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LAIRE/081: Obama will Artenschutzgesetz zu mehr Geltung verhelfen (SB)


Aufweichung des Artenschutzgesetzes durch George W. Bush soll unwirksam gemacht werden

Den Tier- und Pflanzenarten in den USA könnten von anderer Seite Ungemach drohen


Eine umwelt-, klima- und menschenfreundlichere Politik zu versprechen, fiel dem neuen US-Präsidenten Barack Obama nach den in jeder Hinsicht desaströsen acht Jahren unter dem "Decider" George W. Bush nicht schwer. Im Vergleich zu dieser Zeit hätte sich in den Vereinigten Staaten eigentlich nicht nur allgemeine Erleichterung breitmachen, sondern diese auch halten müssen. Doch hat sich erwiesen, daß der von Obama verheißene "Change" in vielerlei Hinsicht nicht grundsätzlich gemeint war: Statt weiter Krieg gegen Irak zu führen, wird das Kampfgeschehen lediglich nach Pakistan und Afghanistan verlegt; das Gefangenenlager Guantánamo soll geschlossen werden, doch Baghram und andere Folterstätten bleiben erhalten; Gefangene sollen nicht mehr gefoltert werden, doch ihr Beinahe-Ertränken beim Waterboarding wird beibehalten.

Und wie verhält es sich mit der Rücknahme der von der Bush-Administration im Dezember 2008 beschlossenen Verwässerung des Artenschutzgesetzes? Das Endangered Species Act verlangt von den Bundesbehörden der USA, neue Bauvorhaben (Straßen, Dämme, etc.) von den Naturschutzexperten des Fish and Wildlife Service dahingehend prüfen zu lassen, ob die Gefahr einer Verletzung des Artenschutzgesetzes vorliegt, so daß gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz von Pflanzen und Tieren getroffen werden können. Die Bush-Regierung hatte auf dem letzten Drücker neue Bestimmungen erlassen, die eine Pflicht zur Prüfung aufhoben und diese der Freiwilligkeit der einzelnen Behörden überließen. Außerdem sollten Bedenken wegen der Gefährdung einer Art keine aufschiebende Wirkung für ein Projekt haben.

Aus Anlaß des 160jährigen Bestehens des Innenministeriums, dem der Fish and Wildlife Service zugeordnet ist, erklärte Obama, daß die Arbeit von Wissenschaftlern und Experten in seiner Administration "respektiert" werde und daß nach mehr als drei Jahrzehnten, in denen das Artenschutzgesetz die bedrohtesten Arten bewahrt habe, nach Wegen seiner Verbesserung gesucht werden sollte, anstatt es zu schwächen.

Die Gesetzesänderung der Bush-Regierung ist nicht ohne weiteres umkehrbar, Obama muß neue Bestimmungen erlassen, was mindestens 60 Tage dauert, in denen sich die Öffentlichkeit zu dem Gesetzesentwurf äußern kann.

Umweltschützer in den USA sind erleichtert ... man kann ihnen nur wünschen, daß Obama in diesem Fall hält, was er verspricht. Genauer gesagt, was er zu versprechen vorgibt. Man wird sehr genau auf die Formulierungen achten müssen, die der neue Präsident gebraucht. Beispielsweise hatte er den Abzug der US-Kampftruppen aus dem Irak zugesagt - aber 50.000 Soldaten sollen bleiben. Die werden kurzerhand als Ausbilder für die irakische Armee bezeichnet. Damit sind sie formal keine Kampftruppen - obwohl sie gegebenenfalls in Kämpfe eingreifen dürfen.

Solche winkeladvokatischen Finessen könnten hinsichtlich des Artenschutzgesetzes darauf hinauslaufen, daß Obama zunächst wieder den alten Zustand in der Gesetzgebung herstellt, aber daß es womöglich Tieren und Pflanzen auf andere Weise an den Kragen geht. Beispielsweise durch die geplante Erhöhung des Anteils an Agrosprit auf jährlich 136 Milliarden Liter bis zum Jahr 2022. Obama ist ein großer Befürworter des Ersatzes fossiler Brennstoffe durch alternative Energieträger - von erneuerbaren Energien sollte man im Zusammenhang mit Pflanzen nicht sprechen, denn es sind nie dieselben, die zu Treibstoff verarbeitet werden. Der Verlust an Bodenqualität ist nur ein Faktor, der in diesem Zusammenhang die Bezeichnung "erneuerbar" ad absurdum führt.

Wenn die US-Regierung weiterhin auf Anreize setzt - die Herstellung von einer Gallone (3,78 Liter) Ethanol wird mit 46 Cent und einer Gallone Biodiesel mit einem Dollar gefördert -, so wird sich die landwirtschaftliche Fläche, auf denen "Energiepflanzen" angebaut werden, ausdehnen - wahrscheinlich zulasten bislang unbewirtschafteter Flächen mit einer vergleichsweise großen Artenvielfalt. Die Probleme, die auftreten könnten, wenn in möglicherweise fünf bis zehn Jahren Biosprit der zweiten Generation, beispielsweise aus Switchgrass, marktfähig ist, sind noch gar nicht ausgelotet. Was passiert, wenn dann regelmäßig große Flächen der Prärie abgemäht werden? Oder wenn die Wälder jahrein, jahraus nach Zellulose durchkämmt und geplündert werden? Oder wenn zum Zweck der Agrospritproduktion gentechnisch veränderte Pappeln und andere Pflanzen angebaut werden und sich deren eingezüchteten Eigenschaften im Wildwuchs ausbreiten?

Es ist sicherlich zu begrüßen, wenn sich George W. Bush nicht mit der Aufhebung des Artenschutzgesetzes durchsetzt. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, daß mit dem Einzug Obamas ins Weiße Haus eine Abkehr von einer Wirtschaftsweise vorgenommen wird, die sich stets extrem räuberisch-destruktiver Mittel bedient hat.

5. März 2009