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LAIRE/114: Behörde vs. Behörde - Zensur gegen britisches Ministerium (SB)


Werbeanzeigen des Ministeriums für Energie und Klimawandel verboten


In Großbritannien hat die Werbeaufsichtsbehörde zwei Anzeigen der Regierung zum Thema Erderwärmung verboten, weil sie angeblich die Gefahr des Klimawandels übertrieben darstellen. Nun stellt sich die Frage, was problematischer ist, die Anzeigen oder die Rücknahmen.

In den Anzeigen, die vom Department of Energy and Climate Change (DECC) im Rahmen einer umfassenderen Werbekampagne in Auftrag gegeben wurden, wird mit Kinderreimen auf die Gefahren des Klimawandels aufmerksam gemacht. In einer Anzeige heißt es:

"Jack and Jill went up the hill to fetch a pail of water. There was none as extreme weather due to climate change had caused a drought."
(Jack und Jill gingen den Berg hinauf, um einen Eimer Wasser zu holen. Es gab keines, weil extremes Wetters aufgrund des Klimawandels eine Dürre verursacht hat.)

Unterhalb des Schriftzugs stand geschrieben, daß extreme Wetterbedingungen wie Überschwemmungen, Hitzewellen und Stürme häufiger und intensiver werden.

Abgesehen davon, daß es eher selten vorkommt, daß Menschen ausgerechnet einen Berg hinaufgehen, um Wasser zu holen, sondern daß sie vorzugsweise ins Tal gehen würden - was sich dann allerdings nicht auf "Jack and Jill" reimte -, wundert es schon, daß die Regierung Anzeigen mit derart simplen Botschaften schaltet, um auf die Bedrohung klimatischer Veränderungen aufmerksam zu machen.

Die zweite Anzeige, die auf Anweisung der Advertising Standards Authority (ASA) verboten wurde, steht obiger in propagandistischer Flachheit in nichts nach.

"Rub-a-dub-dub, three men in a tub - a necessary course of action due to flash flooding caused by climate change."
(Rub-a-dub-dub, drei Männer in einer Wanne - ein notwendiges Vorgehen bei plötzlichen Überschwemmungen, die vom Klimawandel verursacht wurden.)

Und weiter heißt es in der zweiten Anzeige, daß der Klimawandel stattfindet. Temperatur und Meeresspiegel stiegen an. Extremwetterereignisse wie Stürme, Überschwemmungen und Hitzewellen würden regelmäßiger und stärker auftreten. "Wenn wir mit dieser Geschwindigkeit weitermachen, wird das Leben in 25 Jahren sehr viel anders aussehen", wird in der verbotenen Anzeige gewarnt.

Die waren Bestandteil einer DECC-Kampagne aus dem vergangenen Jahr, die 939 Beschwerden auf sich gezogen hat. Bei deren Überprüfung sortierte die ASA jene zwei Anzeigen aus und erklärte, daß sie nicht die "Unsicherheiten" der Vorhersagen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) berücksichtige.

Woraufhin der britische Minister für Klimawandel, Ed Miliband, versicherte, daß nach wissenschaftlicher Einschätzung die Wahrscheinlichkeit von Extremwetterereignissen 90 Prozent höher liegt, wenn man keine Klimaschutzmaßnahmen ergreift. Das werde man bei allen zukünftigen Kampagnen, wie von der ASA gefordert, berücksichtigen.

Zum einen zeigt der Vorgang, mit welch simplen propagandistischen Mitteln die Regierung über die Folgen einer globalen Erwärmung "informiert". Zum anderen dürfte ein nicht unbeträchtlicher Teil der Klagen auf das Konto sogenannter Klimaskeptiker gehen, die Zweifel daran hegen, daß der Mensch durch die Kohlendioxidemissionen aus Verbrennungsvorgängen maßgeblichen Einfluß auf das Klima genommen hat und weiterhin nimmt. In Großbritannien glauben erheblich mehr Einwohner als beispielsweise in Deutschland nicht, daß sich das Klima verändert. Britische Zeitungen wie "The Telegraph" betreiben seit Monaten eine Kampagne gegen den Weltklimarat IPCC und stellen dessen Glaubwürdigkeit in Frage.

Wenn eine Gesellschaft erst mittels solcher Werbeanzeigen auf die Gefahr einer Klimaveränderung aufmerksam gemacht werden muß und auf diese Weise ein Bewußtsein für die Problematik geschaffen wird, dann ist das merkwürdig, da das Thema Erderwärmung seit fast zwei Jahrzehnten vielleicht nicht in aller Munde ist, aber doch breit und immerfort diskutiert wird. Aber was die ASA-Entscheidung betrifft, so könnte man wohlwollend sagen, daß sie Anzeigen, die fundiertere Informationen über Veränderungen des Klimas enthalten, womöglich nicht verboten hätte. Somit stände die Werbeaufsichtsbehörde für eine bessere Informationspolitik gegenüber der Bevölkerung ein. Diese Deutung des behördlichen Vorgehens hinterläßt allerdings einen sehr üblen Beigeschmack, denn das administrative Verbot simpler schriftlicher Botschaften beschränkt sich selbstverständlich nicht auf Regierungsanzeigen und auch nicht auf das Thema Klimawandel. Bei dem Vorgang handelt es sich um nicht weniger als eine Form von Zensur. Die mutet vergleichsweise harmlos an, kaum jemand wird der Werbekampagne der DECC nachtrauern. Dennoch bleibt als Faktum, daß hier der "freien Rede" ein Maulkorb verpaßt wurde. Die gleichen Kriterien, auf andere gesellschaftliche Bereiche angewandt, könnten zur Unterdrückung oppositioneller Meinungen wie beispielsweise, daß Kohlekraftwerke Dreckschleudern sind, politisch instrumentalisiert werden.


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Anmerkungen:

[1] "British ads banned over climate change claims", AFP, 17. März 2010
http://www.terradaily.com/reports/British_ads_banned_over_climate_change_claims_999.html

18. März 2010