kreative Samenextraktion, Bearbeitung und Lagerung des Saatgutes in den Arbeitsräumen war sehr interessant und anregend. Am Nachmittag wurde das 4. Europäische Seminar zur Agrobiodiversität mit einem verlesenen Grusswort der Ministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Anita Tack, eingeleitet. Die Verwaltung des Nationalparkes "Unteres Odertal" lud im Anschluss zu einem Empfang und Abendessen.

Die Teilnehmer der Tagung waren aufgerufen, Proben ihrer Produkte alter Rassen und Sorten mitzubringen. Diese wurden vorgeführt, erläutert und degustiert. Die Produkte wurden alle für gut und von hoher Qualität befunden. Fast noch wichtiger waren die regen Diskussionen, die durch das gegenseitige Testen und Degustieren ausgelöst wurden. Dieser Teil des Netzwerk Meetings wird sicherlich wiederholt werden - evtl. dann mit einer Preisverleihung für Qualitätsprodukte.

Am letzten Tag der des Treffens fand eine Exkursion zum Archehof Liebenthal statt, wo neben Eseln, Geflügel, Schafen und Wollschweinen auch die Liebenthaler Pferde - eine Rückzüchtung zum Tarpan - und eine Gruppe Przewalzki Pferde in semi-wilder Haltung beobachtet werden konnten. Dr. Klaus Scheibe (Institut für Zoo- und Wildtierforschung, IZW, Berlin) erläuterte deren Haltung und Erforschung.

Die Teilnehmer verliessen das SAVE Jahrestreffen mit vielen neuen Informationen und Eindrücken. Die SAVE Jahrestagung 2011 soll in Dimitrovgrad in Serbien stattfinden. Das konkrete Datum und weitere Informationen werden in den SAVE eNews publiziert werden.

An dieser Stelle ein Herzliches Dankeschön dem Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg für die finanzielle Unterstützung der Tagung.


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Workshop "Netzwerk seltene Nutztierrassen in Griechenland mit Focus auf Kleinviehrassen"

Im Rahmen des Projektes "Erhaltung der Agro-Biodiversität in Griechenland" organisierte SAVE Foundation und die griechische Partnerorganisation Amaltheia vom 12. bis 13. Juni 2010 einen Workshop für die Halter von gefährdeten Kleinviehrassen. Mehr als 30 Teilnehmer, bestehend aus Züchtern und Haltern, Behördenvertretern und Universitäten folgten der Einladung. Im Rahmen des Monitorings der Nutztierrassen in Griechenland wurden bei den Schafen und Ziegen jeweils über 40 Varietäten identifiziert. Die Halter sind bisher kaum vernetzt. Zuchtorganisationen bestehen nur vereinzelt. Die Verteilung der Rassen und Varietäten auf zahllose Inseln in Griechenland ist ein weiterer erschwerender Faktor für einen effizienten Know-How-Austausch. Neben der Darstellung der Situation einzelner Rassen, war der interdisziplinäre Austausch zwischen Haltern, Wissenschaftlern und Behörden ein weiterer Schwerpunkt.

Einmal mehr zeigte sich, wie notwendig es ist, alle drei Säulen der Erhaltungsarbeit an einen Tisch zu bringen. Wertvolle Kontakte wurden geknüpft. Erläuterungen seitens der Behördenvertreter machten Möglichkeiten und Hindernisse z.B. für die staatliche Anerkennung und Halterbeiträge deutlich. In der Folge fanden diverse Gespräche zur Anerkennung weiterer Rassen, Möglichkeiten zur Subventionierung und Erfordernisse für genetische Untersuchungen statt. War die SAVE-Partnerorganisation Amaltheia in Griechenland bei vielen Kleinviehhaltern bisher noch wenig bekannt, so wurde das Netzwerk durch den Workshop weiter ausgebaut und intensiviert.

