WWF Pressemitteilung - 29. September 2022
Ausbau der Grenzoder: WWF fordert Moratorium
Umweltorganisation verweist auf Empfehlungen aus polnischer und deutscher Wissenschaft
Berlin, 29.09.22 - Der WWF Deutschland hat kurz vor der für den 30.9. angekündigten Veröffentlichung von deutschen und polnischen Expertenberichten zur Umweltkatastrophe in der Oder einen unverzüglichen Stopp der Ausbauarbeiten gefordert. Die Bundesregierung müsse die 2015 mit der Republik Polen beschlossenen Ausbauarbeiten neu bewerten. Die Umweltorganisation fordert ein Moratorium für den Ausbau. Statt eines Ausbaus sind umfangreiche Maßnahmen zur Revitalisierung des Flusses geboten, z.B. die Wiederanbindung von Nebengewässern. Der WWF stützt sich auch auf die Einschätzungen namhafter wissenschaftlicher Einrichtungen beiderseits der Oder, darunter der Polnischen Akademie der Wissenschaften, der Polnischen Hydrobiologischen Gesellschaft und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin. In Positionspapieren zur Umweltkatastrophe sprechen sich auch die drei wissenschaftlichen Einrichtungen klar gegen den weiteren Ausbau der Oder aus.
Der Gewässerexperte des WWF, Tobias Schäfer, sagte: "Wir haben an der Oder eine menschengemachte Katastrophe erlebt, die das Flussökosystem massiv geschädigt hat. Mit der weiteren Kanalisierung ist die nächste Katastrophe programmiert. Würde der Ausbau wie geplant erfolgen, würde sich die Widerstandsfähigkeit der Oder weiter dramatisch verschlechtern. Wir fordern Bundesverkehrsminister Volker Wissing deshalb auf, ein Moratorium für den Ausbau der Oder auf den Weg zu bringen."
In einer Resolution vom 9.9.22 sprach sich die Polnische
Hydrobiologische Gesellschaft, in der mehrere hundert
Fachwissenschaftler und Fachwissenschaftlerinnen organisiert sind,
gegen den Bau weiterer Staustufen aus. Statt den Fluss weiter zu
regulieren, sollte der Wasserrückhalt in der Landschaft erhöht werden,
was dazu beitragen würde, auch die Auswirkungen von Trockenheit auf
Fließgewässer und Landökosysteme zu vermindern.
Link (polnisch):
http://www.pth.home.pl/portal/index.php/8-informacje-administracyjne/81-stanowisko-polskiego-towarzystwa-hydrobiologicznego-w-sprawie-odry
(eine englische Übersetzung schicken wir Ihnen gerne zu)
Die Polnische Akademie der Wissenschaften kam in einem Bericht vom
12.9.22 u.a. zu dem Schluss, dass das Management der Wasserressourcen
entlang der Oder verbessert werden müsse. Die Regulierung müsse
gestoppt und Maßnahmen zur Renaturierung der Oder, ihrer Auen und
ihrer Nebenflüsse ergriffen werden, um die Widerstandsfähigkeit des
Flusses zu erhöhen. Zudem warnt die Akademie davor, zur
Wiederherstellung des Fischbestands gebietsfremde Arten in die Oder
einzusetzen.
Link (polnisch):
https://informacje.pan.pl/17-pan-poleca/3671-katastrofa-na-odrze-geneza-terazniejszosc-zalecenia-na-przyszlosc
Das deutsche Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
kommt in einem Policy-Brief vom 12.9. u.a. zu der Einschätzung, dass
flussbauliche Maßnahmen zur Vertiefung oder zum Aufstau der Oder
beendet werden müssen. Emissionen in die Oder seien zu reduzieren, der
Hauptlauf der Oder zu renaturieren und mit Nebengewässern zu
vernetzen. Ein Besatz mit gebietsfremden Arten müsse unterbleiben, das
internationale Gewässermanagement gestärkt und ein digitales
Monitoringsystem zur Überwachung des Zustands der Oder mit frei
zugänglichen Daten ausgeweitet werden.
Siehe: IGB Policy Brief:
https://www.igb-berlin.de/sites/default/files/media-files/download-files/IGB%20Policy%20Brief%20-%20Die%20Zukunft%20der%20Oder_web.pdf
Übereinstimmend wird von den polnischen und deutschen Wissenschaftlern unterstrichen, dass es sich um eine menschengemachte Katastrophe handelt. Ursache des katastrophalen Fisch- und Muschelsterbens in der Oder waren nach bisherigen Erkenntnissen eine Vielzahl vom Menschen direkt oder indirekt zu verantwortende Faktoren wie eine stark erhöhte Salzfracht aufgrund von Einleitungen, übermäßige Nährstoffeinträge, hohe Temperaturen und eine geringe Wasserführung. Unter diesen Bedingungen konnte sich eine toxische Brackwasseralge massenhaft vermehren und ihr tödliches Gift verbreiten.
An der Grenzoder verfolgen die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Polen seit 2015 Ausbaupläne wie eine Einengung des Flusses und die Befestigung der Ufer. Auf polnischer Seite haben die Arbeiten im Frühjahr 2022 begonnen. Die Republik Polen plant zudem, die Oder zur europäischen Wasserstraße (E30) auszubauen und auf diese Weise über einen Donau-Oder-Elbe-Kanal die Ostsee mit dem Schwarzen Meer zu verbinden.
Der WWF Deutschland ist Mitglied des 'Aktionsbündnis lebendige Oder', in dem sich zehn deutsche Umwelt- und Naturschutzorganisationen zusammengeschlossen haben. Länderübergreifend haben sich deutsche, polnische und tschechische Umweltorganisationen im Bündnis 'Zeit für die Oder' zusammengeschlossen.
Link: www.saveoder.org
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Quelle:
WWF Pressemitteilung, 29.09.2022
Herausgeber: WWF Deutschland
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Tel.: 030 311 777 - 0, Fax: 030 311 777 - 603
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Internet: www.wwf.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 1. Oktober 2022
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