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INTERVIEW/142: Indikator Salz - Intrusionsverlaufskartographie ..., Dr. Bernhard Siemon im Gespräch (SB)


SWIM

23. Salt Water Intrusion Meeting
16. bis 20. Juni 2014 im Husumhus in Husum

Dr. Bernhard Siemon über geophysikalische Messungen, ihren Übertrag auf Karten, die Methode der Interpolation und wie manchmal selbst das erfahrene Auge des Experten getäuscht werden kann



Salzwasserintrusion ist sicherlich ein Wort, das die wenigsten Laien schon einmal gehört haben. Und selbst Experten, die sich mit wissenschaftlichen Fragen zum Klima und seinen Wechselwirkungen mit dem Meer und dem Land befassen, können damit nicht viel anfangen. Ein entsprechendes Bekenntnis gab Prof. Hans von Storch, Leiter des Instituts für Material- und Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht und Professor am Meteorologischen Institut in Hamburg, bei seinem Vortrag "Participation - the challenge of climate change at the coast" (Partizipation - die Herausforderung des Klimawandels an der Küste) auf dem "Salzwasserintrusionstreffen" SWIM 23 am 16. Juni 2014 in Husum ab.

Beim Gespräch - Foto: © 2014 by Schattenblick

Dr. Bernhard Siemon
Foto: © 2014 by Schattenblick

Aber auch er habe ein Beispiel für die Intrusion von Salzwasser genannt, sagte Dr. Bernhard Siemon, Arbeitsbereichsleiter Aerogeophysik & LTB, B2.1 Geophysikalische Erkundung - Technische Mineralogie bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover am Rande der Konferenz gegenüber dem Schattenblick. Prof. von Storch habe auf die Elbe verwiesen und gesagt, daß bei einem Meeresspiegelanstieg der Brackwasserbereich zunehmen wird - genau das sei "Salt water intrusion", so Siemon.

Ganz allgemein findet Salzwasserintrusion überall da statt, wo Salzwasser in Süßwasser eindringt, sei es auf der Erdoberfläche wie bei der Bildung von Brackwasser oder der Einleitung von Sole aus dem Bergbau in ein Fließgewässer, sei es im Untergrund im Grenzbereich zwischen Meer und Land oder zwischen Salzstock und Grundwasser, um nur einige Beispiele zu nennen.

Zu der Husumer Konferenz SWIM 23 gehörte auch eine sogenannte Posterausstellung, bei der die Teilnehmenden ihre Arbeit jeweils auf einem Poster vorstellen konnten. Dort traf der Schattenblick Dr. Siemon, der bereit war, einige Fragen zu seiner Arbeit zu beantworten.

Schattenblick (SB): Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe führt Hubschrauberbefliegungen durch, um Informationen über das Grundwasser zu erhalten. Könnten Sie das für unsere Leserschaft näher erklären?

Dr. Bernhard Siemon (BS): Wir von der BGR haben seit ungefähr dreißig Jahren ein Hubschraubermeßsystem, mit dem wir nicht nur in Deutschland, sondern weltweit operieren. Seit gut zehn Jahren unterhalten wir ein Projekt, das sich D-AERO nennt, das steht für "deutschlandweite Aerogeophysik". Hier liegt der Fokus auf dem Norden; im Süden werden zwar auch Befliegungen durchgeführt, aber nicht ganz so dicht. Ähnlich wie in anderen Ländern, beispielsweise in Skandinavien, will man in Deutschland den Untergrund von oben anschauen. Dabei besteht der große Vorteil darin, daß man einfach über eine Landschaft hinwegfliegt, wie mit Satelliten, nur daß es aus einer so großen Entfernung keine Informationen über den Erduntergrund mehr gäbe. Wir müssen so nah wie möglich an die Erde heran und fliegen etwa 30 bis 50 Meter über Grund.

Im Vordergrund die Sonde auf dem Rasen, an einem Ende durch ein Gestell abgestützt, dahinter ein Hubschrauber auf einem Asphaltfeld - Foto: © BGR

BGR-Hubschrauber mit EM-Sonde beim Start
Foto: © BGR

SB: Was messen Sie da?

BS: Die wesentliche Methode, die wir einsetzen, ist die Elektromagnetik. Daneben werden noch zwei weitere Methoden verwendet. Die Elektromagnetik kennen Sie vielleicht, wenn Sie Bastler sind und in der Wand eine Leitung suchen ...

SB: Wenn's piept, hat man sie gefunden ...

BS: Genau, oder wenn Sie am Strand nach Metall suchen. Wir wenden die gleiche Methode an, nur ein bißchen größer. So bestimmen wir letztendlich bis in etwa 100, 150 Meter Tiefe die elektrische Leitfähigkeit des Erduntergrundes. Die elektrische Leitfähigkeit ist wiederum durch das Material, also die Lithologie - sprich: die Gesteine -, generiert und durch das, was in diesem Material in den Poren drin ist, also Wasser. In Norddeutschland können wir ganz klar zwischen feinkörnigem Material, Ton, und grobkörnigem Material, Sand, unterscheiden. Grobkörnig erscheint auf unseren Karten blau, feinkörnig gelb.

Sand hat eine geringe und Ton eine hohe elektrische Leitfähigkeit, so daß wir diese beiden wichtigen Materialien des Untergrundes sehr deutlich voneinander unterscheiden können. Zugleich sind sie für den Grundwasserfluß von größter Bedeutung, weil bei Ton beinahe nichts und bei Sand nahezu alles durchfließt. Zwischen den einzelnen Körnchen gibt es ja einen Porenraum, und der ist in Norddeutschland fast bis zur Oberkante mit Wasser gefüllt. Das Wasser hat eine mittelhohe elektrische Leitfähigkeit, Beispiel "Fön in die Badewanne" - ist nicht so gut.

SB: Nicht empfehlenswert, macht man nur einmal ...

BS: Die elektrische Leitfähigkeit von Süßwasser ist vorhanden, aber nicht hoch; die elektrische Leitfähigkeit von Salzwasser bzw. Meerwasser dagegen ist extrem hoch. In der graphischen Umsetzung sehen Sie, daß überall da, wo rot auf den Karten auftaucht, das Salzwasser dominiert. Ein sehr schönes Beispiel sind die Inseln im Watt, die von Salzwasser umgeben sind, aber ihre eigene "Badewanne" mit Süßwasser haben. Anhand von Karten kann man die Grundwassermodellierung auch ein bißchen genauer machen. Vor allen Dingen hat man dann den Überblick. Bohrungen sind hingegen punktuell.

Wir haben eine Studie durchgeführt, in der wir unsere Ergebnisse in einem bestimmten Meßgebiet, das normalerweise innerhalb von zwei Wochen abgeflogen ist, mit den Bohrungen, die dort in den letzten rund hundert Jahren gewonnen wurden, verglichen und oberflächennah analysiert haben, wie die Trefferquote bei Ton ist. Unser Parameter war dabei die elektrische Leitfähigkeit, beziehungsweise der Kehrwert davon, der spezifische Widerstand, die "Resistivity". Wenn dieser in einem gewissen Bereich liegt - hier gehen wir von 12 bis 35 Ohmmeter aus -, dann ist das typisch für Ton.

Vereinfachte Darstellung der Befliegung mit einem Hubschrauber, der eine längliche Sonde trägt, die im vorderen Bereich elektromagnetische Signale sendet und im hinteren Bereich die 'Antwort' aus dem Gestein (Sekundärfeld) empfängt, von denen aus auf die elektrische Leitfähigkeit des Untergrunds geschlossen wird - Grafik: © BGR

Prinzipskizze der Hubschrauber-Elektromagnetik
Grafik: © BGR

SB: Haben sich die Ergebnisse der elektromagnetischen Messungen mit dem, was aufgrund der Bohrprofile zu erwarten war, gedeckt?

BS: Ja, es besteht eine hohe Korrelation.

