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STANDPUNKT/825: Endlagerkommission gescheitert (IPPNW)


IPPNW - 6. Juli 2016
Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.

IPPNW: Endlagerkommission gescheitert


Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW kritisiert den Abschlussberichts der "Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe" (Endlagerkommission) und warnt davor, dass ein Konzept zur dauerhaften Lagerung von Atommüll gemeinsam mit den Atomkonzernen und gegen die Umwelt- und Antiatombewegung durchgesetzt werden soll. "In der Endlagerkommission waren Vertreter der Atomindustrie nicht nur mit Sitz, sondern auch mit Stimme vertreten", kritisiert Kinderarzt und IPPNW-Vorstandsmitglied Dr. Alex Rosen. "Demgegenüber hatten die politischen Vertreter kein Stimmrecht. Das ist eine inakzeptable Schieflage."

Die IPPNW hält auch die Form der Öffentlichkeitsbeteiligung für fragwürdig. Zwar ließ die Endlagerkommission von PR-Firmen Beteiligungsveranstaltungen für die Öffentlichkeit durchführen, übernahm aber keine der wesentlichen Anregungen in ihren Abschlussbericht. Nach dem gleichen Prinzip sind auch die "Mitwirkungsrechte" beim Suchverfahren selbst gestaltet: zwar kann die Öffentlichkeit über "Beteiligungsformate" Kommentare abgeben, Politik und Behörden sind aber keineswegs verpflichtet, diese auch zu berücksichtigen. "Echte Partizipation sieht anders aus", so Rosen. "Letztlich dient diese Form der Öffentlichkeitsbetiligung nur dazu, dem Auswahlverfahren Akzeptanz zu verschaffen und die Bevölkerung zu beschwichtigen."

Gemeinsam mit zahlreichen anderen Organisationen der Anti-Atom-Bewegung kritisiert die IPPNW zudem, dass Alternativen zur tiefengeologischen Lagerung von der Kommission nicht adäquat geprüft oder diskutiert wurden. Diese verfrühte Festlegung ist nicht nachvollziehbar und raubt der Standortsuche bereists jetzt die nötige Legitimation. Dr. Alex Rosen stellt fest: "Um den Standort zu finden, der die größtmögliche Sicherheit bietet, müssten die in Frage kommenden Örtlichkeiten mit größtmöglicher wissenschaftlicher Sorgfalt miteinander verglichen werden. Die Kommission scheint sich jedoch bereits jetzt auf eine dauerhafte Lagerung in Salzgestein festgelegt zu haben und hat die Ausschluss- und Auswahlkriterien entsprechend angepasst."

Die IPPNW stimmt der umfassenden Kritik der deutschen Anti-Atom-Bewegung zu: "Die Kommission hat den Auftrag, das kritisierte Standortauswahlgesetz zu verbessern, nicht erfüllt. Mit Hilfe dieses Auswahlverfahrens kann ein Atommüllendlager auch an einem geologisch hochproblematischen Standort legitimiert und endgültig durchgesetzt werden - es wäre nur eine Frage der politischen Machtverhältnisse." Die IPPNW fordert angesichts der mittlerweile offenkundigen Probleme bei der Suche einer dauerhaften Lagerungsoption ein sofortiges Abschalten aller Atomkraftwerke: "Die Atommüllproblematik wird dadurch nicht vereinfacht, dass täglich neuer radioaktiver Müll in Atomkraftwerken erzeugt wird. Die Kosten der Lagerung- und Sicherung des Atommülls stellen jeglichen wirtschaftlichen Nutzen der Atomenergie in den Schatten. Das vergiftete nukleare Erbe für zukünftige Generationen darf nicht noch weiter wachsen. Die deutschen Atomkraftwerke müssen vom Netz gehen - und zwar so schnell wie möglich."

Die Kritik am Abschlussbericht der Endlagerkommission finden Sie unter
www.bi-luechow-dannenberg.de


Die IPPNW ist eine berufsbezogene, friedenspolitische Organisation, die 1981 von einer Gruppe von Ärzten aus den USA und Russland gegründet wurde. Ihre Überzeugung: Als Arzt hat man eine besondere Verpfl ichtung zu sozialer Verantwortung. Daraus entstand eine weltweite Bewegung, die 1984 den UNESCO-Friedenspreis und 1985 den Friedensnobelpreis erhielt. Heute setzen sich Mediziner und Medizinerinnen der IPPNW in über 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten für eine friedliche, atomtechnologiefreie und menschenwürdige Welt ein.

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Quelle:
Presseinformation der IPPNW - vom 06.07.2016
Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung
des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW)
IPPNW-Geschäftsstelle, Körtestr. 10, 10967 Berlin
Telefon: 030 / 69 80 74-0, Fax: 030 / 69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2016

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