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SCHUTZGEBIET/642: Bund Naturschutz sichert im Wallersdorfer Moos 30 Hektar für den Naturschutz (BN)


Bund Naturschutz in Bayern e.V. - München/Dingolfing 21.06.2010

Bund Naturschutz (BN) sichert im Wallersdorfer Moos 30 Hektar für den Naturschutz


Herausragender Beitrag im internationalen Jahr der biologischen Vielfalt für die Bewahrung und Verbesserung von Moorlebensräumen im Unteren Isartal und zugleich ein beispielhafter Schritt beim Klimaschutz. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN, dankt der Kreisgruppe für ihren langjährigen Einsatz zum Schutz der Niedermoore im Landkreis Dingolfing-Landau.

Im vergangenen Jahr konnte die BN-Kreisgruppe Dingolfing-Landau 27 Hektar Acker- und Wiesenflächen im Wallersdorfer Moos erwerben. Bereits seit längerem besitzt sie weitere drei Hektar in diesem Naturraum. Damit konnte ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung wertvoller Flächen erreicht und die Grundlage für Lebensraumverbesserungen im Rahmen des BayernNetzNatur-Projektes "Wallersdorfer Moos" geschaffen werden. Möglich war dieser Grundstückskauf nur dank finanzieller Unterstützung durch die Regierung von Niederbayern, das Bayerische Umweltministerium, den Landwirtschaftsfonds der EU sowie vieler privater Spenderinnen und Spender.

Der BN-Landesvorsitzende Prof. Dr. Hubert Weiger bedankte sich bei allen Beteiligten, die dazu beitrugen diese wichtige Grundlage zum Schutz der stark bedrohten Moorlebensräume in Bayern zu schaffen. "Früher wurden Moore und Moose als wertlos und öde angesehen. Heute kennt man ihre große Bedeutung für den Wasserrückhalt, den Klimaschutz und den Erhalt der Artenvielfalt", erklärte Weiger. Moore sind wichtige Kohlenstoffspeicher sowie Lebensraum für eine Vielzahl seltener Arten die an die speziellen Standortbedingungen angepasst sind. Leider sind in Bayern bereits 95% der Moore entwässert. "Umso wichtiger sind daher Projekte zur Renaturierung und Verbesserung der Moore, wie es jetzt auf den BN-Flächen im Wallersdorfer Moos möglich ist", so Weiger.

Von zentraler Bedeutung ist dabei auch eine naturverträgliche landwirtschaftliche Nutzung und keine weiteren Wiesenumbrüche mehr in den noch bestehenden Moosgebieten, betonte der Landesvorsitzende. "Denn Moorschutz ist Klima-, Hochwasser- und Artenschutz in einem Guss und deshalb von zentraler Bedeutung für uns alle!

Das Wallersdorfer Moos ist im Landkreis Dingolfing-Landau, neben dem Königsauer Moos, ein besonders hochwertiges Wiesenbrütergebiet. Es ist geprägt durch einen hohen Strukturreichtum, ein bewegtes Bodenrelief und ausgedehnte Niedermoorflächen. Auf Grund seiner bayernweit herausragenden Arten- und Lebensraumausstattung wurde das Gebiet als BayernNetzNatur-Projekt aufgenommen und ist ein wichtiger Teil im Biotopverbund des Niedermoorgürtels im Isartal von Freising bis Plattling. "Wir wollten mit dem Grunderwerb die Voraussetzung schaffen um diese Flächen zu sichern und zu verbessern, soweit dies notwendig ist", sagte Peter Hirmer, der Vorsitzende der BN-Kreisgruppe. "Zusätzlich können in diesen Bereichen auch Ziele unseres Biodiversitätsprojektes zum Amphibienschutz im Landkreis erreicht werden", erklärte Hirmer weiter.

Die BN Kreisgruppe ist froh darüber, dass mit dem Grunderwerb im vergangenen Jahr alles geklappt hat und freut sich darüber, dass jetzt fast 100 Tagwerk für Brachvogel, Laubfrosch und Prachtnelke zur Verfügung stehen. "Aufgrund der bestehenden Pachtverhältnisse wird auf einem Teil der Flächen heuer noch Mais angebaut. Sie können erst im Spätherbst oder nächstes Jahr umgestaltet werden.", betonte Franz Meindl, der das Wallersdorfer Moos-Projekt für die Kreisgruppe betreut. Er wies darauf hin, dass nun der nächste Schritt die Erstellung eines Pflege- und Entwicklungskonzepts ist. Die fachliche Steuerung wird dabei von einer Projektgruppe durchgeführt, der, neben dem Bund Naturschutz, die Regierung von Niederbayern, die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Dingolfing-Landau sowie der Landschaftspflegeverband Dingolfing-Landau angehören.

Der Erwerb dieser Flächen dient der Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie sagte Matthias Walch von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt. Durch die zukünftige, naturschonende Wiesennutzung sollen wertvolle Lebensräume für viele Tiere und Pflanzen entstehen. Die Umwandlung der Äcker in Grünland wird auch die Zersetzung des Niedermoorbodens verringern und die Winderosion mildern. Mit der verminderten Torfzersetzung wird der Austrag von Nitrat und klimaschädlichem Kohlendioxid in die Umwelt reduziert. "Auf Grund unserer guten Ergebnisse bei der Erhaltung und Neuschaffung von Niedermoor-Lebensräumen im Königsauer Moos, werden wir auch im Wallersdorfer Moos einen ähnlich guten Beitrag zur Bewahrung der Artenvielfalt des Isartales leisten können", ist sich Dr. Jochen Späth, der Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes Dingolfing-Landau sicher.


