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INTERVIEW/015: Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, zur Kritik der grünen Ökonomie (SB)


Interview mit Barbara Unmüßig am 31.5.2012 in der
Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin

Barbara Unmüßig engagiert sich seit vielen Jahren für den Umweltschutz. 1991/92 hat sie in Vorbereitung auf den Erdgipfel in Rio de Janeiro die Projektstelle UNCED (United Nations Conference on Environment and Development) des Deutschen Naturschutzrings (DNR) und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) geleitet. Seit 2002 ist sie Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Diese führte am 31. Mai 2012 eine Pressekonferenz zum Thema "Zahlen, Daten, Fakten zum Erdgipfel in Rio im Juni 2012: Grüne Ökonomie - Wunderwaffe oder Wolf im Schafspelz?" durch, auf der auch Barbara Unmüßig einen Vortrag hielt. Im Anschluß an die Konferenz ergab sich für den Schattenblick die Gelegenheit zu einem Interview mit der Referentin. [1]

Seitliches Profil der Interviewten - Foto: © 2012 by Schattenblick

Barbara Unmüßig
Foto: © 2012 by Schattenblick

Schattenblick: Sie haben vor kurzem gemeinsam mit Thomas Fatheuer und Wolfgang Sachs die Broschüre "Kritik der grünen Ökonomie" veröffentlicht. Würden Sie sagen, daß sich Ihre kritische Einstellung gegenüber grünen Projekten in den letzten Jahren verschärft hat?

Barbara Unmüßig: Es geht ja nicht um grüne Projekte, es geht in unserer Kritik vor allem um die diversen Konzepte grüner Ökonomie wie sie UNEP, die OECD oder jüngst die Weltbank veröffentlicht haben. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir dringend eine grünere Ökonomie, eher noch eine Ökologisierung der Weltwirtschaft brauchen. Wir stellen uns im Essay der Frage, wie eine grüne Ökonomie aussehen soll. Ist es wirklich ein Paradigmenwechsel? Wie können wir maßvoll wirtschaften oder wollen wir bestehende Strukturen nur etwas ergrünen lassen? Darüber geht ja der Streit. Da ich angesichts der planetarischen Grenzen und der ökologischen Herausforderungen sehr dafür stehe, dass wir grundsätzlich nachdenken müssen, wie wir wirtschaften, geht mir das, was die grüne Ökonomie an Konzepten vorlegt, nicht weit genug. Von daher bin ich eine Kritikerin auch der jetzt vorliegenden Konzepte von UNEP, OECD und auch Wirtschaftsinstituten wie das von McKinsey.

SB: Bei der heutigen Pressekonferenz fiel auffällig selten das Wort "Nachhaltigkeit". Wie definieren Sie den Begriff?

BU: Ich selber benutze den 1992 geadelten Begriff von Nachhaltigkeit nicht mehr gerne, weil er beliebig geworden und inhaltlich entleert ist. Er ist ein Plastikbegriff geworden, den alle und jede für sich umdefinieren. Einige meinen damit nachhaltiges Wachstum. Oder nachhaltige Renten usw. Die ursprüngliche Idee, Nachhaltigkeit zu definieren als Verantwortung für jetzige und zukünftige Generationen, nämlich in ökologischen Grenzen zu wirtschaften, finde ich sehr gut. Doch benutze ich lieber Formulierungen wie, "wir müssen unsere Gesellschaften transformieren". Der Transformationsbegriff ist umfassender, weil wir wirklich von der kapitalistischen Produktionsweise auf eine in Grenzen bleibende, maßvolle Wirtschaft und Gesellschaft umstellen müssen. Ich finde "Zukunftsfähigkeit" noch einen schönen Begriff, aber "Nachhaltigkeit" selbst ist mir zu entleert und unspezifisch. Von daher benutze ich den Begriff eher selten.

SB: In der Eröffnungsrede zum Kongress McPlanet.com im April 2012 verwendeten Sie den Begriff "wachstumsbefriedet". Ist das vielleicht etwas, von dem Sie sagen würden, das wäre antikapitalistisch und gleichzeitig auch nachhaltig?

