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TOURISMUS/082: Wassertourismuskonzept lässt noch viele Fragen offen (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1094, vom 15. Okt. 2016 - 36. Jahrgang

regioWASSER e.V. - Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Wassertourismuskonzept lässt noch viele Fragen offen


Der Entwurf für ein Wassertourismuskonzept wurde am 01.07.2016 auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) veröffentlicht - und hat zugleich bei vielen Wassertourismus- und Wassersportverbänden für Unmut gesorgt. Denn nachdem die Bundesregierung vor acht Jahren in der 16. Legislaturperiode durch den Bundestag den Auftrag bekommen hat,

"einen Vorschlag zur Schaffung der organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen zur Verbesserung der wassertouristischen Infrastruktur an Bundeswasserstraßen unter der Bedingung vorzulegen, dass weder zusätzliche Hausmittel benötigt werden, noch Verschiebungen des Ressourceneinsatzes zulasten des Hauptnetzes der Bundeswasserstraßen erfolgen." (BT-Drucksache 16/10593),

bleiben noch viele Fragen offen. Kernbestandteil des Wassertourismuskonzeptes (WTK) ist, die hierfür erforderliche Finanzierung und Personalausstattung sicherzustellen, das heißt der Bund bekennt sich zu seiner Verantwortung und wird auch weiterhin dafür sorgen, dass die nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen. Weiter will das WTK den Schwerpunkt auf Freizeitwasserstraßen und naturnahe Wasserstraßen setzen. Die Infrastruktur auf Haupt- und Güterwasserstraßen sind laut dem WTK akzeptabel und müssen nicht weiter für den Tourismus verbessert werde. Deshalb fokussieren sich die Anstrengungen des WTK nun auf die vom Güterverkehr wenig bis gar nicht genutzten 2800 km langen Freizeitwasserstraßen und naturnahen Wasserstraßen - einschließlich der dort vorhandenen etwa 120 Wehranlagen und 140 Schleusen. Da diese größtenteils veraltet, sind müssen sie überholt werden. Die Konkurrenzsituation zwischen der finanziellen Ressourcennutzung zum Ausbau der Hauptwasserstraßen und zum Erhalt der Nebenwasserstraßen soll ebenfalls gelöst werden. Mit der Aufstellung von Entwicklungskonzepten möchte das WTK die Freizeitwasserstraßen entwickeln und Naturgewässer aufwerten. So soll die Freizeitnutzung zwar an den Gewässern möglich sein, sie wird allerdings vorrangig aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet. Das heißt, dass an stark mit Motorbooten und Fahrgastschiffen frequentierten Gewässern weiterhin der Schleusenbetrieb aufrechterhalten werden soll. Ferner sollen die weniger befahrenen Gewässer nur für die motorlose Freizeitnutzung ausgelegt werden. Möglicherweise sollen diese naturnahen Wasserstraßenrelikte in das Projekt "Blaues Band" (s. RUNDBR. 1090/-1-3) mit aufgenommen werden.

Um diese Ziele zu erreichen, wird im Zuge der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ein eigener Organisationszweig geschaffen. Dadurch soll die Konkurrenz zwischen Freizeit- und Hauptwasserstraßen aufgelöst werden. Hier wird auch geprüft, ob die Länder einer möglichen Entwidmung und damit die Übernahme der Freizeitgewässer und deren Kosten zustimmen. Weiter soll geprüft werden, welche anderen Finanzquellen möglich wären (beispielsweise Maut, Schleusengebühren etc.) -tb-

WTK: Kommt eine Maut für Sportboote?

