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KLIMA/728: Erderwärmung - Kohleförderung und Buschbrand ... (SB)



Rund um die australische Hauptstadt Sydney toben weiterhin zahlreiche Buschbrände. In allen Bundesstaaten des Festland-Australiens wurden diese Woche Temperaturen von über 40 Grad Celsius gemessen. Nicht zum ersten Mal in diesem Jahrhundert wird von einer "Jahrhundertdürre" gesprochen, die das Land heimgesucht habe. Das alles geschieht noch während des Frühjahrs auf der Südhalbkugel. Die schlimmste Zeit steht Australien also noch bevor, hat sich doch in den letzten zwanzig Jahren der Sommer als unerbittlich gezeigt. Unterdessen hält die australische Regierung weiter an der Förderung und dem Verbrauch von Kohle fest. Sie begründet das damit, daß Australiens Anteil an den globalen Treibhausgasemissionen verschwindend gering ist und man somit keinen Einfluß auf das Weltklima hat. Im übrigen tue man schon genug für den Klimaschutz.

In Australien brennt es praktisch in jedem Sommer. Ab Dezember rechnen die Menschen in Downunder damit, daß irgendwo ein Feuer ausbricht. Besonders anfällig sind die südlichen und östlichen Bundesstaaten, abgesehen von sämtlichen zentralaustralischen Regionen. In diesem Jahr jedoch hat die Feuersaison bereits im Oktober und damit inmitten des Frühjahrs auf der Südhalbkugel eingesetzt. Vor einigen Jahren war es genau umgekehrt, da wurden zahlreiche Landesteile von üppigen Regenfällen und Überschwemmungen heimgesucht. Daraufhin sprießte die Vegetation, die allerdings in den letzten 18 bis 20 Monaten mangels Regens ausgedörrt ist. Das Unterholz ist knochentrocken und bietet den Bränden, die von Wind mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 Stundenkilometern angefacht werden, reichlich Nahrung.

Besonders betroffen ist Sydney, mit einer Bevölkerungszahl von fünf Millionen die größte Stadt Australiens, an der Ostküste im Bundesstaat New South Wales gelegen. Zeitweise waren die Feuer bis auf 15 Kilometer an die Stadt herangerückt und konnten nur durch ein massives Aufgebot an Feuerwehrleuten in Schach gehalten werden. Bislang starben sechs Menschen in den Feuern, über 600 Häuser wurden zerstört.

Wegen der Rauchschwaden haben die Behörden Sydneys die Bevölkerung aufgefordert, sich möglichst in Innenräumen aufzuhalten. Das gilt insbesondere für Kinder und Menschen mit Asthma. Die Wasserversorgung Sydneys ist nahezu vollständig auf Regen angewiesen. Inzwischen wird das Trinkwasser knapp - schließlich wird es auch gebraucht, um die Feuer zu löschen. Deshalb haben die Behörden die Menschen angewiesen, ihre Autos nicht mehr per Schlauch zu waschen, sondern nur noch mit Wasser aus Eimern, und auch Gärten dürfen nicht mehr gesprengt werden. Zuwiderhandlungen werden streng bestraft.

Verheerende Brände hat es auch früher schon am Rande Sydneys gegeben (2001); auch wird die Stadt hin und wieder von Staubstürmen heimgesucht (2009). Was aber dieses Jahr so besonders macht, ist der frühe Zeitpunkt, an dem die Feuersaison eingesetzt hat, und die Häufung von extremen Ereignissen. Dazu zählen die für November ungewöhnlich hohen Temperaturen in allen Bundesstaaten, einschließlich des Bundesstaats Tasmanien, der im Süden des Kontinents gelegenen Insel. In deren Hauptstadt Hobart wurde jetzt der bestehende Hitzerekord für November eingestellt. Tasmanien liegt in einer gemäßigten Klimazone, ähnlich den hiesigen Breiten. Hier brennt es "nur" an zwei Stellen. Ein Großteil der Klimaforscher hat dort Liegenschaften erworben, berichtete Stefan Arndt, Professor für Ökosystem- und Forstwissenschaften an der Universität Melbourne, im Gespräch mit der "Zeit". [1]

Vor kurzem hat es erstmals seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen an einem Tag nirgendwo auf dem Festland Australiens geregnet, also auch nicht im teilweise "immerfeuchten" tropischen Bundesstaat Northern Territory.

Im südlichen Bundesstaat Victoria werden 60 Buschbrände gezählt, die von kräftigen Winden angetrieben werden. Wie schon im Mai dieses Jahres wurde die Stadt Midura vor wenigen Tagen von einem ähnlich kräftigen Staubsturm - diesmal bei Temperaturen von 40 Grad C - eingehüllt. In der Landeshauptstadt Melbourne wurde mit 40,9 Grad C der Rekord aus dem Jahr 1894 übertroffen. Solche üblen Verhältnisse könne man nur mit denen vergleichen, die ansonsten im Februar, März herrschen, sagte die für den Notstand zuständige Polizei- und Wasserministerin Victorias, Lisa Neville. [2]

Stromausfälle, Staubstürme und vor allem die Hitze lassen die Zahl der Menschen, die in die Notfallaufnahmen kommen, in die Höhe schnellen. Die Hitzewelle geht auch nicht am Bundesstaat South Australia vorbei, wo in mehreren Städten Hitzerekorde vermeldet werden: Lameroo mit 44 Grad, Murray Bridge mit 45,3 Grad and Nullarbor mit 46,6 Grad Celsius.

Über die Zahl der getöteten Tiere liegen keine Angaben vor. Man weiß nur, daß Koalas, Kängurus, Wombats und andere Tiere in großer Zahl ums Leben gekommen sind, weil sie vom Feuer überrascht wurden. Die australische Landwirtschaft leidet ebenfalls unter den extremen Wetterverhältnissen. Die Ernten verdorren, Grundwasserstände sinken weiter, und der Wind trägt die ausgedörrte Bodenkrume ab. In der Vergangenheit vermochte nur ein Wetterumschwung solche Hitzewellen und Häufung tobender Buschfeuer zu beenden. Damit ist in diesem Jahr nicht zu rechnen. Der heiße Sommer hat noch nicht mal angefangen.

Der australische Premierminister und Kohlelobbyist Scott Morrison erklärte gegenüber dem Fernsehsender ABC, daß es keine wissenschaftlichen Beweise für einen Zusammenhang zwischen den Buschfeuern und dem Klimawandel gibt. [3]

Das ist eine unwissenschaftliche Aussage, denn Morrison verwechselt eine statistische Größe mit einem Einzelereignis. Mit "Klima" wird niemals ein einzelnes Ereignis (wie eine Hitzewelle) beschrieben, sondern es ist definiert als der Durchschnitt des Wetters über eine Zeitspanne von mindestens mehreren Monaten (bis zu Jahrmillionen), und in der Regel auf einen bestimmten Ort bezogen.

Da die statistischen Daten zeigen, daß sich das Klima Australiens erwärmt hat und sich die Extremereignisse häufen, rechnet die Wissenschaft mit vermehrten Hitzewellen und Buschbränden. Das zu leugnen verschafft einem Premierminister sicherlich allerbeste Freunde in der Kohlewirtschaft.


Fußnoten:

[1] https://www.zeit.de/2019/48/australien-hitze-buschfeuer-trockenheit/komplettansicht

[2] https://www.theguardian.com/environment/2019/nov/21/victorian-town-mildura-unliveable-massive-dust-storm-40c-heat

[3] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-11/waldbraende-sydney-rauch-buschbraende-australien-gefahr

22. November 2019


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