BU: "Wachstumsbefriedet" bedeutet bestimmt noch nicht, den Kapitalismus zu beenden. Wir wissen, dass der kapitalistischen Produktionsweise inhärent ist zu wachsen. Das ist einfach so. Es ist ein Gesetz: Das Kapital muß Rendite erwirtschaften und das ist, gerade wenn Kredite im Spiel sind, auf Wachstum und Expansion ausgerichtet. Wir müssen uns überlegen, wie wir zu einem maßvolleren Wirtschaften kommen, zu einem Wirtschaften, das wirklich ernsthaft die konstatierten planetarischen Grenzen akzeptiert und in ihnen bleiben möchte.

In dem Kontext gibt es - wie ich finde, Gott sei Dank und endlich wieder - Suchprozesse. Deswegen haben wir eine Debatte um "Wohlstand ohne Wachstum", wie sie von Tim Jackson angeregt wurde; deswegen haben wir eine Diskussion, wie Postwachstumsökonomien aussehen könnten; deswegen haben wir eine Degrowth-, also Entschleunigungsbewegung. Wir haben eine globale Renaissance der Gemeingüterbewegung. Das sind ja alles nichts anderes als Suchprozesse und Suchbewegungen, wie wir von unserem jetzigen zerstörerischen Produktions- und Konsummodell runterkommen.

Ich finde das mit das Positivste, daß es diese Suchprozesse wieder gibt und sich Pionierinnen ernsthaft Gedanken machen, wie wir aus den wettbewerblichen, effizienzorientieren und ressourcenzerstörenden Produktionsprozessen rauskommen. Wir als Heinrich-Böll-Stiftung unterstützen explizit solche Suchprozesse, und ein Konzept davon ist "wachstumsbefriedete Gesellschaft". Den Begriff hat Wolfgang Sachs eingebracht. Dabei geht es um die Frage, wie wir Wohlstand schaffen, wobei es für mich, der ich sehr stark nord-süd-orientiert, also dem globalen Süden zugewandt argumentiere, wichtig ist zu fragen, wie wir Gesellschaften ohne Armut und ohne Not aufbauen können. Wie sehen Entwicklungsstrategien aus? Mir geht es ja nicht um eine nachholende Entwicklung, bei der die Pfade des Nordens nachgeahmt werden, sondern um Entwicklungsprozesse, die Menschen mit Rechten ausstatten und aus Armut befreien. Wir haben zwei Milliarden Menschen, die arm sind und zum Beispiel noch nicht einmal Zugang zu moderner Elektrizität haben.

SB: Würden Sie sagen, dass sich Ihre Erwartungen und Ihre Vorstellungen von 1992 gegenüber 2012 verändert haben und Sie, bezogen auf die Realitäten der Entwicklung, ernüchtert worden sind?

BU: Ich habe 1992 anlässlich des damaligen Gipfels sehr viel publiziert und habe mir diese Publikationen jetzt, im Jahr 2012, noch einmal angeschaut und festgestellt, dass ich auch damals schon sehr realistisch und nüchtern war. Ich bin nämlich keine, die sagt, '1992 war DER Erdgipfel, das war DER Meilenstein, das war der historische Scheideweg'. Das war er eben nicht! Und ich möchte auch noch mal dran erinnern, so wichtig 1992 die Konferenz war mit ihren konkreten Ergebnissen einer Klimakonvention, Biodiversitätskonvention, einer Wüstenkonvention, einer Agenda 21 - das war viel weiter als das, was wir jetzt bekommen -, aber die Stoßrichtung, die darunterliegenden Konzepte, die haben mir '92 auch keinen besonderen Mut gemacht, außer dass mir klar war, dass mit den Konventionen Prozesse auf den Weg gebracht worden sind für den Klimaschutz, für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Aber wir alle wissen doch, was aus der Klimakonvention geworden ist. Bis heute haben wir es nicht geschafft, die CO2-Emissionen so zu reduzieren, dass wir nicht in eine Klimakatastrophe hineinlaufen. Die Emissionen sind heute auf einem weltweiten Höchststand.

SB: Wie weit würden Sie in Ihrer Analyse gehen, dass der Kapitalismus bzw. die neoliberale Variante wesentlich mitverantwortlich ist für die ganzen umweltschädlichen Entwicklungen? Müssten Ihrer Meinung nach bestimmte Prinzipien wie Profitorientierung abgeschafft oder anders in den Griff genommen werden?