Die Wassersport- und Tourismusverbände kritisieren vor allem die vagen Formulierungen des Entwurfs zu einem Wassertourismuskonzept (WTK). Es werde der Anschein erweckt, dass der Konzeptentwurf nur ein "Bericht zum aktuellen Stand der Überlegungen sei" und kein fertiges Konzept. Die Verbände begrüßen die Schaffung eines eigenen Organisationszweiges für Freizeit- und Naturgewässer in der Wasserstraßenverwaltung. Sie fürchten aber eine mögliche Entwidmung der Wasserstraßen - was zur Folge hätte, dass etwaige Länder auch die finanziellen Lasten übernehmen müssten. Voraussehbar sei, dass wegen der finanziellen Folgelasten einer Entwidmung nicht alle Länder zustimmen wollen und werden. Auch wird kritisiert, dass die Datenerhebung für das WTK und die Kategorisierung der Wasserstraßen von privaten Beratungsfirmen durchgeführt wurden und in der Art nicht generalisierbar sind. So werden bei der Kategorisierung der Wasserstraßen zwar die Anzahl der geschleusten Touristen- und Charterboote berücksichtigt, aber die 400.000 privaten Sportboote nicht als touristisch relevant eingestuft. Auf Argwohn der Lobbyverbände des Wassersports stößt auch das Ansinnen, mit Motor betriebene Boote und größere Segelboote finanziell zu belasteten. Allerdings sagt der WTK-Entwurf nicht aus, auf welche Art und Weise eine Nutzergebühr erhoben werden könnte. Es werden Optionen wie Maut und Schleusengebühren erwähnt, aber es gibt keine generelle Festlegung. Nutzergebühren könnten individuell für das jeweilige Gewässer und seinen Unterhaltungsaufwand erhoben werden. Die Verbände fordern, dass der gesonderte Haushaltstitel finanziell so auszustatten ist, dass daraus dauerhaft neben den Kosten für Betrieb und Erhaltung auch Investitionen für die Verbesserung der Wasserstraßen bestritten werden können. Die Lobbyverbände fordern ein WTK, das unter Einbindung aller Betroffenen erarbeitet wird und das eine klare Perspektive für die weitere Entwicklung aufzeigt. Und die wassersportlichen und -touristischen Aktivitäten einerseits sowie die Renaturierung von Fließgewässern andererseits (wie zum Beispiel im Bundesprogramm "Blaues Band Deutschland" angelegt) dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Wassertourismus-Verbände bieten hierzu auch ausdrücklich ihre Mitarbeit an. -tb-

BMVI: Keine Entwidmung von Bundeswasserstraßen geplant!

Eine Anfrage unsererseits an das BMVI hinsichtlich der Entwidmung von Bundeswasserstraßen und einer Teilfinanzierung durch Bootsfahrer ergab folgende Antwort:

"Der Bund bekennt sich damit zu seiner Verantwortung für die in seinem Eigentum stehenden Wasserstraßen, insbesondere auch für diejenigen, die nicht mehr für den Gütertransport bedeutend sind, sondern nahezu ausschließlich Freizeitzwecken und der Natur dienen. Eine Abgabe solcher Wasserstraßen an die Länder oder Kommunen ist dabei seitens des Bundes nicht vorgesehen. Dort werden unter Einbeziehung der Verantwortlichen und der Akteure vor Ort Entwicklungskonzepte aufgestellt, in denen die zukünftigen Infrastrukturen und Nutzungen, Art und Umfang der Unterhaltung sowie die verkehrlichen, ökologischen und weiteren Ziele beschrieben werden. Zur Teilrefinanzierung der Freizeitnutzung ist mittelfristig eine individuelle, verhältnismäßige Nutzungsabgabe für die konkrete Nutzung angedacht (dies gilt nicht für muskelkraftbetriebene Sportboote)." (12.09.16)

Somit fällt der von den Wassersportverbänden zunächst formulierte Kritikpunkt einer drohenden Entwidmung der touristisch genutzten Bundeswasserstraßen weg. Es bleibt damit aber immer noch zu klären, wie genau und mit welchen Beträgen die Bootsfahrer die Unterhaltung der Freizeitgewässer, finanzieren sollen. Ferner steht noch die Entscheidung aus, wie die Einbindung von 600 km besonders naturnaher (Ex-)Bundeswasserstraßen in das Bundesprogramm "Blaues Band" bewerkstelligt werden kann, ohne die touristischen Gewässernutzer auf die Palme zu bringen. -tb-

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1094
Herausgeber:
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2017

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