Herausragende Arten- und Lebensraumvielfalt

Im unteren Isartal bildeten sich während der letzten 12 000 Jahre ausgedehnte Niedermoore. Diese nassen, torfigen Moorböden zwischen Landshut und Wallersdorf wurden bis Mitte des 20. Jahrhunderts meist als

Wiesen genutzt. Durch die Isar-Regulierung und die Moosentwässerungen, die Ende des 19. Jahrhunderts begannen, sank der Grundwasserspiegel im Isartal um bis zu 2 m. Als Folge davon wurden im Wallersdorfer Moos nach und nach zahlreiche Wiesen in Äcker umgewandelt. Viele der blütenreichen Niedermoorwiesen und feuchten Streuwiesen verschwanden und damit auch der Lebensraum von Moosbewohnern wie Brachvogel, Blaukehlchen, Sibirischer Schwertlilie und Schwertschrecke. Trotz dieser enormen Artenverluste gehört das Wallersdorfer Moos heute aber immer noch zu den wertvollsten Lebensräumen im unteren Isartal.

Die ökologische Vielfalt dieser Landschaft ist unter anderem auf den kleinflächigen Wechsel von unterschiedlichsten Biotoptypen wie Gehölzgruppen, Einzelbäumen, Feuchtwiesen, Tümpeln, Seigen, Hecken, Hochstaudenfluren, Gräben, Schilf- und Altgrasbeständen zurückzuführen. Die Bedeutung des Wallersdorfer Mooses und die Schutzwürdigkeit wurden im Rahmen eines Sicherungs- und Entwicklungskonzepts der Regierung von Niederbayern bereits in den 90er Jahren offenkundig.

Bei den Vogelarten konnten 85 Brutvögel nachgewiesen werden. Die Leitart der Wiesenbrütergebiete in Bayern, der Große Brachvogel, kommt hier aktuell mit ca. 7 Brutpaaren vor. Die Reproduktionsrate von 0,8, die für eine langfristig stabile Population erforderlich ist, wird jedoch seit den 80er Jahren nicht mehr erreicht (1983 noch 15 Brutpaare). Für diese Vogelart ist der Erhalt, bzw. die Entwicklung großräumiger grünlandgeprägter Lebensräume mit ausreichend stocherfähigen Nahrungsflächen überlebensnotwendig.

Das Blaukehlchen hat mit einem Bestand von ca. 250 Brutpaaren im gesamten Unteren Isartal neben dem Vorkommen am Neusiedler See das zweitgrößte Vorkommen in Europa. Dem Lebensraumschutz für diese Vogelart kommt im Wallersdorfer Moos europäische Bedeutung zu. In diesem Teillebensraum wird der Bestand auf ca. 34 Brutpaare geschätzt.

Bei den Amphibienarten ist insbesondere das Vorkommen der überregional bedeutsamen Arten Knoblauch-, Kreuz- und Wechselkröte hervorzuheben. Auch bei den Pflanzen ist das Wallersdorfer Moos von überregionaler Bedeutung. Es wurden 119 landkreisbedeutsame Arten, darunter auch bayernweit gefährdete wie das Gnadenkraut, die Sumpfwolfsmilch oder die Sumpf-Platterbse kartiert.


Projektziele

Durch den Ankauf können nun Ackerflächen auf anmoorigen Böden in extensive Wiesen umgewandelt und wertvolle Wiesenstandorte gesichert sowie optimiert werden. Dabei kann u.a. der Lebensraum für den Großen Brachvogel und das Blaukehlchen wesentlich aufgewertet werden. Weiterhin können im Rahmen des Biodiversitätsprojektes "Artenschutzkonzept Amphibien" auch Biotopgestaltungsmaßnahmen auf gezielten Einzelflächen für europaweit seltene und streng geschützte Arten wie Wechselkröte und Laubfrosch umgesetzt werden.

Zudem sollen an geeigneten Stellen Tümpel und Feuchtmulden angelegt werden um neue Lebensräume zu schaffen. Gemeinsam mit den kommunalen Naturschutzflächen des Landkreises Dingolfing-Landau, der Stadt Landau sowie des Marktes Wallersdorf und unter aktiver Mitwirkung der Landwirte, der Naturschutzverbände, des Landschaftspflegeverbandes, des Amtes für ländliche Entwicklung sowie den Naturschutz- und Landwirtschaftsbehörden soll das Wallersdorfer Moos als Arche der Artenvielfalt langfristig bewahrt und verbessert werden.

Anlage: Karte zur Lage der BN-Ankaufsflächen im Wallersdorfer Moos (gelb markiert)

Download:
PM_FA_22_10_Wallerdorfer_Moos.pdf
PM_FA_22_10_Anh_Bearbeitungsgebiet.pdf


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Quelle:
Presseinformation PM 22/2010/FA Naturschutz, 21.06.2010
Herausgeber:
Bund Naturschutz in Bayern e.V.
Landesgeschäftsstelle
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Tel. 0 941/ 2 97 20-0, Fax 0 941/ 2 97 20-30
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Internet: www.bund-naturschutz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2010