BU: Dazu habe ich mich schon geäußert. Kapitalismus, wie wir ihn heute kennen, ist einer, der Rendite erwirtschaften muss, der Profite braucht, um eben unter anderem Kredite zurückzuzahlen, die er braucht, um zu investieren. Wie kommen wir aus diesem Wachstumszwang heraus und bleiben in den ökologischen Grenzen - das ist die große Frage des 21. Jahrhunderts. Deswegen beteilige ich mich und unterstütze ich alles Nachdenken darüber, wie wir aus diesem Wachstumszwang herauskommen. Ich bediene mich nicht der Begrifflichkeit "antikapitalistisch", weil ich nämlich noch gar nicht weiß, was gegen "anti-" das Gegenmodell, die Alternativen sind.

Wir müssen nachdenken und nicht so tun, als hätten wir schon wieder eine Antwort. Die alte linke Antwort, 'verstaatlicht, dann habt ihr das private Eigentumsproblem gelöst', führt doch auch ins Nichts. Zentral sind für mich soziale, demokratische, partizipative Innovationen. Genau diese klammern die Konzepte zur grünen Ökonomie aus und setzen statt dessen ausschließlich auf technologische Antworten. Deswegen unterstützen wir als Heinrich-Böll-Stiftung die Gemeingüterdebatte. Wie können wir soziale Innovationen befördern, so dass die Menschen auf eine andere Art und Weise miteinander umgehen und gleichzeitig Ressourcen schützen? Wie muss ein Wirtschaftsmodell aussehen, in dem wir Verteilung, Gerechtigkeit, Fairness und In-den-ökologischen-Grenzen-Bleiben miteinander verbinden?

Es gibt genug linke Regierungen, unter anderem in Lateinamerika, die erfolgreich Umverteilungspolitik organisiert haben, wie zum Beispiel die Lula-Regierung. Die Brasilianer haben das Millennium Development Goal, bis 2015 die Armut in ihrem Land zu reduzieren, geschafft. Aber diese soziale Umverteilung, die da richtigerweise - dreimal unterstrichen! - stattfindet, geht zu Lasten der Ressourcen und basiert auf das, was man Extraktivismus nennt, nämlich auf einem Ökonomiemodell, das Ressourcen ausbeutet, Land ausbeutet und Menschen ausbeutet. Das muss man klar und deutlich sagen. Sonst gäbe es ja auch keine sozialen Bewegungen wie Indigene oder Landlose, die sich in Brasilien ebenfalls gegen dieses Entwicklungsmodell, Umverteilungen auf Kosten der Umwelt, zur Wehr setzen.

SB: Das ja bis dahin geht, dass im Zuckerrohranbau sklavereiähnliche Arbeitsverhältnisse vorkommen.

BU: Ganz genau. Das ist das, was die Landlosen adressieren: Arbeitsverhältnisse, die menschenunwürdig und menschenrechtsverletzend sind. Das betrifft nicht nur den Zuckerrohranbau, sondern auch den Bergbau. Uns geht es genau um die Frage, wie eine menschenrechtsorientierte, soziale Entwicklung stattfinden kann, die gleichzeitig nicht auf die Ausbeutung endlicher und knapper Ressourcen hinausläuft. Das ist für mich die Fragestellung 1992 gewesen und das ist sie heute. Das Problem ist, dass wir da kaum konzeptionell, aber schon gar nicht in der praktischen Politik ein großes Stück vorangekommen wären.

SB: Pavan Sukhdev war von der Deutschen Bank für die Aufgabe abgestellt worden, sogenannte Ökosystemdienstleistungen und die Biodiversität auf neue ökonomische Grundlagen zu stellen. Gibt es da nicht einen Interessenkonflikt?

BU: Der Herr Sukhdev ist von der Deutschen Bank frei gestellt worden für UNEP die große TEEB Studie (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) zu leiten. Über Interessenkonflikte müsste ich spekulieren, was ich nicht tue. Dazu sollten sie ihn selbst befragen. Ich habe mit Herrn Sukhdev ein ausführliches Interview geführt, das am 11. Juni in Böll.Thema erscheinen wird. In diesem Interview habe ich versucht, ihn mit all der Kritik zu konfrontieren, die es an dem Ansatz gibt, durch die Monetarisierung von sogenannten Ökosystemdienstleistungen und Biodiversität Natur oder Ökosysteme besser schützen zu können.

