Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → LEBENSRÄUME


RECHT/068: Punkt für Kommission im Bialowieza-Streit (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - 22.02.2018 / Naturschutz & Biodiversität

Punkt für Kommission im Bialowieza-Streit


Die Abholzungen im polnischen Bialowieza-Nationalpark verstoßen gegen EU-Naturschutzrichtlinien. Das hat der zuständige Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) festgestellt und den Richtern damit eine Verurteilung Polens empfohlen.

In seinem am Dienstag veröffentlichten Schlussantrag erklärte Generalanwalt Yves Bot, dass der Holzeinschlag in Bialowieza nicht ausreichend Rücksicht auf den Schutz der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tiere und Pflanzen nehme. Die polnischen Behörden hätten im Rahmen der verstärkten Abholzungen entsprechende Erhaltungsmaßnahmen für betroffene Tiere und Pflanzen berücksichtigen müssen. Da jedoch keine Rücksicht auf die Unversehrtheit des Gebiets genommen wurde, stellen die Abholzungen einen Verstoß gegen EU-Recht dar.

Trotz scharfer Kritik von Umweltschützern und der EU-Kommission führt Polen seit 2016 erhöhte Baumfällarbeiten im letzten Urwald Europas durch. Der Wald beherbergt 20.000 verschiedene Spezies und ist teilweise Natura2000-Schutzgebiet und UNESCO-Weltkulturerbe. Die EU-Kommission hatte sich im Juli 2017 an den EuGH gewandt, um die illegalen Abholzungen in Polen zu stoppen (s. EU-Umweltnews vom 20.07.2017 [1]). Eine anschließende einstweilige Verfügung des EuGH, die Polen weitere Abholzungen bis zum Ende des Verfahrens untersagte, hatten die Behörden nach Angaben von Umweltschützern ignoriert.

Obwohl die Richter des EuGH den Empfehlungen der unabhängigen Generalanwälte nicht folgen müssen, tun sie dies in der Praxis häufig. Umweltorganisationen begrüßen daher die Stellungnahme des Generalanwalts. Sabien Leemans von WWF Europe hofft damit auf eine Signalwirkung: "Die heute erklärte Stellungnahme sollte ein Wachruf für alle Regierungen in der EU sein, die gegen EU-Naturschutzrichtlinien verstoßen, die nicht nur Bialowieza, sondern auch viele andere bedrohte natürliche Gebiete und Arten schützen. Die Europäische Kommission muss gegenüber Mitgliedstaaten sehr viel härter durchgreifen und signalisieren, dass klare Verstöße gegen diese Richtlinien ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen."

Das endgültige Urteil im Bialowieza-Verfahren wird in den kommenden Monaten erwartet. Bei einer Verurteilung erwarten Polen Strafzahlungen. [km]


Stellungnahme des Generalanwalts
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-02/cp180013en.pdf

Anklageschrift
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=195326&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=782556

WWF-Stellungnahme
http://www.wwf.eu/?uNewsID=323493

[1] https://www.dnr.de/eu-koordination/eu-umweltnews/2017-naturschutz-biodiversitaet/bialowieza-nationalpark-eu-kommission-verklagt-polen-und-fordert-abholzungsstopp/

*

Quelle:
EU-News, 22.02.2018
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang