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KLIMA/373: Beschleunigter CO2-Anstieg auf Svalbard registriert (SB)


CO2-Rekordwerte in Nordnorwegen

Kippt demnächst die 400-ppm-Marke?


Atmosphärisches Kohlendioxid (CO2) gilt gemeinhin als wichtigster, weitgehend menschenverursachter Faktor der Erderwärmung. Auch wenn das Gas lediglich in einer verdünnten Konzentration von unter einem halben Promille in der Atmosphäre enthalten ist, kommt ihm entscheidende Bedeutung bei der Entstehung eines Treibhauseffekts zu. In Treibhäusern dringt das Sonnenlicht ungehindert durch die Glasscheiben ins Innere, aber die langwellige Rückstrahlung von den Oberflächen im Innern des Treibhauses wird durch das Glas zurückgehalten. Gleiches gilt für das CO2 in der Atmosphäre: Je höher seine Konzentration, desto ausgeprägter der Treibhauseffekt.

Neuzeitliche, teils satellitengenerierte Meßreihen sowie die Interpretation sogenannter Proxydaten (Baumringe, Korallen, Eisschichten, Sedimente, etc.), mit deren Hilfe die Klimaentwicklung vor den ersten Meßaufzeichnungen nachgespürt wird, zeigen einen deutlichen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur seit Beginn der Industriealisierung und parallel dazu eine Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre. Deshalb steht für die meisten Klimaforscher fest: Die Zunahme der industriellen Verbrennungsprozesse seit 150 bis 200 Jahren ist der entscheidende Faktor der Erderwärmung; er überwiegt den Einfluß aufgrund der zunehmenden Sonnenaktivität.

Veränderungen der CO2-Konzentration in der Atmosphäre werden von Klimaforschern genauesten verfolgt. Schon seit Jahren warnen sie vor dem Anstieg. Der verläuft inzwischen nicht mehr linear, sondern vom Trend her exponentiell. Was aber die Forscher der norwegischen Zeppelin-Meßstation auf Svalbard (Spitzbergen) vor kurzem maßen, übertraf alles Dagewesene. Vergangene Wochen wurde eine CO2-Konzentration von 397 ppm (parts per million - Anteile pro Million) gemessen. Das entspricht einer Steigerung von mehr als 2,5 ppm gegenüber dem Vorjahr, wie die britische Zeitung "The Guardian" [1] am gestrigen Montag berichtete.

Nun sind die Forscher auf der Zeppelin-Station einiges gewohnt, von jeher werden hier besonders hohe CO2-Werte gemessen. Doch einen solchen Sprung hat man noch nicht erlebt. Zumal der wirtschaftliche Niedergang weltweit seit 2008 mit einer meßbaren Reduzierung der CO2-Emissionen einherging. (Wie empfindlich das Klima auf ein vermeintlich unbedeutendes Gas wie Kohlendioxid reagiert, läßt sich daran ablesen, daß seine Konzentration in der vorindustriellen Zeit bei rund 280 ppm lag - von den absoluten Volumenanteilen an der Atmosphäre also kaum niedriger als heute).

"Das sind höchsten Werte der letzten 50.000 Jahre", sagt nun der Atmosphärenphysiker Prof. Johan Strom vom Norwegischen Polarinstitut, das die Daten erfaßt hat. Ihn sorgt weniger der hohe CO2-Anteil an sich, sondern vielmehr die rasche Veränderung der Konzentration, die inzwischen um zwei bis drei ppm pro Jahr zunehme - "viel schneller" als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. "Man kann die Veränderungen beinahe mitverfolgen. Noch nie zuvor ist die CO2-Konzentration so schnell gestiegen", berichtete Strom.

Betrug der CO2-Anstieg zwischen 1970 und 2000 rund 1,5 ppm jährlich, nahm er seitdem um durchschnittlich 2,1 ppm im Jahr zu. Noch läßt sich nicht sagen, ob der an der Zeppelin-Station gemessene Wert von 397 ppm ein einmaliger Ausreißer ist oder ob er den Beginn eines neuen Trends markiert. Das Meßergebnis scheint jedenfalls die jüngsten Warnungen der Klimaforscher zu bestätigen, wonach viel weitreichendere Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden müßten, da sich die Erde rascher erwärme als im letzten Bericht des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) aus dem Jahr 2007 angenommen.


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Anmerkungen:

[1] "Arctic CO2 levels growing at an 'unprecedented rate', say scientists", The Guardian, 27. April 2009
http://www.guardian.co.uk/environment/2009/apr/27/arctic-carbon-dioxide-levels

28. April 2009