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MELDUNG/411: "Rettungsnetz Wildkatze" - Gefahr durch Waldarbeiten und Spaziergänger (BUND NI)


BUND Landesverband Niedersachsen e.V. - Hannover, 7. Juni 2019

Waldarbeiten wegen Borkenkäfer schaden der Wildkatze - BUND appelliert: Wildkätzchen bitte im Wald lassen!


in den kommenden Sommermonaten wird es in Niedersachsens Wäldern vermehrt zur Sichtung junger Wildkatzen kommen. In diesem Jahr sind die Wildkätzchen besonders gefährdet, da in Niedersachsen aufgrund einer befürchteten Ausbreitung des Borkenkäfers in vielen geschützten Wäldern - anders als sonst - auch zwischen März und September Bäume gefällt und entnommen werden dürfen.

"Die Waldarbeiten können dazu führen, dass die Mutterkatze für eine längere Zeit vertrieben wird oder Kätzchen in ihrem Versteck umkommen, wenn Holzstapel in der Aufzuchtzeit abgeräumt werden", gibt die BUND-Wildkatzenexpertin Andrea Krug zu bedenken. Der BUND kritisiert, dass die Holzentnahme im Frühjahr und Sommer in Niedersachsen zu wenig eingeschränkt wird und kürzlich sogar innerhalb von Natura 2000-Gebieten aufgehoben wurde. "Die Begrenzung von Holzentnahmen dient maßgeblich dem Schutz von Fortpflanzungs- und Ruhestätten streng geschützter Tierarten. Dieser ist nun nicht mehr gewährleistet. Rechtfertigt ein möglicher wirtschaftlicher Schaden durch einen Borkenkäferbefall, dass der Artenschutz in Schutzgebieten außer Kraft gesetzt wird?", fragt Susanne Gerstner, BUND-Landesgeschäftsführerin.

Der BUND fordert Spaziergänger und Wanderer auf, Wildkätzchen nicht anzufassen oder gar mitzunehmen, auch wenn sie scheinbar allein und mutterlos angetroffen werden. Immer wieder nehmen besorgte Tierfreunde Jungtiere mit, bringen sie zu Tierärzten oder Schutzstationen oder behalten sie einfach zu Hause. "Davon raten wir dringend ab", sagt Krug. "Das Muttertier ist in der Regel nicht weit weg, gerade auf Mäusejagd oder versteckt sich in unmittelbarer Nähe." Die Jungtiere sollten nur aus größerer Entfernung beobachtet werden. "Wenn Spaziergänger Zweifel haben, ist es sinnvoll, den zuständigen Förster, Jäger oder den BUND zu kontaktieren, und die Stelle, an der die Kätzchen gesichtet wurden, mitzuteilen. Unsere Kolleg*innen kümmern sich dann darum", so Krug.

Die Wildkatze benötigt für die Aufzucht ihres Nachwuchses Baumhöhlen, Totholz, umgeworfene Wurzelteller und dichtes Gestrüpp als Versteck. Der BUND fordert Förster und Waldbesitzer auf, den Windwurf von Winterstürmen wo immer möglich in den Wäldern zu belassen und vom Borkenkäfer befallene Bäume in Schutzgebieten erst bei der regulären Holzernte im Herbst zu beräumen, um Wildkatzen und andere bedrohte Waldtiere nicht bei der Aufzucht zu stören und zu gefährden.

Wer Wildkatzenjunge gesehen hat, kann dies dem BUND Niedersachsen "Rettungsnetz Wildkatze" melden:
www.bund-niedersachsen.de/wildkatzen

Hintergrund:

Die Wildkatze breitet sich seit einigen Jahren auch in Niedersachsen weiter aus. Auch in der Lüneburger Heide konnte der BUND die Mäusejägerin bereits nachweisen. Häufig werden die grau-getigerten Wildkätzchen für Nachwuchs verwilderter Hauskatzen gehalten. Insbesondere junge Wildkatzen sehen Hauskatzen zum Verwechseln ähnlich. Wenn sie älter werden, verblasst die Fellzeichnung und sie sind durch ihren kräftigen Körperbau und den buschigen Schwanz mit stumpfer, schwarzer Spitze als Wildkatze besser zu erkennen.

Bäume zu fällen und aus den Waldflächen abzutransportieren ist in der Brut- und Setzzeit in Wäldern in Niedersachsen nicht generell verboten. Lediglich in den wertvollsten Teilen von Natura-2000-Gebieten ist dies in der Regel von Anfang März bis Ende August nur mit Zustimmung der Naturschutzbehörde erlaubt. Selbst diese, aus Sicht des BUND völlig unzureichende Einschränkung, soll in diesem Jahr nicht gelten. Das niedersächsische Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium hatten den Landkreisen und kreisfreien Städten im März aufgrund der befürchteten Ausbreitung des Borkenkäfers empfohlen, die zeitliche Begrenzung für die Holzentnahme und Pflege in Natura-2000-Gebieten vorübergehend auszusetzen.

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Quelle:
Presseinformation vom 07.06.2019
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Niedersachsen
Goebenstr. 3a, 30161 Hannover
Tel.: 0511/965 69-0, Fax: 0511/662 536
E-Mail: presse.nds@bund.net
Internet: www.bund-niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2019

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