SB: Gibt es davon Abweichungen?

BS: Ja, es gibt einige Ausnahmen. Die haben überwiegend zwei Ursachen. Zum einen reagiert unser Sensorsystem sehr empfindlich auf Sachen im Erduntergrund, die von uns Menschen gemacht worden sind, beispielsweise Leitungen. Aber uns stören ganz erheblich auch Eisenbahnlinien, Ortschaften, Windparks und viele weitere anthropogenen Effekte. Bei denen müssen wir darauf achten, daß wir die "loswerden", wofür es ein paar Tricks gibt. Wenn die Ausdehnung nicht zu groß ist, kann man die Schere nehmen und sagen: "Rechts sieht es so aus, links sieht es so aus - warum sollte es in der Mitte anders aussehen?" Man interpoliert dann.

SB: Wie das früher bei Bohrungen gemacht wurde?

BS: Bei Bohrungen muß es noch heute gemacht werden, bei uns sind die Lücken nur wesentlich kleiner. Auch wir müssen interpolieren, dabei kann manchmal etwas schiefgehen.

SB: Wie kommt das zustande?

BS: Wir hatten einmal ein Waldstück mit Militäranlagen, da haben wir das eine oder andere wahrscheinlich falsch interpretiert.

SB: Lagen da noch Munitionsreste oder Metalle aus dem Militärbetrieb, wodurch die Meßergebnisse verfälscht wurden?

BS: Ja, irgendwelche Sachen, von denen man bei der Interpolation in die Irre geführt wird. Es gab da eine Signatur, die von ihrer Form her aussah, als sei sie von Menschen gemacht. Deshalb hatten wir sie herausgerechnet. Als ich dann gesehen habe, daß die Bohrung etwas anderes sagt, habe ich mir das genauer angeschaut und gesagt: Okay, es sieht aus, wie von Menschen gemacht, ist aber natürlich. Da war es nur zu spät.

SB: Und was war "natürlich"?

BS: Das war Ton, aber ein relativ schmaler Gang. Da dachte ich zunächst, es sei eine Leitung gewesen, zumal da auch eine Straße entlangführt.

Einmal gab es den umgekehrten Fall, da sah etwas sehr nach Ton aus, doch hatte man in den Bohrungen nicht wirklich etwas Entsprechendes gefunden. Eine Bohrung war ganz ohne Ton, eine andere mit wenig Ton. Damals hatte mir der Leiter der entsprechenden Arbeitsgruppe beim Landesamt gesagt, daß das alte Bohrungen sind, bei denen die "Ansprache" nicht immer gut gelaufen war. Was bedeutet, daß die Beschreibung einer Bohrung auch nicht immer hundertprozentig richtig ist. Wenn beispielsweise zwei Bohrungen in einem geringen Abstand total unterschiedliche Beschreibungen haben, was vorkommt, muß man mit der Deutung vorsichtig sein.

Aber insgesamt kann man sagen, ist die Korrelation hoch. Hätte man dagegen nur die Bohrungen und würde daraus eine Karte anfertigen, ergäbe das ein ganz anderes Bild als jetzt, wo wir durch die geophysikalischen Messungen Feinstrukturen flächendeckend erfassen können.

SB: Abgesehen davon, daß Ton ein Rohstoff ist, wem nutzen die Ergebnisse?

BS: Ja, Ton als Rohstoff ist einer der Nutzen, Ton ist aber auch ein Hemmer für Fließwege. Deswegen müssen die Grundwassermodellierer wissen, wo Wasser entlangfließen kann. Wenn Sie Grundwasser aus großer Tiefe gewinnen wollen, würde ich unter den Ton gehen; das wird auch häufiger gemacht. Der Ton liegt nämlich ein bißchen wie ein Regenschirm oben darüber und übt eine Schutzfunktion aus.