Ein wichtiges Anliegen war es, Grundprinzipien und Probleme bei der Erhaltung kleiner Populationen deutlich zu machen. Aus der Tradition, Herden mit einer grossen Anzahl von Individuen zu halten, ist die Problematik von Inzuchtgefährdung und Verkreuzung mit anderen Varietäten sowie die notwendige Herdebuchführung bei kleinen Populationen in Griechenland oft noch nicht im Bewusstsein der Halter verankert. SAVE konnte in dieser Richtung wichtige Impulse geben. In Arbeitsgruppen wurden die folgenden Themen z.T. sehr kontrovers diskutiert:

- Bestehende Zuchtsysteme
- Verstellung von Tieren
- Produkte und ihre Vermarktung Subventionen
- Herdbuchführung

Schimatari ist eine prosperierende Gemeinde in Zentral-Griechenland. Die Gemeindereform in Griechenland führt dazu, dass Schimatari Umland gewinnt. Neben archäologischen Funden soll eine Farm mit traditionellen Nutztierrassen die Gemeinde attraktiver für Besucher aus dem nahen Athen machen. Der Workshop war daher auch ein wichtiger Impuls für die Gemeinde. Amaltheia wird den Gemeinderat nach Kräften in diesem Anliegen unterstützen. Die Präsentationen des Workshops sind abrufbar unter: www.save-foundation.net/Conferences/Schimatari.htm


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
- Liebenthaler Pferde - Wollschweine in Liebenthal - Typische Ziegenherde in Zentralgriechenland: Eine Mischung verschiedener Varietäten


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Ausradierung eines einmaligen Rinderbestandes

Die Île d'Amsterdam ist eine 55 km² grosse Insel im südlichen Indischen Ocean. Sie liegt nahe der grösseren Insel Kerguelen und gehört zu den südlichen und antarktischen französischen Überseegebieten (Terres Australes et Antarctiques Françaises, TAAF). Im Rahmen der Besiedlung dieser Gebiete vor rund 140 Jahren wurden via die Insel Réunion Nutztiere eingeführt, Bizet Schafe und Mouflons nach Kerguelen, Rinder auf die Île d'Amsterdam. Diese passten sich an die aussergewöhnlichen klimatischen Verhältnisse dieser Kaltgebiete an, vermehrten sich und verwilderten. Kein Wunder, dass sie in zu grosser Zahl Schaden an der einheimischen Flora und Fauna stifteten. Die Rinder auf Amsterdam erreichten einen Bestand von 2.000 Tieren. 1987 wurde daher beschlossen, den Bestand auf 600 Tiere zu beschränken und einzugattern. Die Vegetation und der gefährdete Amsterdam-Albatros erholten sich in der Folge. Der damalige Präfekt der Insel trug der Herde Sorge, stellte sie doch ein einmaliges genetisches Erbe dar. Ein Rinderbestand, der sich in 140 Jahren an die Verhältnisse Nahe der Antarktis angepasst hatte. Umso unverständlicher ist die Tat des neuen Präfekten, der - nach Rücksprache mit einigen ihm vertrauten Forschern - die Ausradierung des Restbestandes anordnete, "um die Insel in den Urzustand rückführen zu können". Selbst den genannten Forschern war aber klar, dass dieses Unterfangen nicht wirklich umsetzbar ist, denn die verwilderten Ratten und Katzen setzen diesem Urzustand wesentlich mehr zu und sind kaum zu eliminieren. Die Ausradierung der leicht kontrollierbaren Gross-Säuger ist daher reine Augenwischerei, die sich leicht als Grosstat für den Naturschutz verkaufen lässt.

Die Eliminierung der Rinder von Amsterdam ist schon abgeschlossen, jene der Schafe auf Kerguelen im Gange. Da die Abschlachtung innert kurzer Zeit erfolgte, konnte die Mehrzahl der Tiere nicht einmal für die menschliche Ernährung genutzt werden. Auch wurde nicht versucht, die Tiere wenigstens in kleiner Zahl, andernorts oder cryo-gefroren zu erhalten. Das verantwortungslos-selbstherrliche Vorgehen eines Präfekten ist erstaunlich in einem Land, das einst zu den Vorreitern der Erhaltung der Agrar-Vielfalt zählte. Und dies alles noch im internationalen Jahr der Biodiversität!

