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POLITIK/409: Verbot der Wasserprivatisierung in die österreichische Verfassung? (BBU WASSER-RUNDBRIEF)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1018 vom 23. Juli 2013, 32. Jahrgang

Verbot der Wasserprivatisierung in die österreichische Verfassung?



Während der erfolgreichen Kampagne der Europäischen Bürgerinitiative "Wasser ist ein Menschenrecht" (s. RUNDBR. 1014/ 4, 1009/4, 1007/1-2, 999/4, 994/1, 983/1) sind in Österreich und Deutschland einige der Unterstützer der Kampagne auf die Idee gekommen, die Privatisierung von Wasser- und Abwasserdienstleistungen komplett zu verbieten. In Österreich wurde diese Debatte Ende Januar 2013 gar im Wiener Kabinett geführt. Dort regiert eine große Koalition von SPÖ, die den Kanzler stellt, und österreichischer Volkspartei (ÖVP). Da das Jahr 2013 auch in Österreich als "Superwahljahr" gilt, hatte die SPÖ-Spitze versucht, mit einem Wasserprivatisierungsverbot bei den Wählern zu punkten. Staatssekretär Josef Ostermayer, der als rechte Hand des SPÖ-Bundeskanzlers gilt, forderte Ende Jan. 2013 beim SPÖ-Wahlkampfauftakt in Kärnten, per Verfassungsbestimmung die "Privatisierung der Trinkwasserversorgung zu verbieten". Bei der ÖVP stieß der Vorschlag, der kurz darauf auch im Ministerrat diskutiert worden war, auf wenig Gegenliebe. ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger sprach von "völligem Unsinn". Gleichwohl gab er Bereitschaft zu erkennen, für eine Art Staatszielbestimmung in der Verfassung plädieren zu können. Darin könne man festschreiben, dass "Wasser ein öffentliches Gut ist". Auch die Wasserversorgung als "Aufgabenstellung der öffentlichen Hand" könne definiert werden. Gleichzeitig versuchte der Vizekanzler zu beruhigen: Die EU könnte auf Grund des Einstimmigkeitsprinzips gar keinen Privatisierungsauftrag ohne Österreichs Stimme beschließen. Im Wiener Bundesparlament bekam die Debatte über die Aufnahme eines "Wasserprivatisierungsverbotes" zusätzlichen Drive, weil zeitgleich auch über ein Verbot für kommunale Spekulationsgeschäfte debattiert wurde. Ähnlich wie in Deutschland waren auch zahlreiche österreichische Kommunen, Stadt- und Wasserwerke auf Zinswetten (Swaps, s. RUNDBR. 969/2, 919/4) großer Banken hereingefallen. In Salzburg und Linz muss deshalb mit Millionenverlusten gerechnet wer den. Sensibilisiert durch derartige Reinfälle waren sich alle Fraktionen darüber einig, dass man direkt in der Verfassung oder als Staatszielbestimmung gewährleisten müsse, dass die Wasserversorgung nicht in private Hände falle. Wegen dem "Superwahljahr" wurden konkrete Schritte hierzu aber bislang nicht in Angriff genommen. Zumal Verfassungsrechtler in den österreichischen Medien kund taten, dass ein in der Verfassung verankertes "Wasserprivatisierungsverbot" de facto gar nichts bringen würde. Sollte die EU tatsächlich auf eine Privatisierung der Wasserversorgung hinsteuern, würde nämlich europäisches Recht österreichisches Recht brechen. Ein Verbot in der Verfassung oder eine entsprechende Staatszielbestimmung könne allenfalls als ein politisches Signal gegenüber Brüssel verstanden werden.

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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 1018
Herausgeber:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2013