Ein anderer Nutzen ist die Bestimmung der Grenze von Süß- und Salzwasser an der Nordseeküste. So müssen die Wasserwerke auf den Inseln wissen, wo sie ihr Wasser abzapfen können. Ein Kollege von mir hat darüber berichtet, wie das im Jahresverlauf aussieht - gerade auch mit den vielen Touristen, die einen hohen Wasserbedarf haben. Wenn man aus den Süßwasserlinsen zuviel Wasser herauspumpt und Brack- oder Salzwasser nachsaugt, geht so ein Brunnen verloren. Man muß dann sehr lange warten, bis sich das Salzwasser wieder gesenkt hat. Deswegen ist die Information über die Ausdehnung einer Süßwasserlinse von größter Bedeutung für die Wasserwerke, damit sie gegebenenfalls rechtzeitig aufhören, Wasser zu pumpen. Zwar haben sie ihre Frühwarnsysteme, durch die der Salzgehalt gemessen wird, aber wenn die anschlagen, ist es eigentlich fast schon zu spät.

Die Nordseeküste ist nicht unbedingt eine Trennlinie für Grundwasser. Oberflächennah kann die Trennlinie beispielsweise ein Deich sein, schaut man aber in die Tiefe, verläuft die Küstenlinie anders.

Auf Grundlage einer topographischen Karte wird das Untersuchungsgebiet mit Langeoog, West-Spierkeroog und dem gegenüberliegenden Teil des niedersächsischen Festlands gezeigt - Grafik: © BGR

Ergebnisse der Hubschrauber-Elektromagnetik (spez. Widerstand) Langeoog auf Meeresspiegelniveau
rosa/violett: Salzwasser
rot: Sedimente des Wattenmeers
orange: Ton, Schluff oder Brackwasser
blau: Süßwasser
Hintergrund: Topographische Karte (Geobasisdaten@BKG)
Grafik: © BGR

SB: Kann man sagen, daß Sie als Geophysiker auch eine etwas andere Vorstellung davon haben, was Inseln sind? Nach Ihren Karten zu urteilen, scheinen die Inseln im Meer zu schwimmen.

BS: Ja, das Süßwasser schwimmt auf dem Salzwasser, das ist schon richtig. Die Inseln verändern sich aber auch mit der Zeit. Während der Eiszeiten lag die Küstenlinie viel weiter draußen, der Meeresspiegel war vielleicht 100 bis 150 Meter tiefer als heute. Das Meer kam dann sukzessive wieder. Es kam und ging, kam und ging ...

Die Insel Langeoog lag früher ein bißchen weiter nordwestlich. Heute ist sie relativ lagestabil, während andere Inseln wie Norderney nach Osten wandern, bedingt durch Wind und Meeresströmungen. Die Ortschaft Wangerooge liegt jetzt in der Mitte der gleichnamigen Insel und war früher ganz im Osten angesiedelt. In vielleicht 100 oder 160 Jahren, da will ich mich nicht festlegen, ist die Ortschaft Wangerooge am westlichen Ende angelangt, wenn man nichts dagegen unternimmt. Die Insel wandert, wenn man so will, unter der Ortschaft weg.

SB: Lassen sich die Forschungsergebnisse, die in Europa gewonnen wurden, auf andere Weltregionen mit ihren spezifischen Problemen übertragen?

BS: Ja, das läßt sich weltweit übertragen. Als der Tsunami 2004 über Südostasien hereinbrach, waren wir neun Monate später mit unserem System dort unten und haben nach verbliebenen Süßwasserreserven gesucht. Wassermangel war nämlich eines der Hauptprobleme, da das Land überflutet war. Dazu hat heute morgen Gualbert Oude Essink einen Vortrag gehalten.

Nach dem Tsunami war das Land von Salzwasser überflutet. Das steht dann erstmal in den Senken, setzt sich mehr und mehr ab und begießt quasi das Süßwasser von oben. Das wird dabei verseucht. Oder es ist von oben in einen Brunnen geflossen.

