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KLIMA/733: Globale Erwärmung - falsche Erwartungen ... (SB)



Am Sonntag ist der Weltklimagipfel COP 25 (Conference of the Parties) in Madrid ohne nennenswerte Fortschritte zu Ende gegangen. Die notwendigen Maßnahmen zur Bewahrung des gegenwärtigen Klimas und Vermeidung einer globalen Erwärmung in Folge menschenverursachter Treibhausgasemissionen wurden auf später verschoben. Als hätte man noch Zeit ...

"Klimaschutz" lautete allerdings nur das Motto der Veranstaltung, im wesentlichen ging es wie stets darum, sich gegenüber wirtschaftlichen und politischen Konkurrenten, die ihre Vorteile mit mehr oder weniger Nachdruck durchzusetzen bemüht waren, zu behaupten. In diesem Anliegen haben sich die Positionen zwischen den sogenannten "Bremsern" USA, Brasilien, Saudi-Arabien und Australien auf der einen Seite und auf der anderen der Europäischen Union, die erklärt hat, in Sachen Klimaschutz "voranzuschreiten" und bis 2050 rechnerisch klimaneutral zu sein, nicht im geringsten unterschieden.

Manche Kritik an der COP 25 lautet, daß die mehrere tausend Delegierten mit An- und Abreise und in den zwei Wochen ihres Aufenthaltes mehr Treibhausgasemissionen erzeugt haben, als durch ihre Vereinbarungen behoben werden, so daß es besser gewesen wäre, man hätte sich die Konferenz gespart.

Mit so einem Standpunkt macht man es sich sehr bequem. Denn man erklärt die Unfähigkeit und den Unwillen der Staaten, verbindlichen und wirksamen Klimaschutz zu vereinbaren, zum unabänderlichen Schicksal und will daraufhin die ganze Konferenz abschaffen. Doch welche Alternative gäbe es dazu? Die Weltklimagipfel sind eine seltene Gelegenheit, bei der vom Klimawandel besonders gefährdete Länder wie die pazifischen Inselstaaten, Malediven, Bangladesh, etc. mit den relativ wohlhabenden Ländern ins direkte Gespräch kommen.

Fiele diese Möglichkeit ersatzlos weg, träte das ein, was man am letzten Tag des Madrider Klimagipfels, in der Nachspielzeit, erlebt hat: Die Reihen waren schon gelichtet. Viele Delegationen der ärmeren Länder waren nicht mehr vertreten und haben schlußendlich nicht über den Beschluß mit abgestimmt, weil sie Medienberichten zufolge aus Kostengründen abreisen mußten. Trifft diese Erklärung zu, hieße das, daß die ärmeren Staaten nicht einmal bei der Teilnahme an den Klimaschutzverhandlungen von den reicheren Ländern unterstützt werden. Hätten diese nicht, bildlich gesprochen, den Hut herumgeben und Geld einsammeln können, um den Delegationen der ärmeren Länder zu ermöglichen, vollzählig bis zum Schluß am Klimagipfel teilzunehmen?

Was sagt die erzwungene Abreise über die Absichten der reicheren Länder aus? Und was ist angesichts deren Verhaltens von irgendwelchen Beschlüssen zu erwarten, die vorgeblich darauf abzielen, die ärmeren Länder bei Anpassungs- und Vermeidungsmaßnahmen zum Schutz vor dem Klimawandelfolgen zu unterstützen?

Solange das Streben nach Vorherrschaft als das hauptsächliche Interesse sich immer wieder Bahn bricht und Klimaschutz als Mittel zum Zweck im Ringen der Nationalstaaten untereinander eingesetzt wird, könnte das eben jene Kräfte binden, die erforderlich wären, eine weitere globale Erwärmung zu vermeiden und Leid und Not von zig Millionen Menschen abzuwenden.

Wenn nicht der Sozialkampf als bestimmendes Moment menschlicher Gesellschaft erkannt und in Angriff genommen wird, folgt Klimaschutz ganz anders gelagerten als den vorgeblichen Interessen. Die COP 25 ist nicht allein an den Bremsern gescheitert, sondern an der weitreichenden Übereinstimmung darin, im jeweils anderen den Konkurrenten zu sehen, gegenüber dem die eigenen Vorteile gewahrt werden müssen.

16. Dezember 2019


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