Link: http://troupeauxdestaaf.monsite-orange.fr/


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Kurznachrichten

Forum Carpaticum

Das erste Forum Carpaticum fand am 15.-17. September 2010 in Krakau, Polen statt. Die "Science for the Carpathians Initiative (S4C)" lud Wissenschaftler, Entscheidungsträger und an der nachhaltigen Entwicklung der Karpaten Interessierte ein, um in einem breiten Spektrum der Sozial- und Naturwissenschaften über die Situation und das Potential in den Karpaten zu diskutieren. Das Forum Carpaticum war somit ein Versuch, unterschiedliche Fachgebiete für die nachhaltige Entwicklung der Karpatenregion zu vereinigen. SAVE war mit einem Workshop zum Thema Agrobiodiversität vertreten. Die Gelegenheit, sich auszutauschen und sich mit den Akteuren aus der Region zu vernetzen, war sehr wertvoll.

Weitere Informationen unter: www.forumcarpaticum.org


Gloucester Old Spot Pigs "Garantiert Traditionelle Spezialität"

Die Gloucestershire Old Spots Schweinerasse hat die Herkunftsbezeichnung "Traditional Speciality Guaranteed (TSG)" unter dem Titel 'Traditionally Farmed Gloucestershire Old Spots Pork' erhalten. Es ist weltweit das erste Mal, dass eine Nutztierrasse diesen Status erhält. 11Jahre Vorbereitung waren nötig, weil z.B. nicht klar war, ob eine Rasse überhaupt eine Herkunftsbezeichnung erlangen kann.

Ein Problem war, dass sowohl Einzelhändler als auch Privatpersonen auf lokaler Ebene Fleisch als 'Gloucester Old Spot' verkauften, das von unregistrierten und gekreuzten Beständen kam und damit den guten Ruf des Fleisches als besonders schmackhaft und saftig minderten. Das TSG Siegel gibt nun den Bauern bessere Chancen, derartigen Situationen zu begegnen. Um sich zu qualifizieren und die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, müssen die Tiere im Herdebuch registriert sein. Ferner müssen sie entsprechend den TSG Regeln tiergerecht und extensiv gehalten werden. Mitglieder des "Gloucester Old Spot Breeders Club" empfehlen sehr, dass auch andere Zuchtorganisationen in Europa einen ähnlichen Schutz anstreben sollten, besonders weil die Vermarktung von Produkten vieler Rassen ein wichtiges Instrument zu ihrer Erhaltung ist.

Weitere Informationen:
www.gos-tsg.com und http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2009:238:0008:0013:EN:PDF


Russland startet Untersuchung zur Pawlowsk Samenbank nach Twitter-Kampagne

Durch den Global Crop Diversiy Trust wurde bekannt, dass die russische Pavlovsk Sammlung, durch N. Vavilov aufgebaut und von Forschern während des 2. Weltkrieges mit ihrem Leben geschützt, einer privaten Wohnsiedlung weichen sollte. Aufgrund massiver internationaler Proteste wurde nun bekannt, dass die russische "Housing development Foundation (RZhS)" den Verkauf des Vavilov Institut-Areales gestoppt hat. Eine wissenschaftliche Überprüfung der Anlage soll deren Bestand nun sichern. Insgesamt enthält die Pavlovsk Station mehr als 6.000 Sorten von Früchten, Beeren, Gräsern und Getreiden, 90 Prozent davon sind nirgendwo anders auf der Welt zu finden. Die Weisung, den Ausverkauf der Sammlung zu stoppen, kam direkt aus dem Kreml.