Blick von schräg oben auf einen überfluteten Küstenstreifen - Foto: AusAID, [(CC BY 2.0) https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/legalcode]

Weite Gebiete vom Meerwasser kontaminiert. Aceh, Indonesien, 28. Mai 2005.
Foto: AusAID, [(CC BY 2.0) https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/legalcode]

Zum Glück kamen viele Hilfsorganisationen in die Tsunamigebiete und haben auch nach Süßwasser gesucht, meist ungefähr 50 Meter tief. Die Trefferquote war jedoch kleiner als 50 Prozent. Häufig waren sie auf Salzwasser gestoßen oder im Ton steckengeblieben. Wir haben Übersichtskarten erstellt, um zu zeigen, wo die Wahrscheinlichkeit viel höher ist, auf Süßwasser zu treffen.

SB: Gab es dafür auch Rückmeldungen?

BS: Ja, natürlich, denn wir waren ja vor Ort. Die Organisationen saßen uns im Nacken. Sie hatten sich die Gebiete vorher ausgeschaut, wo sie neue Bohrungen machen wollten, und fragten dann bei uns an, wie es dort aussieht. Das konnten wir ihnen in der Regel sagen. Allerdings nicht immer. Denn das System, das wir bei der BGR verwenden, kann nur zwischen 50 und 150 Meter Tiefe schauen.

SB: Reicht das manchmal für die Brunnentiefe in diesen Ländern nicht aus?

BS: Manchmal reicht es nicht aus. Es gibt andere Systeme, eines ist in Dänemark entwickelt worden, die tiefer schauen können. Von der Physik her ist es ähnlich, in der Umsetzung der Technik ein bißchen anders. Mit dem System kann man zwar größere Tiefen erkunden, ist dafür nicht so schnell in der Produktion der Daten und auch nicht so sensibel für die oberen Meter; zudem reagiert das System empfindlicher auf anthropogene Einflüsse.

Hubschrauber, der ein hexagonales Meßgerät trägt, fliegt rund 50 Meter über einen Strand mit Badegästen hinweg - Foto: © SkyTEM

SkyTEM-Befliegung auf der zu Frankreich gehörenden Insel Réunion im Indischen Ozean im Auftrag des BRGM (Bureau de Recherches Géologique et Minières, in Dt.: Büro für Geologie- und Bergbauforschung). Der Blick in den Untergrund geht mit diesem System tiefer als mit dem, das das BGR für Langeoog eingesetzt hat.
Frankreich will unter anderem Daten über Süßwasservorkommen, Salzwasserintrusion, potentielle Baumaterialien, das Potential für die Nutzung von Geothermie und Risikogebiete für Hangabrutschungen gewinnen.
Foto: © SkyTEM

SB: Satellitenmessungen funktionieren für diesen Zweck überhaupt nicht?

BS: Nein, damit kann man in der Regel nicht in den Untergrund hineinschauen. Es gibt zwar elektromagnetische Messungen im Frequenzbereich von Radar - die sind also sehr hochfrequent -, aber damit kann man nur die Oberfläche erfassen.

Die Funktionsweise unseres Verfahrens beruht auf der elektromagnetischen Induktion und die Signale, die wir messen, sind stark frequenz- und entfernungsabhängig. Man kann sich das veranschaulichen, wenn man an Schall denkt. Wenn Sie einen Nachbar haben, der Musik hört, dann können Sie feststellen, daß die Bässe durch die dicksten Wände durchkommen. Hier ist es auch so, die niederfrequenten Meßbereiche schauen auch am tiefsten in die Erde rein. Deswegen verwenden wir bei der BGR ein System mit sechs verschiedenen Meßfrequenzen. Die anderen Kollegen nehmen nicht feste Meßfrequenzen, sondern die schalten den Strom ein und aus und erhalten dadurch Abklingkurven.

Wie gesagt, wir machen das weltweit. Grundwasser war in die letzten 20 Jahren das Hauptthema, das schwenkt jetzt gerade wieder um in Richtung Mineralexploration, also die Exploration von Erzen. Dies war ursprünglich der Trigger für Aerogeophysik.

SB: Kann man mit dieser Methode auch in der Tiefsee nach Bodenschätzen suchen?