Es gibt an dieser Initiative "The Economics of Ecosystems and Biodiversity" aus meiner Sicht zu Recht sehr viel Kritik. Es wird kritisiert, dass hier ein weiterer Schub der Ökonomisierung, der Merkantilisierung der Natur und der Umweltpolitik stattfindet. Es gibt heute immer noch viele Millionen Menschen, die Natur nutzen, ohne sie unwiederbringlich zu zerstören. Sie brauchen keine neuen marktbasierten Ansätze, wie sie nun allerorten vorgeschlagen werden. Und kann man Natur nicht einfach auch in Ruhe lassen, z.B. nicht in der Arktis oder in Urwäldern nach Rohstoffen graben? Das sind Fragestellungen, die wir als Stiftung adressieren, und die auch viele Nichtregierungsorganisationen, indigene Bevölkerungen, all die Menschen, die von der Natur, mit der Natur in Koexistenz friedlich leben, beschäftigt. Wir wollen keiner falschen Ökonomisierung der Natur das Wort reden, bei der ein weiteres Mal lokale Bevölkerungen enteignet und vertrieben werden.

Wer Natur ökonomisiert und aus Natur, Ökosystemen und Biodiversität ein Handelsgut macht bzw. ein "asset", wie es so schön heißt, der braucht, wenn er damit Handel treiben möchte, Eigentumsverhältnisse. Das führt leider dazu, dass gemeinschaftliche Nutzungsformen (Commons) zerstört werden, Menschen vertrieben und rechtlos gemacht werden.

SB: Haben Sie Beispiele für positive Ansätze, wo das bei der Ökonomisierung vielleicht schon mal im kleinen verwirklicht worden ist?

BU: Wir stehen noch am Anfang, uns mit dem ganzen Thema Ökonomisierung von Natur zu beschäftigen. Wir haben zum Beispiel etwas, das auch Herr Sukhdev, der Leiter von TEEB, sagt: Es kann vielleicht Sinn machen, dass man bewerten muss, welche Dienstleistungen Ökosysteme erbringen, wenn es zum Beispiel zu Unfällen, wie zum Beispiel Schiffsunfällen, kommt. Da muss man ja einer Versicherung sagen: 'Die Beseitigung von Öl kostet xy Dollar oder Euro.' Besonders, wenn man dann auch noch bemessen will, wenn das Ökosystem Meer davon betroffen ist. Dafür kann es sinnvoll sein, Berechnungsgrundlagen zu haben. Deswegen gibt es schon lange ökonomische Versuche, Ökosystemdienstleistungen zu berechnen.

Wo es auch um eine Berechnung von Ökosystemdienstleistungen geht, ist der Vorschlag Ecuadors, ihre Ölreserven unter dem Tropenwald nicht zu nutzen. Sie nicht zu erschließen, um den Regenwald oben drüber zu erhalten. Das ist der berühmte Fall der Yasuni-Ölfelder - "leave the oil in the soil" lautet da das Motto. Und da wird gegeneinandergestellt: Was ist der Wald, der da steht, der Menschheit, der globalen Community wert im Gegensatz zu dem, was Ecuador an Ölerlösen generieren könnte, sollte es das Öl ausbeuten? Das ist ein positives Beispiel. Deswegen muss man bei dieser Bewertung der Natur eigentlich ununterbrochen die Frage stellen: Wem nützt was? Was gehört wem? Wer kontrolliert? Denn mit diesen Fragen werden sofort die großen Fragen nach Eigentumsverhältnissen und nach Verteilungsgerechtigkeit gestellt.

Die Grundsatzfrage, ob es Kompensationsleistungen fürs Nichtstun, für das Nicht-Ausbeuten gibt, gehört für mich zu einer sehr, sehr wichtigen Debatte innerhalb der gesamten Umweltdiskussion. Und deswegen wäre auch Yasuni als erfolgreiches Modell so wichtig. Wo die Staatengemeinschaft sagt: Ja, für die globalen Gemeinschaftsgüter unterstützen wir dieses Modell, bei dem das Erdöl in der Erde gelassen wird.

