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KLIMA/467: Tiefsee wird wärmer ... und Politiker drehen Däumchen (SB)


Forscher registrieren Anstieg der Meerestemperatur in größeren Tiefen

Ein weiteres Indiz für die Erderwärmung, das die Inkompetenz der politischen Entscheidungsträger in Sachen Klimaschutz bestätigt


Die Weltmeere wurden bisher weniger gut erforscht als der Mond, obgleich sie als Sauerstofflieferant für die Menschheit von existentieller Bedeutung sind. Sie sind die eigentliche grüne Lunge des Planeten, an zweiter Stelle kommen die tropischen Regenwälder. Wenn nicht Phytoplankton in großen Mengen Sauerstoff aus dem Wasser gelöst hätte und dieses in die Atmosphäre gelangt und für die Atmung verfügbar wäre, gäbe es folgerichtig keine Sauerstoffatmer und somit auch keine Menschen. Deshalb sollten alle Beobachtungen im Zusammenhang mit Veränderungen der Ozeane sehr genau verfolgt und analysiert werden.

Vor kurzem stellte eine australisch-amerikanische Forschergruppe im Wissenschaftsmagazin "Science" die Ergebnisse der Auswertung von hunderten Studien zur Entwicklung der Planktonentwicklung vor und warnte, daß das Wachstum dieser kleinen Pflanzenzellen in den letzten Jahrzehnten erheblich abgenommen hat. Mit diesem Verlust bricht die Basis sowohl der Sauerstofffreisetzung als auch der marinen Nahrungskette weg.

Andere Forscher haben gemessen, daß die Weltmeere zunehmend versauern und daß sich die oberflächennahen Schichten erwärmen - durch beide Faktoren verringert sich ebenfalls die Menge an freigesetztem Sauerstoff. Jetzt hat eine Forschergruppe um die Ozeanographin Sarah Purkey von der Universität von Washington und Gregory Johnson, Ozeanograph am Pacific Marine Environmental Laboratory in Seattle, das der NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) zugeordnet ist, Temperaturmessungen der letzten zwei Jahrzehnte in der Tiefsee ausgewertet. [1] Welche Wärmemenge haben die Weltmeere bereits aufgenommen und wie verteilt sich die Energie regional, lauteten einige der Fragen, die zu beantworten sich die Forschergruppe vorgenommen hat.

Auf den ersten Blick wirken die Meßergebnisse nicht spektakulär. Demnach haben sich seit Beginn der 1990er Jahre die Weltmeere unterhalb von 1100 Metern nur um maximal 0,03 Grad Celsius pro Jahrzehnt erwärmt. Dieser Maximalwert wurde im südlichen Ozean rund um die Antarktis registriert. Andere Meeresregionen erreichten nicht einmal diesen Wert. Aber Purkey und ihre Kollegen geben keine Entwarnung, denn sie wissen, daß selbst so geringe Veränderungen einen möglicherweise folgenschweren Trend anzeigen.

Um sich eine Vorstellung von der Dimension der von der Tiefsee aufgenommenen Wärmemenge zu machen, präsentieren die Forscher die Rechnung, daß mit der gleichen Energiemenge die Erdatmosphäre um rund drei Grad Celsius erwärmt worden wäre - pro Jahrzehnt! Zur Erinnerung: Klimaforscher sind sich weitgehend einig darin, daß eine globale Erwärmung um zwei Grad Celsius bis 2050 gegenüber dem Basisjahr 1990 nicht überschritten werden darf, weil das ansonsten katastrophale Folgen nach sich zöge. Auf dem UN-Klimagipfel von Kopenhagen hatten die ärmeren Länder sogar die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels verlangt; nur so könne ein Überfluten der flachen Inselstaaten als Folge des Meeresspiegelanstiegs verhindert werden, erklärten sie.

Nun wird die Wärmemenge aus den Tiefen der Weltmeere nicht plötzlich in die Atmosphäre entweichen. Der Vergleich dient lediglich zur Veranschaulichung, daß selbst eine Temperatursteigerung von bis zu sechs Hundertstel Grad innerhalb von zwei Jahrzehnten Folge von gewaltigen Wärmeströmen ist, die die Erde zur Zeit durchlaufen. In geologischen Zeiträumen gerechnet ist das durchaus schnell.

Da der Mensch beansprucht, vernunftbegabt zu sein und sich darin vom Tier abzuheben, könnte man zu der Vermutung gelangen, daß er solche globalklimatischen Veränderungen ernst nimmt und alles daran setzt, um eine weitere Erwärmung zu verhindern. Im Dezember 2009 trafen sich die politischen Entscheidungsträger der ganzen Welt in Kopenhagen mit der erklärten Absicht, genau das tun zu wollen. Herausgekommen ist nichts, das der Erwähnung wert wäre. Trotzdem beanspruchen die gleichen Personen unverdrossen weltweite Führerschaft. Die muß ihnen strikt versagt werden.

Sie stehen der Entwicklung eines Menschen, der sich von der gesellschaftlichen Entwicklung und von Technologien emanzipiert, die entscheidend zur Erderwärmung beigetragen haben, regelrecht im Weg. Wäre es nicht geboten, jenen politischen Entscheidungsträgern jegliche Kompetenz in Sachen Klimaschutz abzusprechen? Und da sie auf diesem wichtigen Gebiet ihre Unfähigkeit unter Beweis gestellt haben, die Gefolgschaft grundsätzlich in Frage zu stellen? Nur wenn wissenschaftliche Studien wie die hier zitierte, die demnächst in einem Fachjournal veröffentlicht werden soll [2], mit solchen und weiteren unbeantworteten Fragen verknüpft werden, besteht die Chance, eine Position einzunehmen, die das Wort "Befreiung" mit Inhalt füllte.


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Anmerkungen:

[1] "Sea Level Rise Linked to 20 Years of Deep Ocean Warming", 20. September 2010
http://www.ens-newswire.com/ens/sep2010/2010-09-20-03.htmlim

[2] "Warming of Global Abyssal and Deep Southern Ocean Waters between the 1990s and 2000s: Contributions to Global Heat and Sea Level Rise Budgets", Journal of Climate.

21. September 2010