BS: Nein, in die Tiefsee kann man mit diesem System nicht gehen, weil jede elektrische Leitfähigkeit, die etwas höher ist, einen Abschirmeffekt erzeugt. Wir können nicht durch eine Meerwasserschicht von zehn, fünfzehn Metern hindurchschauen. Aber es gibt auch in der BGR Geräte, die quasi bis zum Meeresboden runtergelassen und dann am Schiff hinterhergezogen werden. Da ist man dann schon sehr nah am Objekt dran.

SB: Wird so etwas zur Zeit im Indischen Ozean gemacht, wo die BGR tätig ist?

BS: Auch. Das wird im Indischen Ozean, in der Nordsee, eigentlich weltweit gemacht. Man will in erster Linie Energierohstoffe genau kartieren. Das betrifft dann vor allem Gashydrate. Die haben einen extrem hohen spezifischen Widerstand und dies kann man relativ gut unterscheiden, weil alles drum herum einen niedrigen Widerstand bzw. eine hohe Leitfähigkeit hat.

SB: Hatten Sie selber schon mal die Gelegenheit, eine solche Fahrt mitzumachen?

BS: Nein, die BGR ist sehr groß, und mein Herz hängt hier an dieser Forschung mit dem Hubschrauber. Mein Job besteht dann hauptsächlich darin, die Daten, die ein bißchen wie ein EEG von Hirnströmen aussehen, in solche Karten umzusetzen. Da ich aber auch gleichzeitig Leiter der Arbeitsgruppe bin, muß ich rund 50 Prozent Management machen.

Erst letzten Monat waren wir südlich und westlich des Jadebusens und haben Daten erfaßt, wo überall im Untergrund Salzwasser vorliegt. Da kann man sehen, daß das gar nicht so ganz homogen verteilt ist, wie man es auf einer Salzwasserkarte aus dem Jahr 2000 vermuten würde.

SB: Herr Siemon, herzlichen Dank, daß Sie sich die Zeit für uns genommen haben.

Eine Forschergruppe umringt eine teils spärlich bewachsene, teils vegetationsfreie, von Trockenrissen gezeichnete, weißliche Fläche in einem Reisfeld - Foto: IRRI, [(CC BY-NC-SA 2.0) https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/legalcode]

In Bangladesch ist die Salzwasserintrusion eine Gefahr für die Landwirtschaft. Hier untersuchen Wissenschaftler des Reisforschungsinstituts BRRI (Bangladesh Rice Research Institute) ein von Salzwasser schwer geschädigtes Reisfeld, 11. April 2011.
Foto: IRRI, [(CC BY-NC-SA 2.0) https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/legalcode]

Zum 23. Salt Water Intrusion Meeting im Husumhus sind bisher im Schattenblick in den Pools
INFOPOOL → UMWELT → REPORT → BERICHT
und
INFOPOOL → UMWELT → REPORT → INTERVIEW
unter dem kategorischen Titel "Indikator Salz" erschienen:

BERICHT/081: Indikator Salz - eingekreist und nicht geflohen (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0081.html

INTERVIEW/119: Indikator Salz - Sachlicher Leisten rührt noch am meisten ... Prof. Hans von Storch im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0119.html

INTERVIEW/131: Indikator Salz - Küste, Klima, Wechselwirkung ... Broder Nommensen, Johannes Michaelsen und Helga Wiederhold im Gespräch (SB)
http://schattenblick.com/infopool/umwelt/report/umri0131.html

INTERVIEW/133: Indikator Salz - IT-gestützt ... Dr. Wolfgang Scheer im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0133.html

INTERVIEW/134: Indikator Salz - Im Prinzip sicher, aber ... Dr. Johannes Michaelsen im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umri0134.html

INTERVIEW/139: Indikator Salz - verknüpfen, vernetzen, Prognose ... Dr. Helga Wiederhold im Gespräch (SB)
http://schattenblick.com/infopool/umwelt/report/umri0139.html

28. Juli 2014