Ich würde mir wünschen, dass das Brasilien auch für seine Ölreserven vor der Küste macht - "leave the oil in the sea" oder so ähnlich -, statt mit hochkomplizierter Hochrisikotechnologie Tiefseebohrungen in 1800 Meter Tiefe vorzunehmen. Also noch schlimmer und tiefer als bei Deepwater Horizon und den dann erfolgten Leckagen im Golf von Mexiko. Dafür würde es dann ökonomische Berechnungen geben, wie das Nicht-Ausbeuten ökonomisch zu bewerten ist.

SB: Ist das nicht sehr schwierig zu berechnen, weil es unglaublich viele Risikofaktoren gibt, die man noch gar nicht kennt?

BU: Ja, wir befinden uns leider auf dem Weg, auf all die globalen Umweltprobleme technologische Antworten liefern zu wollen, statt über das maßvolle Wirtschaften, das Sparen und das Weniger nachzudenken, also über Suffizienz. Es geht nicht darum zu sagen, dass Technologie nicht auch eine Antwort sein kann. Jetzt geht es aber darum, immer wieder zu fragen, welche Technologien wollen wir, wer kontrolliert dieses Technologien? Welche sozialen und ökologischen Folgen sind zu erwarten?

Ich sehe jedoch mit Sorge einen Boom, Technologie zum Allheilmittel zu erklären und zu verabsolutieren, ohne Lebensstil- und Konsumdebatten zu führen. Und dann haben wir es auch mit Hochrisikotechnologien zu tun, die mit einer Sorglosigkeit in die Welt gesetzt werden! Es gibt keine ernsthaften Technologiefolgenabschätzungen. Deswegen schließen wir uns als Stiftung der Forderung danach an und fänden es wunderbar, wenn der jetzt kommende Rio-Gipfel es schaffte, zumindest mal den Prozess auf UN-Ebene anzustoßen, der sich mit den sozialen und ökologischen Folgen von Technologie auseinandersetzt. So etwas haben wir nicht auf UN-Ebene, obwohl wir Spiegel im Weltall installieren wollen, obwohl wir großflächig Ozeane düngen wollen!

Jede Regierung im Norden und auch im Süden legt riesige Forschungsbudgets auf, um in diese Hochtechnologien zu investieren, statt auch mal Gelder beispielsweise in Forschungen zu investieren, wie angepaßte, klimaresistente Pflanzen aussehen, die auch ein Kleinbauer anwenden kann. Da bin ich wieder bei der Frage, wem nutzt welche Forschung? Wem nutzt welche Technologie? Wer übernimmt die Verantwortung für Hochrisikotechnologien?

Zur Gentechnik kennen wir die internationale Debatte - zur berühmten Nanotechnologie gibt es in Insiderkreisen auch eine Debatte um Risiken und Gefahren dieser Technologie, aber eine wirkliche gesellschaftspolitische Debatte findet nicht statt. Oder das ganze Themenfeld Geoengineering als Antwort auf das Klimathema. Da sind wir wieder bei der Frage, statt die Ursachen der CO2-Emissionen anzugehen, statt mit politischer Macht zu sagen, wir müssen CO2 reduzieren, werden einfach Ingenieursschrauben gedreht. Nach dem Motto: Damit kriegen wir das Problem dann schon in den Griff. Das sind neue Geschäftsfelder, die sich einen grünen Anstrich geben, aber überhaupt nicht grün sind, weil sie nicht an die Wurzel des Übels gehen, sondern weiter Risiken fürs Erdsystem und für die Atmosphäre bedeuten.

SB: Ein passendes Schlußwort. Haben Sie herzlichen Dank für das Interview.


Fußnoten:

[1] Einen Bericht zur Pressekonferenz und weitere Interviews folgen in Kürze.

Interviewpartner, am Tisch sitzend - Foto: © 2012 by Schattenblick

SB-Redakteur im Gespräch mit Barbara Unmüßig
Foto: © 2012 by Schattenblick

5. Juni 2012