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INITIATIVE/120: Inszenierte Verwirrung - Ist das Wasser-Volksbegehren überflüssig? (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 157 - August/September 2010
Die Berliner Umweltzeitung

Inszenierte Verwirrung
Ist das Wasser-Volksbegehren überflüssig?

Von Thomas Rudek


Ende Juni ist der Startschuss für das Wasser-Volksbegehren gefallen: Bis zum 27. Oktober sammelt der "Berliner Wassertisch" gemeinsam mit der GRÜNEN LIGA Berlin und vielen anderen mindestens 172.000 Unterschriften für ein Gesetz, mit dem die Geheimverträge, die infolge der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe abgeschlossen worden sind, vollständig offen gelegt werden sollen. Durch Insider wissen wir, dass diesen unbefristeten (!) Geheimverträgen geltendes Recht unterlaufen wird,erschämt hohe Gewinngarantien, die notfalls sogar aus dem Berliner Haushalt bezahlt werden müssen, vereinbart und im so genannten Kleingedruckten andere Dinge zu Lasten von uns Verbrauchern geregelt worden sind. Höchste Zeit, mit diesem Volksbegehren die Voraussetzungen zu schaffen, damit das ans Tageslicht gerät und dieses Vertragswerk öffentlich und unabhängig kontrolliert werden kann.

Der Senat mit seinem gesamten verfilzten Netzwerk, das bis in die Medien hineinreicht, lässt nichts unversucht, um die Bevölkerung in die Irre zu führen: So wurde beispielsweise das so genannte Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG)" verändert. Und Spitzenfunktionäre der SPD wie von der Linkspartei behaupten, mit dem "Informationsfreiheitsgesetz" hätte sich das Wasser-Volksbegehren erledigt, denn die Geheimverträge würden jetzt offen gelegt werden. Doch stimmt das wirklich? Ein Blick in das Gesetz liefert die Antwort: NEIN! Denn im §7a Abs. 3 IFG steht, dass Bestimmungen des Vertrages, die einer Veröffentlichung entgegenstehen, "nachverhandelt" werden sollen. Alles klar? Veröffentlicht wird also nicht der Geheimvertrag, sondern eine Vertragsfassung, die verändert und juristisch wasserdicht gemacht worden ist.

Für weitere Verwirrung sorgte die Berichterstattung über ein Urteil des Berliner Verfassungsgerichts: Die Abgeordnete Heidi Kosche (Bündnis 90/Die Grünen) hatte vom Senat Zugang zu allen Unterlagen der Teilprivatisierung verlangt. Der Senat hatte das pauschal abgelehnt. Und über diesen Streit hat jetzt der Verfassungsgerichtshof entschieden. Das Ergebnis: Der Senat darf nicht pauschal ablehnen, sondern muss bei jeder Akte sorgfältig abwägen, ob Akteneinsicht gewährt werden darf oder ob Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wichtiger sind und einer Akteneinsicht entgegenstehen. Außerdem ist zu befürchten, dass selbst wenn den Abgeordneten eine umfassende "Akteneinsicht" gewährt wird, sie zuvor eine Verschwiegenheitsvereinbarung unterschreiben müssen und nicht mit ihren Wählern darüber reden dürfen, was sie gelesen haben. Über diese Details wurde in zahlreichen Medien NICHT berichtet!

Die Folgen: Viele Bürger rufen bei der GRÜNEN LIGA Berlin an und glauben infolge der Darstellung in den wird und sich das Volksbegehren erledigt hat. Dass ist nicht der Fall. Die wirklich wichtigen Unterlagen werden einzig und allein Abgeordneten gezeigt und zwar im Datenraum des Finanzsenats: Dort dürfen die Abgeordneten keine Kopien und nicht einmal Notizen machen, sie dürfen nicht telefonieren, keine Experten hinzuziehen und sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sieht so eine Offenlegung aus, die uns Verbrauchern etwas nutzt?

Zu dieser inszenierten Verwirrung kommt dann noch die dümmliche "Image- und Aufklärungskampagne" der Berliner Wasserbetriebe, die in Berlin ja eine Monopolstellung haben und daher Werbung überfl üssig macht: Statt der "lupenreinen" Quietsche-Enten-Kampagne und Slogans wie "Wir waschen Waschmaschinenwaschwasser" sollte der Wirtschaftssenator und Aufsichtsratsvorsitzende der Wasserbetriebe, Harald Wolf (Linkspartei), die Kritik des Landesrechnungshofes aufgreifen und diese Dumm-Kampagne beenden.

Bleibt abschließend nur der Appell an die Leser/-innen des RABEN RALF: Lasst Euch nicht verunsichern, sammelt Unterschriften für das Wasser-Volksbegehren bei Freunden, Nachbarn, Kollegen. Die Unterschriftsbögen und -listen liegen bei der GRÜNEN LIGA Berlin (Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin) oder können bequem im Internet heruntergeladen, ausgedruckt und weitergegeben werden. Wenn viele ihre eigenen Netzwerke "aktivieren", dann können wir gewiss 172.000 gültige Unterschriften bis zum 27. Oktober gewinnen!

Thomas Rudek
Sprecher des Volksbegehrens für die
GRÜNE LIGA und den Berliner Wassertisch.

ThRudek@gmx.de
Tel. 030/ 261 33 89 (AB)
www.berliner-wassertisch.net
www-grueneliga-berlin.de


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Quelle:
DER RABE RALF - 21. Jahrgang, Nr. 157, August/September 2010
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de

Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: 10 Euro/halbes Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2010