Siehe: www.vaviblog.com



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Veranstaltungen (Auszug)

14.-16. Oktober: 7. Internationales Symposium zu Mittelmeer-Schweinen, Cordoba, Andalusien, Spanien. Kontakt: Emiliano.DePedro@uco.es, Web: http://www.uco.es/congresos/cerdomediterraneo

19. Oktober: Internationales Symposium on "Business & Biodiversity", Paris, Frankreich. Kontakt: business&biodiversity@epe-asso.org, Web: www.epe-asso.org/?part=International_Symposium

21.-25. Oktober: "Terra Madre 2010" und "Salone del Gusto" (Netzwerk der Essens-Gemeinschaft), Turin, Italien. Kontakt: terramadre@slowfood.it, Web: http://www.terramadre.org

22.-25. Oktober: Europom 2010, Wisley, Surrey, Grossbritannien. Web: www.europom.be Kontakt: showscustomercare@rhs.org.uk

27.-29. Oktober: Symposium "Viehhaltung und Umwelt-Wechselwirkungen im Mittelmeerraum" in Zadar, Kroatien. Kontakt: medit.zadar2010@unizd.hr, Web: http://www.unizd.hr/zadar2010

28.-29. Oktober: Nationaler Kongress "Die reinen Rassen: Ein Reichtum für die Spanische Tierzucht", Santiago de Compostela, Spanien. Kontakt: feagas@feagas.es, Web: www.feagas.es

11.-12. November: Europäisches Seminar "European Learning Network on Functional AgroBiodiversity (ELN-FAB)"; Ljubljana, Slovenien. Kontakt: mikos@ecnc.org, Web: www.eln-fab.eu

12.-14. November: Offene Avalon Konferenz "Wie kann die 'Gemeinsame Agrar-Politik (CAP) "grüner gemacht werden?", Bled, Slovenien. Kontakt: office@avalon.nl, Web: www.avalon.nl

12.-14. November: 10. Internationales Treffen der Pomologen in Reichelsheim, Odenwald, Deutschland. Kontakt: m.hess@odenwaldkreis.de, Web: www.ipt.streuobstregion.de/

18.-19. November: Europäische Landwirtschaftstage in Namur, Belgien. Kontakt: c.schalenbourg@reseau-pwdr.be, Web: http://eu-ruraldays.blogspot.com/

29.-30. November: Globales Forum über Landwirtschaft (OECD), Paris, Frankreich. Kontakt: andrzej.kwiecinski@oecd.org

1.-3. Dezember: Internationale Konferenz über Biodiversität - Biodiversität und die UN-Milleniums Entwicklungsziele: Herausforderungen für Forschung und Aktion; Frankfurt/Main, Deutschland. Web: www.biodiversity-conference2010.de//index.php/home.html

8.-9. Dezember: Antworten auf soziale und Umwelt-Herausforderungen für unsere instabile Erde (RESCUE): Europäische Antworten auf grosse Herausforderungen in der Forschung. Antwerpen, Belgien. Web: www.esf.org/index.php?id=6198

Weitere Daten siehe: www.save-foundation.net/deutsch/aktuell.htm


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Sie können die SAVE eNews auch von folgender URL als PDF herunterladen:
http://www.save-foundation.net/deutsch/PDF/news/SAVE_eNews_10_3de.pdf

Den Inhalt des Newsletters finden Sie zudem auf der Aktualitätenseite unseres Webauftrittes:
http://www.save-foundation.net/deutsch/aktuell.htm

Arche-Netzwerk: http://www.arca-net.info
ELBARN Net: http://www.elbarn.net
Agrobiodiversity.Net: http://www.agrobiodiversity.net


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Quelle:
SAVE eNews 3/2010, 04.11.2010
Elektronischer Infodienst der SAVE Foundation
Herausgeber:
SAVE Foundation, Head Office
Joseph-Belli-Weg 5, D-78467 Konstanz, Deutschland
E-Mail: office@save-foundation.net
Internet: http://www.save-foundation.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2010